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Tindersticks

Trouble Every Day (Original Soundtrack)

(Beggars Banquet/Connected)

Dem Soundtrack nach zu urteilen, handelt es sich bei "Trouble Every Day" um einen ruhigen, tief-traurigen Film. Wahrscheinlich geht es um eine ausweglose Beziehungskiste, die tragisch und schockierend endet. Da hätte die Wahl der Musikgestaltung nicht besser fallen können. Tindersticks sind bekannt für ihre musikalische Neigung zur Klassik, ihre schwelgerische Ader, die in Pathos und Tragik zu versinken droht.

Tatsächlich wird der Film, in dem Vincent Gallo als Shane Brown, Tricia Vessey als June Brown und Béatrice Dalle als Coré in Erscheinung treten, dem Horror- und Thriller-Genre zugerechnet. Das Filmplakat sieht schon sehr, sehr blutrünstig aus. Es geht um eine Gruppe Frauen und Männer, die das Geheimnis hinter einer Reihe von Experimenten der französischen Regierung aufdecken wollen, die Normalbürger in Kannibalen verwandeln sollen. Das klingt nicht nur abgedreht und abstrus, das ist es bestimmt auch.

Die bedrückende Hintergrundmusik, die trotz der vielen klassischen Züge (ein 14-köpfiges Ensemble wirkte mit) recht minimalistisch arrangiert ist, wird die Szenarien auf der Leinwand noch schwärzer erscheinen lassen und so dem Zuschauer wie Zuhörer Angst und Schrecken ein- und Gänsehaut über den Rücken jagen. Übrigens hat den Film Claire Denis gedreht, für die Tindersticks bereits 1996 den Soundtrack zu "Nénette Et Boni" schrieben.

(kfb)

 

 

Tindersticks

Simple Pleasure

(Quicksilver/Island/Mercury)

Liebe Plattenfirma, da hast Du ins in diesem Sommer endlich mal wieder ein reguläres und mit neuen Kompositionen bestücktes Album der Tindersticks beschert. Das finden wir natürlich ganz toll. "Can We Start Again?" fragt gleich der Opener. Möchten Tindersticks etwa wieder von vorne anfangen? Sollen wir all ihre bisherigen Veröffentlichungen vergessen und all unsere Wißbegierde auf "Simple Pleasure" bündeln? Der Song, aufgenommen am 12. Oktober 1998 (Take 24), versprüht eine erstaunlich freundliche, freudige und beschwingte Atmosphäre, die nun nicht unbedingt im Kontext der Tindersticks üblich ist. Im Hintergrund erklingen die Stimmen von Jenni Evans und Gina Foster. Zwei Tage später spielten sie "If You're Looking For A Way Out" (Take 14) ein. Und schon sind wir wieder da, wo uns bereits andere Veröffentlichungen der Band hingebracht haben: im Land des Nachdenkens, des gediegenen Rotweintrinkens und Sinnieren über Sinn und Unsinn unserer Existenz, im Land der entspannten Barmusik mit dem gewissen melancholischen Touch. Bei "Pretty Words" (Take 8) schießen einem dann fast Tränen in die Augen, wenn Stuart A. Staples in gewohnter Weise die Vertonung von Traurigkeit und Bedrücktheit zelebriert. Erst Track vier, "From The Inside" (Take 6) und dem Aufnahmedatum zu urteilen (25. Januar 1999) das neueste Stück, läßt wieder ein wenig mehr Sonne in unsere Herzen fallen. Vielleicht liegt das auch nur daran, daß Staples stumm bleibt und die Musik für sich sprechen läßt. Die groovt, ist rasant und bekommt mittels Tamburin und Hammond Orgel eine ganz eigene Aura. "If She's Torn" (Take 12) drückt mächtig auf die Bremse und auch auf die Stimmung. Die Orgel leiert vor sich hin, die Becken werden vorsichtig zum Schwingen gebracht und Staples steht wahrscheinlich mit geschlossenen Augen am Mikrofon und trauert. "Before You Close Your Eyes" (wußte ich's doch, er macht gleich die Augen zu!) ist mächtig und hat dank der Streicher und Bläser etwas von einer Big Band-Atmosphäre, was wahrscheinlich die Tatsache erklärt, daß die Band 25 Anläufe darauf benötigte. Der Titel "(You Take) This Heart Of Mine" (Take 14) erklärt sich und dessen Wirkung auf den Hörer sicher von selbst. Dazu paßt jedenfalls die zitternde Geige besser als alles andere. Am Ende folgen noch "I Know That Loving" und "CF GF". Beide zeigen, daß die Tindersticks trotz des bereits erwähnten Openers ihrer Linie treu geblieben sind und weiterhin nichts zur platten Unterhaltung beitragen wollen. Vereinzelt und für ganz kurze Zeit tauchen ihre Köpfe aus dem trüben Meer der Melancholie auf. Ihre Musik sollte daher mit offenem Ohr konsumiert und aufgesogen werden. Alles andere käme purer Verschwendung gleich.

Und zum Schluß ein wichtiger Rat an Dich, liebe Plattenfirma: Das nächste Mal bei der Promo-CD mit dem umweltfreundlichen Pappdeckel bitte den Schuber etwas größer ausfallen lassen als die CD, die er schützen und beheimaten soll. Sonst kriegt man den edlen Silberling nur mittels roher Gewalt aus seinem papierenem Käfig. Danke. (kfb)

(kfb)

 

Tindersticks

-

(This Way Up/Mercury)

Die Tindersticks sind ein Beispiel dafür, daß manche Musiker auch heute noch in die Metropolen ziehen müßen, damit "etwas" aus ihnen wird. Ursprünglich aus Nottingham - also: musikalischer Provinz - gelang ihnen erst in London der Weg zur Kultband (mit einigen Kultsingles) und dann zur vielbeachteten Debüt-LP. Und das, obwohl die Tindersticks sich beharrlich unmodern geben. Daran hat sich auch mit ihrer zweiten CD nichts geändert.

Sänger Stuart Staples beschreibt das zweite Tindersticks-Album kurz als: "More Of The Same: deep voice, sad songs". Mehr von dem, was auch ihr Debüt auszeichnete: Tiefe Stimme, traurige Songs. Diese Kurzdefinition ist bestimmt nicht falsch, vermittelt aber nur einen unzureichenden Eindruck vom typischen Tindersticks-Sound. Denn während Staples seine Welt- und Herzschmerztexte mit Grabesstimme und fast penetranter Teilnahmslosigkeit vor sich hingrummelt, eröffnet das Treiben seiner fünf Mitmusiker dem Hörer neue vielschichtige musikalische Welten, die weit über reine Untermalung des Gesangs hinausgehen.

Die Tindersticks erweitern das "normale" Rockinstrumentarium durch Orgel, Klavier, Trompete oder Vibraphon. Von sparsamer Gitarren- oder Pianobegleitung bis zu streicherbesetzten orchestralen Ausbrüchen betont die Musik den dramatischen Charakter der Texte um ihn dann im nächsten Augenblick zu kontrapunktieren.

(wm)


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