CD-Kritik Zur Startseite

Jacobites

God Save Us Poor Sinners

(Glitterhouse/TIS)

Ja, so lieben wir die Rock´n´Roller: uns Normalos mit Blick auf ihren schaurigen Lebenswandel zur genüßlich fröstelnden Salzsäule erstarren lassen, aber im größten Sumpf noch mit gottesfürchtigen Sprüchen kommen!

Die Jacobites sehen aus wie die Sisters of Mercy, klingen aber wie Bon Jovi für wirklich Wilde. Will sagen: sie machen richtig guten, runden und harten weißen Rock, aber ihre Seele haben sie dem dreckigen, schwarzen Rythm´n´Blues verkauft - oder dem (dann allerdings doch ziemlich weißen) Südstaaten-Southern-Rock - so genau läßt sich das nicht trennen. Ihre Songs hobeln sie auf peitschenden E-Gitarren-Riffs runter, kombiniert mit einem hämmernden Honky-Tonk-Piano, oder sie näseln sie zu lässig schrammelnden Akustik-Klampfen über wabernden Hammondorgel-Klängen.

Die Jacobites sind übrigens zu zweit und haben ihr Album im englischen Leamington Spa eingespielt. Ihr Ouptput muß man wohl "Independent-Rock" nennen: angenehm eingängige Songs laden mithörende Füße zum Wippen ein, und was bei anderen Stilrichtungen das Prädikat "Swing" verdient, bekommt hier die Auszeichnung "Kick". Jawohl, "Kick" kommt von "kick ass", und diese CD kickt gewaltig! In die Alternative-Schublade paßt das Duo nicht, dazu fehlen geschrammelte Grunge-Attitüden; und auf dem rückwärtsgewandten Weg hin zu den Roots der guten alten Rock-Tradition verfangen sich die beiden etwas im Stadium der 70er Jahre, als gepluggte Gitarren der post-Hendrix-Generation endlich mal ausprobieren durften, was so in ihnen steckt und nicht mehr nur duftig-luftig daherskiffeln mußten. Led Zeppelin, Deep Purple, AC/DC etc. profitierten davon, Uriah Heep haben´s zumindest versucht...

Diese ungeschliffene Form des Rock pflegen auch die Jacobites, selbst getragenere Stücke werden lässig hingerotzt. Okay, bisweilen gibt´s einen Schuß "Stadionrock", aber immer im Rahmen. Und bei Take 12 ("Elizabethan Balladeer") vermisse ich ein Link auf Lennon/McCartney als Co-Komponisten - ich sing´s den Herren Jacobites auch gern mal vor: "When I find myself in times of trouble...". Aber ansonsten: erfrischend guter Rock, alles im grünen Bereich!

(Katja Preissner)

 

Cover Jacobites

Jacobites

Old Scarlett

(Glitterhouse/Efa)

 
Auf dem Cover präsentiert sich die gesamte Mannschaft bei Sonnenschein im Innenhof einer zerfallenen Burgruine. Romantisch, wallende Gewänder, Rüschenhemden, alles wie gehabt. Nikki Sudden und Dave Kusworth liefern wieder ein gefühlsbetontes schönes Album ab, das sich so anhört wie Zuckeressen. Im Hintergrund begleitet ständig die Orgel, bzw. das Piano von Terry Miles, darüber die Stimmen von Kusworth und Sudden. Sie singen das ewige Lied der Liebe, das ewige Lied vom Tod, das ewige Lied vom Alkohol. Keine Ecken oder Kanten, fast schon zu schön. "Boutique" hört sich von der Instrumentierung fast an wie Dylans "Like a Rolling Stone". Nur viel süßer.

Die ganze Platte hört sich nach Rotwein an und riecht nach Räucherstäbchen. Betäubend. Da ist es schwer, wieder in die wahre Welt zurückzukehren. Man möchte weitertrinken und sich benebeln lassen. Mystisch, abgehoben dringen die Songs in dein Hirn und bleiben drin. Stellvertretend genannt sei "Liquor, guns & ammo", das man immer wieder hören will. Hört's euch an und ihr seid gefangen. Im süssen Nebel schöner Melodien, die Tod und Liebe bringen, die Engel fliegen lassen. Jetzt versucht nochmal, einen Fuß auf den Boden zu bekommen. Das wird schwer, glaubt es mir. Und ihr melancholisch.

(ef)

Cover Jacobites