Trumpet a gogo

Oh, hier seh ich große Freuden auf mich zukommen: American Patrol, mein geliebtes Delicado, Tico Tico, Wheels, Never on a sunday… Klingt nach einem Melodienregen, der sich gewaschen hat. In Kombination mit dem, was zu den ausgemachten Stärken von James Last gehört: Trompeten in Szene zu setzen!

Und so ist es auch. Das einzige, was hier noch fehlt, ist das „Trompetenecho“. Aber vielleicht gab´s das damals noch nicht. Hier sind jedenfalls jede Menge Lieder drauf, ganz große Melodien, die man so im Unterbewusstsein gespeichert hat, eigentlich aber nie sagen kann, wie sie heißen. Solche Lieder sind oft von Herb Alpert. Oder dem Sir Douglas Quintett. Lieder, wo man erst behauptet: „Kenn ich nicht.“ Und wenn sie dann jemand ansingt: „Ach ja, daaas!“ Manchmal kennt man sie auch, weil man sich vor Jahren mal einen Easy Listening-Sampler gekauft hat namens „Hits in Stereo“, auf dem alle möglichen dieser Sachen im niedlichen 50s-Hammond-Sound drauf sind.

Jetzt also im sexy Trompeten-Sound. Denn das muss man sagen: Trompeten bei James Last sind immer, immer, immer sexy! Unsexy ist höchstens mal der Cha Cha Cha-Rhythmus darunter. Aber nicht die Trompeten. Bin ja kein großer Fan von „La Paloma“. Höchstens von „Ola Paloma“. Blanca. Aber was James Last hier aus „La Paloma“ macht, das macht selbst mir schmackhaft. Eine gebratene Taube sozusagen, direkt ins Maul. Nein – es ist nur ein sehr schmissiger, kickassender Song geworden. Super.

Ich wette übrigens, Menschen, die viele Tanzkurse besucht haben, kennen dieses Sorte Lieder auch. Und sie würden jetzt sicher auch schon wieder tanzen. Weil sie genau wissen, welche Schrittfolge „Cherry Pink“ erfordert. Ich fühle einen kühl-samtigen Bossa. Oder ist es doch wieder ein Cha Cha Cha? Herrlich jedenfalls die Vibraphon-Läufe. Nein, ich wollte diese Platte nicht gegen die „In the mood for trumpets“ ausspielen. Sie sind beide wunderbar. Diese hier ist vergleichsweise old fashioned. Und sehr tanzbar. Auf eine 50er-Weise.

Oh, das tolle „La Bamba’. Ja, das hat bei James Last richtig Pep. Findet sich nicht ohne Grund längst auf einer Auto- und Walkman-Kassetten. Wie er hier durchjagt! Und das flotte „Greensleeves“ – nach der Pianissimo-Zeitlupen-Einleitung geht´s hier aber richtig ab! Sicher eines der von James Last – ich will nicht sagen: meisteingespielten – aber meistveröffentlichten Stücken. Findet sich so ziemlich auf jeder zweiten seiner Compilations…

Schade, dass nach den 50er-Jahren die Vibraphone irgendwie aus der Swing-Musik verschwunden sind. Gut, sie können miefig und gedämpft klingen. Aber sie können auch göttlich und stylish klingen. Sie haben ihr unwürdiges Schicksal nicht verdient. Denn im besten Fall sind sie später noch leise im Hintergrund, sozusagen in der hintersten Reihe der Rhythm-Section zu hören. Aber nicht mehr mit ihren schönen, eigentümlichen Läufen und ausgetickten Rasereien über den Klanghölzern. Hier hört man jedenfalls noch viel Vibraphon. Oder Vibes, wie coole Kenner sagen.

Also, wenn „Passion Flower“ nicht ganz schwer bei Beethovens „Für Elise“ geklaut ist, dann fress ich einen Besen. Vielleicht hat Beethoven aber auch viel „Trumpet à gogo“ gehört und sich „inspirieren“ lassen. Oder er war mal in Spanien. Oder Mexiko. Danach klingt das Stück nämlich. Ja, „Trumpet à gogo“ dürfte zu den besten 10 Last-Platten gehören. Vermutlich sogar zu den besten zwei.