Orchestre National de Barbès: Poulina

Ich kann mir den kompletten Namen nicht merken, aber in Paris gibt es eine Métro-Station, die das Wort „Barbès“ im Titel trägt, und aus einen Pariser Viertel mit maghrebinischen Einanderern kommt auch das „Orchestre National de Barbès“. Es zeugt von Selbstbewußtsein und Humor, wenn sich ein Konglomerat von 12 Mann nordafrikanischer Abstammung (Marokkaner, Algerier etc.) „Nationalorchester“ nennt, und das ist schonmal eine prima Visitenkarte!

Multi-Kulti also, Weltmusik und Ethno-Swing. Afrikanische Wärme und arabischer Zauber: ein dunkler, heißer Schmelz, der groovt, unter die Haut und in die Beine geht. Ein Mix aus Rock, Funk, Reggae und Raga, Ska und Rai. Das meiste ist eine exotische Melange aus Gitarren und Banjos, Baß und Flöte, Synthies, Bläsern, einer unschlagbaren Rythm-Section, den Vorgaben eines afrikanischen „Shouters“ und den Afro-Gospel-Gesängen des Background-Chors.

Klotzen, nicht kleckern ist die Devise des ONB, denn das Ensemble spielt wahrlich lautstark, temperamentvoll und mit „großem Orchester“! Das wirkt teilweise etwas wirr und überbordend, aber auch Songs, die für abendländisch konditionierte Ohren sehr vertraut klingen und (aus meiner beschränkten Sicht) wahre Perlen sind. Aber den Fluß der erwähnten, ausufernden Hooks, die mehr wir aus dem Stegreif geschaffen klingen und für „uns“ kaum Ohrwurm-Charakter haben, muß „man“ eben als komplett andere Struktur anerkennen. Wer´s melodisch mäandernd mag, wird seine Freude dran haben Ein Take fällt allerdings aus der Reihe („Yahli Intro“): unterlegt mit einem spannungsvollen, fast bewegungslosen Klang-Teppich aus einem sphärigem Synthie-Ton, gleich akustischen „Nebel-Schwaden“, dazu nur spartanisches Mandolinen-Gezupfe und mantra-hafter Gesang – die Percussions haben Pause, es herrscht spirituelle Ruhe. Und die tut wohl.

Empfohlen sei auch Take 9 („Yahli“), vielleicht die Nationalhymne von Barbès – jedenfalls geht einem bei diesem Song, der sich schichtweise wie eine Blüte entfaltet, schlicht das Herz auf.

Fazit: das „Orchestre National de Barbès“ darf man sich ruhig merken, es klingt fröhlich, warmherzig, phantasievoll, bunt und ausgesprochen sympathisch.

Orchestre National de Barbès: Poulina
(Samarkand/Virgin)

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