Gott ist rund

"Seit Werbewirtschaft, Boulevardpresse und Privatfernsehen den Fußball als mediales Schmiermittel entdeckt und für ihre Zwecke zugerichtet haben, kann ihm niemand mehr entgehen. Rund ums Jahr wird inzwischen nahezu täglich irgendwo gespielt. Wer nachts um drei ein Fernsehgerät anschaltet, wird garantiert noch ein Match aus Portugal oder Rumänien finden, ohne dessen Miterleben die Öffentlichkeit um eine wichtige Information ärmer geblieben wäre." (...)

"In einer Gesellschaft, die Zärtlichkeit und Leidenschaft unter Männern sonst auf die Gemeinsamkeiten an der Biertheke zu beschränken sucht, ist plötzlich hemmungslose Körperlichkeit gestattet. Die Akteure stoßen orgiastische Schreie aus, fallen übereinander her, küssen sich ab, springen einander an, lassen sich umhertragen oder reißen sich begierig zu Boden." (...)

"Fußball ist ein Männersport. Das zeigt sich nicht allein an den eher hilflosen Erscheinungsformen männlicher Erotik, die im Fußball eine postkoitale ist."

"Auszüge aus einem lohnenden Buch über die Kultur des Fußballs", die die "Saarbrücker Zeitung" in ihrer Ausgabe vom 24.6.96 veröffentlicht hat. Lohnend war in diesem Fall allerdings nur der Zeitungskauf, weil er es einem erspart hat, 36 Mark an den "Berlin Verlag" abzudrücken. Die einleitenden Worte der "Saarbrücker Zeitung" relativieren die Freude dann wieder: "(...) in brillanter, witzig-pointierter Art (...)" sei das Buch verfaßt, "sein Schreib- und Denkstil" mache es "so stark, daß man (kleinere) Schwächen hinnimmt."

Wenn man so etwas liest, verflüchtigt sich der Glaube an das letztendlich doch Schöne und Gute im Menschen augenblicklich. Ach ja, das Buch heißt "Gott ist rund", und ob nun rund oder nicht, ER wird sie in einem anderen Leben alle strafen!

(dpr)