Sixteen Horsepower – Low Estate

„Hillybilly“ nannte man Anfang des Jahrhunderts in den USA einen Bewohner der Appalachen – und meinte damit wenig schmeichelhaft soviel wie „Hinterwäldler“. Der Begriff stammt übrigens noch aus den zwanziger Jahren, als Plattenfirmen anfingen, mit dem Etikett „Hillybilly“ für weiße amerikanische Volksmusik zu werben und sich so von der vermeintlich kommerzielleren Country & Western-Stilart abzusetzen.

Jedenfalls gibt´s auch Ende des 20. Jahrhunderts noch junge Bands, die sowas wie „Hillybilly“ machen – eben „Sixteen Horsepower“, ein Quartett aus Denver, also für mich klingt´s wie holpriger Country oder ums kurz zu machen: ein Album aus der Abteilung Yeeha! Der skurrile, kauzig-knorrige Sound auf „Low Estate“ resultiert in erster Linie aus der Instrumentierung: neben der obligatorischen Gitarre-Baß-Schlagzeug-Besetzung kommen auch Cello und Fiddle, Klavier und Orgel, Banjo, Bandoneon und eine Drehleier (auch Hurdy Gurdy genannt) zum Einsatz – darunter sogar wahre Antiquitäten, zum Teil noch aus dem vorigen Jahrundert.

Doch auch wenn die „4 mal 4 PS“ stilistisch in Country-, Blues- und Folk-Traditionen wurzeln – ihre Zweige strecken sie sehr handfest in rockigem Areal aus, meist recht herzhaft und derb. Insgesamt sind die Songs dieser CD geprägt von grimmiger Melancholie und düsterem Pathos, was sich sowohl in den Texten, als auch in den Melodien und Harmonien niederschlägt.

Das mag zunächst verwundern, Country-Music kommt ja bekanntlich eher leichtfüßig daher, aber damit ist eben nur die eine, klischeehafte Seite der Medaille erfaßt, und „Sixteen Horsepower“ haben mit fröhlich-lärmender Folklore ungefähr soviel gemeinsam, wie die historischen Western-Kultfiguren Jesse James und Billy the Kid mit liebenswerten Originalen. Hier ist nun mal keine unbedarfte Nostalgiker-Truppe am Werk, sondern eine Band, deren Musik sich – ungeachtet aller stilistischen Patina – sehr eigenwillig und erfrischend Bahn bricht — und alles andere als gestrig wirkt! Ich würde allerdings nicht meinen Kopf darauf verwetten, daß jeder, der gern Country hört, auch Sixteen Horsepower mag, auch wenn´s für mich zutrifft…