Grace F. Edwards: Do or die

Die dicht gezeichnete Atmosphäre Harlems, New Yorks „schwarzem“ Stadtteil, ist das was besonders auffällt an Grace F. Edwards Buch “Do or Die”. Die Stadtführerin des Lesers heißt Mali Anderson. Sie kennt Harlem, seine Kultur und seine Bewohner von Geburt an. Ihr Vater ist Jazzmusiker und seit Jahrzehnten eine feste Größe in der lokalen Szene. Bis vor kurzem war Mali Anderson Polizistin.

Schwarze Frauen bei der Polizei, damit hatte ja schon →Paula Woods Charlotte Justice Probleme. So musste dann auch Mali Anderson die Polizei unter dubiosen Umständen verlassen – und erhält für den Rest ihres Lebens monatlich 90% ihrer früheren Dienstbezüge.

Kurz nachdem Mali zusammen mit ihrem Vater und ihrem Lover (Leutnant bei nämlicher New Yorker Polizei) von einer Kreuzfahrt mit der Queen Elisabeth 2, auf der ihr Vater als Jazzmusiker allabendlich auftrat, und einem anschließenden Aufenthalt beim Newport Jazz Festival zurückkommt, wird Starr Hendrix, die Tochter des Klavierspielers ihres Vaters erschossen aufgefunden. Starr Hendrix hatte leider etwas die Linie verloren und war durch die Bekanntschaft mit „Short Change“, einem Zuhälter, drogenabhängig geworden. Der Vater Starr Hendrix gerät über den Tod seiner Tochter vollkommen aus der Bahn und Mali nach und nach in die Rolle der Detektivin.

Und so findet sich der Leser denn mitten im turbulenten Harlem. Dort wo To Hot, die Harlemlegende im Lokal sitzt und Brosamen seines Wissen an Mali weiterreicht, wo Charleston seit 30 Jahren in seiner Garküche arbeitet, alles über seine Kunden weiß und die Luft der Strasse mit betörenden exotischen Düften füttert. Und überall Musik, zumeist Jazz, die (schwarz)amerikanische Musik schlechthin, hin und wieder auch Soul und „schwarze“ Popmusik. Man meint das pralle Leben so richtig spüren zu können. Harlem und seine Bewohner haben aber auch eine lange Geschichte. Und so kommt Mali immer wieder, wenn sie durch seine Strassen geht, an Häusern vorbei, die in früheren Zeiten Berühmtheiten der Kunstszene oder der Bürgerrechtsbewegung beherbergten. Und während „Short Change“ den Tod findet und Mali seine in den Strassen verstreuten „Schäfchen“ sucht, machen diese sich auf zu neuen Gestaden.

Grace F. Edwards erzählt kurzweilig mit Dialogen, die teilweise die Reimstruktur des Rap aufnehmen. Ein Regionalkrimi auf hohen Niveau mit politischem Anspruch. Bei so viel angenehmer Unterhaltung wundert es dann nicht, dass die Suche nach dem Täter sich als weniger schwierig darstellt. Zu wenig plausible Motive, eine oberflächliche Darstellung der Konflikte der Toten und eine geringe Anzahl Verdächtiger. Nein, Schwerpunkt dieses gelungenen Buches ist das Rätselraten nicht, so dass es nicht wundert, dass die „überraschend“ aus dem Hut gezauberte Lösung de facto so überraschend nicht ist.

Grace F. Edwards: Do or die. 
Crimeline 2001. 272 Seiten, 5,99 €
(bisher noch keine deutsche Übersetzung)

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