Egon Eis: Duell im Dunkel

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„Hamburger Hafen des Nachts – Polizeiboote, deren Scheinwerfer den dichten Nebel erbarmungslos durchdringen – rauchige lärmerfüllte Kneipen – Luxusrestaurants und Alsterpromenade – elegante Appartements und Elendsquartiere im Dirnenviertel – das alles in bunter Folge: ein Kaleidoskop unserer jüngsten Vergangenheit.“

Besser, lieber Klappentexter des Ullstein Verlages, hätte man es nicht sagen können. Ein turbulentes kleines Werk ist dieses „Duell im Dunkel“ von Egon Eis aus dem Jahr 1957. Die Handlung spielt wohl etwas früher, als sich der erste Neureichtum konsumgierig und vergangenheitsresistent aus den Trümmern erhebt. Dass dabei nicht immer ganz legal vorgegangen wird: geschenkt.

Im Mittelpunkt des Romans steht, der Titel sagt es, ein Duell. Einst waren sie Kameraden in Rommels Afrikakorps, der alerte Großgangster Voß und der kleine Kriminalbeamte Holzknecht. Letzterer versucht, Voß zu überführen, seit Jahren schon, aber es gelingt nicht. Die Jagd auf den einstigen Freund wird zur Obsession, Voß schafft es, Holzknecht bei der Polizei zu desavouieren, er nimmt seinen Abschied – und wird nun selbst Gangster in Diensten des Voß. Ist aber auch das nur ein Trick, um zum Ziel zu kommen? Voß ist beruhigt – und er kann es sein:

„Mir scheint, du kennst den wahren Typ des deutschen Beamten nicht. Auf den kannst du dich verlassen. So treu er der Polizei gedient hat, so treu dient er jetzt mir. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer.“

Durch eine Reihe unglücklicher Umstände kommt es denn aber doch zum großen Showdown – und hier wird es literaturgeschichtlich interessant. Schon einmal nämlich, 1952, war ein solches Duell zweier alter Bekannter Mittelpunkt eines Krimis, des berühmten „Der Richter und sein Henker“ von Friedrich Dürrenmatt. Und wie damals kommt „das Gute“ zum Ziel – indem es das Böse instrumentalisiert. Dürrenmatts Bärlach opfert dafür seine moralischen Maximen, Holzknecht – sein Leben.

Literarisch ist „Das Duell im Dunkel“ gefällige Leseware, die Dramaturgie kommt etwas altbacken daher, aber vielleicht wie die Zeit, in der die Geschichte spielt. Nett ist sie auf jeden Fall, ein Dokument dazu, nicht nur was den einstmals wahren Typ deutscher Beamter angeht, der zwischen Hakenkreuz und Bundesadler nicht groß unterscheidet und – Dienst ist Dienst und Politik ist Politik – jedem Herren bereitwillig dient.

Egon Eis, das entnehme ich Schädels „Illustrierter Bibliographie“, wurde 1910 in Wien geboren und verstarb 1994 in München. Zusammen mit Otto Eis (wohl seinem Bruder) veröffentlichte er 1932 seinen ersten Kriminalroman, „Gesucht wird Chester Sullivan“. Erschienen ist „Duell im Dunkel“ in der kunterbunten „Ullstein Bücher-Reihe“, wo nebst anderem auch die Kriminalliteratur Unterschlupf fand. Hammett, Chandler, Peter Cheyney („Lemmy Caution“), Rex Stout, Dorothy Sayers und – eben auch Egon Eis. Ist doch nicht schlecht.

Egon Eis: Duell im Dunkel. 
Ullstein 1957. 134 Seiten
(natürlich nur noch im gepflegten Altpapierhandel zu bekommen)

19 Gedanken zu „Egon Eis: Duell im Dunkel“

  1. Näheres zu Egon Eis und seinem Bruder Otto (oder Osso) im Lexikon der deutschen Krimi-Autoren. Die Sachen beider aus den 1920ern wurden in den 80ern bei Heyne Crime Classics neu aufgelegt. Leider gelingt es mir nicht, die mal aus der Kiste zu ziehen.
    Nach dem negativen Anschnüffeln von „Mecke macht Alles“ bin ich wieder versöhnt.
    luju

  2. Versöhnt, lieber luju? Negatives Anschnüffeln? Ich schwöre: Es bezog sich lediglich auf den zeitbedingten GERUCH DES PAPIERS, nicht auf den des Inhalts! Beim nervösen Zustand meines Magens verständlich.

    bye
    dpr

  3. Lieber kranker dpr, mein Missverständnis reut mich. Jetzt ist der Mecke ja geruchsfrei im NuT-Blog zu goutieren. Vielleicht versuchen Sie’s mal.
    Die melodramatischen Talente von Egon Eis wurden, wie konnte es anders sein, auch in den Edgar Wallace Filmen genutzt. Hier ein Auszug aus Kramps Lexikon:
    Eis schrieb unter dem Pseudonym Trygve Larsen die Drehbücher zu den Wallace-Filmen Der Frosch mitderMaske (1959), Der rote Kreis (1959), Die toten Augen von London (1961), Das Rätsel der roten Orchidee (1961/62), Das Gasthaus an der Themse (1962). Ferner lieferte er die Treatments für Das Geheimnis der gelben Narzissen, Das indische Tuch und, Die vier Gerechten (nicht realisiert).
    Gute Besserung
    luju

  4. Ah, DER ist das! Immer diese Pseudonyme auch …den geruchsfreien Scan werde ich alsbald lesen, dem wtd-Freund sei es auch empfohlen (schaut mal rechts zu den Links; dort wo „Notizen und Texte“ steht). SO, aber jetzt erstmal zum Arzt. Heut morgen Terminvereinbarung: Hausarzt? fragt die freundliche Dame. Hab ich nicht: antworte ich. Immer gesund gewesen in den letzten Jahrzehnten. Tja, sagt die freundliche Dame, das Alter…Geknickt aufgelegt.

    bye
    dpr

  5. @luju: wtd = wichtiger Thriller-Dienst. Immer auf dem Laufenden bei Verbrechen aller Art

    @anobella: Zehn Euro ordnungsgemäß abgedrückt; EKG in Ordnung, Blutdruck in Ordnung, Blut abgenommen (rechter Arm kam keins, musste die reizende Arzthelferin halt links noch mal stechen), Werte gibts heute mittag. Könnte ein Virus sein.

    bye
    dpr, dem es schon viel besser geht (bekanntes Phänomen bei / nach Arztbesuchen)

  6. Rost gefressen? Bist du sicher? Könnte es nicht sein, dass du zuviele rostige Beiträge der gusseisernen Blogs von Ludger und Georg gelesen hast? Und nicht die bewährt rostfreien Edelstahl-Kolumnen hier?

    bye
    dpr
    *zwei Blutwerte leicht erhöht, harmlose Entzündung, „nix Dramatisches“, sagt der Arzt.

  7. Dank an anobella, die mit weiblicher Einfühlung gemerkt hat, dass meine Frage kein Scherz sein sollte, sondern tatsächlich auf mangelndem Scharfsinn beruhte und mich sanft darauf gestoßen hat.
    luju

  8. Ja, sie ist schon eine Einfühlsame, lieber luju. Als kleine Entschädigung gibts aber auch nächste Woche, wenn ich wieder völlig fit und ausgeschlafen am Bürorechner werktätigen kann, einen schönen neuen alten Krimi auf alte-krimis.de

    bye
    dpr

  9. dpr ist sehr einfühlsam.

    *bestätigt

    wenn er nach dem essen eine zigarette raucht, dann wedelt er mit einem zusammen den rauch fort.

  10. *bestätigt
    obwohl … **denkt es durch … das einfühlsamkeit eigentlich gar nicht RAUSFORDERT … keine kinder zu haben und ergo den tischnachbarn im restaurant NICHT mit ihnen zu nerven, ist noch keine kunst … einfühlsamkeit bewährt sich glaube ich an dem … mit dem …was nervig an einem ist.
    ***kann kein deutsch

  11. Danke. Aber es geht ja noch weiter: Ich rauche gar nicht erst, damit ich dich überhaupt nicht belästige. Ich lärme auch nicht, damit ich nicht belästige (Lärm wegwedeln). Ich habe auch keine Kinder, damit ich nicht belästige (und belästigt werde, von eigenen Kindern: Das ist nämlich ganz fies, kann man gar nichts machen, weil man sie doch liebt).

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