Comic |
Mehrfach angekündigt, erscheint
nun ebenfalls bei Rowohlt eine Comic-Adaption von Paul Austers
Stadt aus Glas in der Bearbeitung von Paul Karasik und
David Mazzucchelli, der auch die graphisch-künstlerische
Umsetzung besorgte. Es ist dies Rowohlts erste von mehreren geplanten
Übernahmen aus der "Neon Lit"-Serie, die seit
1994 in den USA bei Avon Books unter der Regie von Bob Callahan
und Art Spiegelman (Maus) entsteht. Auch nichtcomicinteressierten
Auster-Fans dürfte Spiegelman kein unbekannter mehr sein,
zeichnete er doch das Titelbild, das sämtliche Ausgaben von
Austers bisher letzem Roman Mr. Vertigo ziert.
Das einzige, was man den Machern
des Buches wirklich vorwerfen kann, ist, daß Mazzucchellis
Name auf dem Einband etwas unterrepräsentiert ist, hat er
doch die Hauptarbeit geleistet und zwar ganz vorzüglich.
Sowohl die Auswahl der Textpassagen als auch die graphische Umsetzung
sind absolut mustergültig. Die Stimmung des Buches ist wirklich
hervorragend getroffen mit frappierenden Übergängen
von Bild zu Bild und psychedelischen Perspektivspielen, bei denen
Gegenstände durch groteske Vergrößerungen bis
zur Unkenntlichkeit entstellt werden. Besonderes gelungen ist
dies nicht zuletzt bei der Erzählung des jungen Peter Stillman,
einer Art Kaspar-Hauser-Figur, der von seinem gleichnamigen Vater
in einem dunklen Zimmer gehalten und von jeder Form von Sprache
ferngehalten wurde - eine Passage, die schon in Austers Vorlage
ein schauriges Kabinettstückchen abgab.
Die Schwarz/Weiss-Ästhetik
der Comicunmsetzung erinnert einerseits an Franz Masereels Holzschnitte,
andererseits an die "Schwarze Serie", die sie, wie
Austers Vorlage den Detektivroman, weniger parodiert als vielmehr
zur Grundlage nimmt, um sich "existenzielleren" Fragen
zu widmen als dem üblichen "Whodunnit",
beispielsweise etwa Fragen nach Identität und der (unwirklichen)
Wirklichkeit des Lebens in der Großstadt, die gläsern
wirkt aber undurchschaubar bleibt.
STADT AUS GLAS ist ein durchweg gelungener Einstand, also, für Neon-Lit, der auch bei weniger Comic-begeisterten Menschen (wie mir zum Beispiel) dabei helfen sollte, Vorurteile abzubauen, die dem Genre noch immer anhaften. Das Buch ist für jeden Auster-Fan, auch künftige und solche, die die Vorlage bereits zur Genüge kennen, vollstens zu empfehlen, denn Mazzucchellis Arbeit ist was sie ist: kongenial.
(ah)
Paul Auster, Stadt aus Glas. New
York Trilogie I. Neon Lit. Comic. Hg. Bob Callahan / Art Spiegelman.
Textbearbeitung: Paul Karasik / David Mazzucchelli. Illustration
David Mazzucchelli.
Rowohlt, DM 16,90