Cuba: Leap of faith

Los, macht Platz da oben an der Spitze meiner Jahres-Top-Ten, hier kommt ein Anwärter auf den Thron! Und Ihr da, Ihr Elektronik-Rock-Sampler von den Chemical Brothers und Appollo 440 und Ihr Lounge-Dandys von Air oder wie Ihr alle heißt, zieht Euch warm an, denn hier kommt der Soundtrack Eures Lebens!!!

Das Geheimnis ist simpel: die Rhythmen können noch so vertrackt und die Sounds noch so verschroben sein – solange nur die Melodie stimmt und es kräftig groovt! Dann kann man den Leuten auch spirreliges Schaltkreis-Gefiepe, verzerrte E-Gitarren, brachiale Metal-Riffs, Sirenen, Industrial oder Hardcore-Techno um die Ohren hauen – und sie werden es lieben!

Also, die Harmonien der Cuba-Takes klingen grundsätzlich so vertraut wie ein Beatles-Lied, und der „Swing“ ist auch perfekt: alles fließt und wiegt sich in unwiderstehlich geschmeidigem Takt, egal ob mörderische HipHop-Massaker oder zarte Chill-Out-Klänge. Prädikat: smooooth!

Cuba (übrigens ein Brite und ein Kanadier kubanischer Abstammung, wohnhaft natürlich in London) schmieden ihre Songs so dicht, daß man oft trotz Vocals (die aber meist instrumental eingesetzt werden und kaum „Gesang“ zu nennen sind) den Eindruck hat, echte Instrumentals zu hören. Wirklichen (und hier: weiblichen) Gesang gibt es nur in drei Takes, und gottlob nur in „Black Island“ ist er komplett überflüssig. Okay, ´was zum Spielen und Schoko fürs Ohr sind gebongt. Fehlt noch eines, nämlich die Überraschung. Kein Problem, denn wer erwartet schon nach einer deftigen E-Beat-Nummer ein psychedelisches Schmankerl mit Streichorchester und Wah-Wah-Gerät? Oder ein akustisches Lounge-Stückchen mit Folk-Flair? Oder einen Industrial-Mambo mit Lalo-Schifrin-Atmo? Und dann wieder giftige Klangcollagen aus Sprach-Samples, Sirenen und Stockhausen-Bläsern?! Überhaupt, mit Bläsern, pathetischem Piano, Digeridoo und countryesker Slide-Guitar muß man hier ständig und überall rechnen! Und mit allerlei seltsamen Geräuschen sowieso.

Tja, „Leap of faith“ ist eindeutig Pop und frißt sich sofort im Gehör fest, aber auf MTV wird man Cuba kaum begegnen, denn dafür erlauben sie sich zu sehr, verschroben und experimentell zu klingen und den Ohren was zu kauen zu geben. Und die Kids mögen es nunmal nicht, wenn Songs aus mehr als einer Schicht bestehen und auch mal unvermittelt umkippen in ´was komplett Anderes… Also: nicht so weltentrückt wie die Kollegen von Hood mit ihrem Labor-Charme, dafür eindeutig rauher und kantiger als die Chemical Brothers etc., aber keinen Deut weniger melodisch oder weniger groovy. Fünf von fünf Sternen!

Cuba: Leap of faith
(4AD/Zomba)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert