Ich sollte recht behalten. Am nächsten Tag näherte sich zur vereinbarten Zeit eine lange, schlaksige Gestalt dem vereinbarten Ort, die an eine zeitgemäße Neuauflage von Karl Valentin erinnerte und sich als Thomas C. Breuer vorstellte.
Breuer, Jahrgang 1952, ist in Deutschland wohl das, was man einen offiziellen Geheimtip nennt. Er ist seit Jahr und Tag im Geschäft, als Autor von Romanen und Erzählungen, Literarischer Kabarettist, Musiker und Radiomensch. Er hat eine eingeschworene Fangemeinde, tourt rege durch Deutschland und die USA und trotz des momentanen Kabarett-Booms sind seine Bücher nicht als Stapelware in den großen Buchhandlungen vertreten.
Kurzum, Thomas C. Breuer verkörpert alles, was einen Kultautor ausmacht. Und spätestens seit der Veröffentlichung von "Sentimäntls Reise" im Jahr 1986 haftet ihm dieser Ruf auch an. Wohl auch deswegen, weil er es immer geschafft hat, haarscharf am großen Kommerz vorbeizuschlittern. Das lag nicht unbedingt daran, daß seine Bücher zu sperrig waren und keinem größeren Publikum nahe gebracht werden konnten. Ganz im Gegenteil. Das Problem lag oft genug bei den Kleinverlagen, die seine Bücher herausbrachten. In dieser Branche ist es zwar üblich sich das Motto "Engagement für den Künstler" in dicken Lettern auf die Fahnen zu schreiben, ebenso üblich ist es allerdings auch, zu vergessen, die Fahnen auch in den Wind zu hängen.
Thommie Bayer, mit dem Breuer die ersten beiden Bücher schrieb, hatte in dieser Hinsicht mehr Glück. Seine Herz-Schmerz-Geschichten wurden frühzeitig von Rowohlt verlegt und hatten bald die Hunderttausend-Marke überschritten. Damit liegt er inzwischen vor Thomas C. Breuer. Aber es scheint, als ob der sympatische Underdog auf die Überholspur übergewechselt sei. Unzählige Radiosendungen, dreizehn Bücher mit so vollmundigen Titeln wie "Huren, Hänger und Hanutas" oder "Espresso dauert ´n bischen" und ausverkaufte Touren durch Deutschland, die USA und Kanada haben den Boden bereitet, daß sein jüngstes Buch "Sekt in der Wasserleitung" binnen weniger Wochen drei Auflagen erlebt hat. Beharrlichkeit und ein gesundes Maß an Bodenhaftung zahlen sich halt doch aus.
Ich war also gespannt, was mir Thomas C. Breuer über das Leben im literarischen Underground berichten würde.