LP-Kritik Zur Startseite

Happy Revolvers

Suicide Nation (LP)

(People Like You Records)

Das Leben ist ja bekanntlich ein Kampf zwischen Ying und Yang: das ewige Hin und Her. Wenn man sein Wohlgefühl, seine Lebensbedeutung nicht in dem einen Bereich findet, muss man in dem anderen Gebiet suchen.

Für die meisten Männer sind diese Bereiche Cars and Girls, aber für einen nicht-autofahrenden Schwächling wie mich sind sie klar Sport und Musik. Oder genauer gesagt: Fußball und Punk-Rock.

Nachdem Bayer 04 Leverkusen - es tut mir immer noch weh, die Wörter zu schreiben - mir die grösste Enttäuschung meines Lebens am 20. Mai abgeliefert hat, war es ein Überlebenskampf gegen den Alkohol bis zum 30. Mai, als die Düsseldorfer Happy Revolvers und die New Yorker Libertine im Hellmut spielten. Das einzige, worauf ich mich freuen konnte, und besonders die Düsseldorfer haben in der Tat mein Leben gerettet. Libertine waren auch sehr fein, ohne Zweifel, und ihre aktuelle LP "See You in the Next Life" (Radio Blast) ist durchaus zu empfehlen, wofür ich hoffentlich in einer getrennten Kritik Zeit finden werde.

Aber die Happy Revolvers waren das Richtige für mich, obwohl sie in erster Linie nicht mit ihrem Bühnenprogramm überzeugt haben, das Sänger/Gittarist Uwe Umbruch (der zusammen mit dem Revolvers Schlagzeuger Stefan Usenburger lange Zeit auch bei den Public Toys aktiv war) im nachhinein als "Pflichtprogramm" beschrieben hat (und das ist nachzuvollziehen, da höchstens 25 Zuschauer dabei waren). Sie waren jedenfalls mit Glam-Kostumen, Schminke und New York Dolls-mäßigen Riffs so unterhaltsam, dass ich ihre Platte beim Konzert kaufte und dann am nächsten Tag bemerkte: es handelt sich hier um einer der besten Bands, die man sich wünschen kann.

Es gibt jede Menge Bands, die in den letzen 25 Jahren die Dolls mehr oder weniger nachgemacht haben, und manche davon - Guns N'Roses und eventuell auch Hanoi Rocks - haben dabei ordentlich Kohle verdient. Und die Happy Revolvers sind mit Abstand die Besten, die ich kenne (alternative Vorschläge sind natürlich willkommen: mike@hinternet.de). Vor allem weil die Revolvers mit ihrem englischen Text zwei (oder mehr) Schritte weiter gehen: "Suicide Nation" ist klar kein Konzept-Album, es geht allerdings ununterbrochen um hoffnungslose Selbstzerstörung, so dass sofort ein Bitter-Süss-Kontrast etabliert ist. So viel Spaß ihre eingängigen Old-School Punklieder machen, fast alle mit leckeren Leadgitarre Melodielinien, ihre Texte stellen ernüchternde Klapse ins Gesicht dar. Klischees vielleicht, aber mit Ausnahme von "Sluts from Hell" keine Rock-Star Klischees. Vielmehr Alltagsleben-Klischees, wie in "Do You Wanna Live?", sagen wir es so.

Okay, es kann sein, daß ich Klischees zu viel Bedeutung schenke, wenn es um Musik geht. Aber dafür lebe ich-wie schon oben gesagt. Und ich lebe noch, dank den Revolvers und dieser Platte.

(ml)

Link:
www.peoplelikeyou.de