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Sampler


Music For Gracious Living


(QDK/Normal)
Lange nicht mehr ein solch amüsantes Stündchen gehabt wie mit dem musikalischen Schaufenster der "Q. D. K. Media", welch obskure Gemeinschaft sich auch immer dahinter verbergen mag!

Im Kielwasser der Titanic sind Soundtracks zur Zeit ein heißdiskutiertes Thema, und auch dieser Sampler leistet einen nicht zu unterschätzenden Beitrag dazu. Ein Großteil der Songs ist filmischen Meisterwerken von Russ Meyer entnommen (also Streifen mit leicht bekleideten Damen, die das Wenige dafür um so gewissenhafter ausfüllen), aber auch Klassikern mit Betty Page (Pin-Up-Queen der 50er), dem Muppet-Splatter-Movie (!) "Meet the Feebles" und Produktionen mit solch einladenden Titeln wie "Braindead" oder "Henry, portrait of a serial killer"...

Porno-Beschallung ist längst nichts Ehrenrühriges mehr: wir alle wissen, daß auch der frühere Schwiegermutter-Liebling Christian Anders seinen Wechsel vom Schlager- ins Esoterik-Lager auf diese Weise überbrückte, und bisweilen kann tatsächlich künstlerisch Wertvolles dabei rausspringen. Die meisten Film-Songs der CD sind im nervös-überdrehten Stil der Sixties gehalten: quirliger Easy-Listening mit dramatischen Auf- und Abschwüngen oder im orchestralen Stil mit Latino-Anklängen. Ein akustisches Kleinod ist der Dialog "Angel on the phone" aus Russ Meyers "Supervixens", mehr sag ich dazu nicht!

Das Booklet preist übrigens auch Mouse Pads, Picture Discs und Briefmarken (Lick them & stick them) mit oben erwähnten Damen.

Ein weiteres musikalisches Kleinod (leider auch im quantitativen Sinne: nur 47 Sekunden lang!) leitet den zweiten Teil der CD ein, der diversen Non-Soundtrack-Productions aus dem Katalog von "Q. D. K." gewidmet ist. Ich rede von einem Ausschnitt aus "Electronic Toys - A Retrospective of 70´s Synthesizer Music", der Lust auf mehr macht: typisches Moog-Geblubber aus der Steinzeit elektronischer Tasteninstrumente. Dazu paßt auch der hochgepitchteAuszug aus "Authentic Music from another planet?" (from the 50´s to the 70´s) und der Booklet-Hinweis auf "Music to prevent from UFO abductions" (Musik zum Schutz vor UFO-Entführungen), sie könnte nochmal nützlich werden...

Laut gelacht hab ich in der Tat beim Hören des Beitrags der deutschen Band "Tulip, die singende Tulpe"(!), den das englischsprachige Begleitheft so ankündigt: "25 songs that makes you cry and laugh. Musically it leads you into the Middle Ages, songs as beautiful as Minnesongs and as strange as The Residents". Noch seltsamer als die Musik scheint mir allerdings die amerikanische Vorstellung vom europäischen Mittelalter. Stümperhafte Computer-Klänge sind wahrlich alles andere als zeitgemäß, aber auch Zeilen wie "Gabba dabba du, liebe mir, liebe mir" und eunuchenhaftes Heulen machen noch keinen Minnesang! Bei "Tulip" singt vermutlich der Neffe des "Q. D. K."-Chefs oder so - nicht ahnend, daß sein angebliches Album nur im Rahmen dieses Samplers existiert und der recht unwahrscheinliche Fall eines Bestellwunsches mit einem höflichen "Ähem, sorry, not available" beschieden würde...

Das "Q. D. K."-Obskuritätenkabinett führt auch die Reihe "Love, peace and poetry" mit Perlen selbsternannter "Psychedelic Music", erhältlich in den Folgen "American", "Latin american", "Asian"(!) und "British".

Selbsternannten Brit-Pop bündelt der Sampler "Pepperism around the globe", der sich auf den Einfluß des grandiosen Beatles-Albums beruft. Gemessen daran - eine Lachnummer, aber abgesehen davon eben amüsant zu hören: beatle-esker Harmoniegesang mit schrägen Gitarrenklängen. Alles in allem eine CD mit Musik, die sich selbst nicht besonders ernst nimmt - veröffentlicht von einem Label, das dies offenbar auch nicht tut: Normal. Prädikat: Daumen hoch! By the way: "gracious" heißt auf deutsch "gnädig, huldvoll". "Gracious!" dagegen heißt "Ach du meine Güte!"...

(kp)

Cover Music for gracious living

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