Frank Göhre: Seelenlandschaften

Manchmal ist es schon sinnvoll, die im Laufe eines Schriftstellerlebens verstreuten Kleinigkeiten in einem Bändchen zu sammeln. Schon, damit nun klar ist, dass die Kleinigkeiten gar nicht so klein sind. „Seelenlandschaften“ hat Frank Göhre seine Sammlung von Vor- und Nachworten, Glossen, Reportagen und Porträts genannt, im Untertitel „Annäherungen, Rückblicke“, alle der Kriminalliteratur und ihren Protagonisten gewidmet, aber auch immer: Annäherungen an Frank Göhre, Rückblicke auf sein bisheriges Schaffen.

Schon der Eingangstext „Friedrich Glauser – Eine Annäherung“, anlässlich der Arche-Edition als Nachwort entstanden, macht deutlich, was wir von Göhre zu erwarten haben. Hier schreibt kein Literaturwissenschaftler, sondern ein Schriftsteller, der sein Instrumentarium anwendet. Persönliches umschlingt Faktisches, die poetische Imagination perforiert den nüchternen Bericht. Das ist wahrhaft eine Annäherung, kein starres Umreißen, kein lexikalisches Konturieren. Später wurde daraus „Mo – Der Lebensroman des Friedrich Glauser“, in dem wir Göhres Technik dann im Großen bewundern können.

Aber auch im Kleinen funktioniert es. Etwa in der Reportage über Charles Willeford und seinen Protagonisten Hoke Moseley und beider Miami, wo Frank Göhre und sein St. Pauli nicht fehlen darf. Das steht nicht nebeneinander, das verschränkt sich und erzählt uns eine Menge über Charles Willeford – und Frank Göhre.

Ja, er erzählt auch über sich selbst. Über sein Buch „St. Pauli Nacht“ und dessen Verfilmung, über den Film „Abwärts“ und dessen „Verbücherung“. Fünf Beiträge sind Nachworte zur zehnbändigen Reihe „Kriminelle Sittengeschichte“ der Edition Köln, in der Krimis aus der Nachkriegszeit über diese Zeit selbst erzählen. Und diese Nachworte tun es eben auch. Porträts von, Unterhaltungen mit Autoren, immer auch Geschichten über die Bedingungen, unter denen Kriminalliteratur lebte, leben musste.

Es gibt also viel zu entdecken. Hans Herbst etwa, Edward Bunker auch, beide skizziert Göhre knapp und doch eindringlich. Dass er uns auch komisch kommen kann, beweist er in „Albernheiten, Alltagsgeschwätz“ (Erstdruck: Krimijahrbuch 2009, soviel Werbung muss sein), wo das Lustige eben nicht nur lustig ist, sondern irgendwie auch trüber Einblick in noch trübere Provinz.

Schön also, dass die Kleinigkeiten zwischen zwei Buchdeckeln jetzt ihre Größe zeigen können. Ob da noch mehr zu holen ist? In der hintersten Schreibtischschublade etwa? Nachschauen, Frank Göhre, sofort!

Frank Göhre: Seelenlandschaften. 
Annäherungen. Rückblicke. Pendragon 2009. 222 Seiten. 9,90 €

(Der Rezensent steht in geschäftlichen Beziehungen zu Pendragon.)

2 Gedanken zu „Frank Göhre: Seelenlandschaften“

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