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Mangas und ihre Macher

Manga Beispiel"Japaner verbrauchen mehr Papier für ihre Comics als für Toilettenpapier." Das ist das Ergebnis einer Rechnung von Frederik L. Scholdt, die er in seinem Buch "Manga! Manga! The World of Japanese Comics" aufmacht. Sie kommt durch folgende Überlegung zustande: jeden Monat erscheinen etwa 250 Comic-Magazine - die wöchentlich erscheinenden enthalten etwa 15 Serien, die monatlich erscheinenden etwa 20. Diese Serien werden in aller Regel noch einmal als Einzelbände auf den Markt gebracht, in einer Auflagenstärke von meist um die 150.000 Exemplaren. Zusammen ergibt das 250 Zeitschriften X 18 Serien X 150.000 Exemplare = 675.000.000 Comics pro Monat.

Diese Rechnung ist nur ein Überschlag, doch die exakte Zahl bewegt sich wohl nicht weit davon entfernt. Genaue Zahlen aus dem Jahr 1989 belegen, daß in jenem Jahr allein 474.210.000 Comics und 1.403.370.000 Comic Magazine verlegt wurden. 'Shonen Jump', das bekannteste Magazin hatte im selben Jahr eine Auflage von von 5,3 Mio Exemplaren wöchentlich! Angesichts solcher Zahlen wird deutlich, welch ein gigantischer Industriezweig sich hinter den japanischen Comics verbrirgt. Da lohnt sich schon mal ein Blick hinter die Kulissen auf die Arbeit von Verlagen und Zeichnern zu werfen. Manga BeispielWie nicht anders zu erwarten ist der Markt fast völlig unter einer Handvoll Medienkonzernen aufgeteilt. Die drei größten sind Kodansha, Shogakkan und Shue'isha, die mit den beiden nächstkleineren Verlagen ca. 80% des Marktes mit Comic-Magazinen und Comic-Büchern bedienen. Anders als in Deutschland, wo die wenigen verbliebenen Comic-Magazine eine untergeordnete Rolle spielen, sind sie in Japan von immenser Wichtigkeit für die Verlage: durch den Vorabdruck von Serien wird erreicht, daß der Leser gehalten ist, jede Ausgabe zu lesen, um den Anschluß nicht zu verlieren; und darüberhinaus bietet sich dem Verlag die Möglichkeit doppelt zu profitieren, indem die Serie im Anschluß noch einmal in Buchform erscheint. Allerdings sind Comics in Japan recht günstig. Ein Paperback von etwa 200 Seiten, schwarz-weiß und auf billigem Papier gedruckt, kostet etwa sechs Mark, die Hälfte dessen, was man dort für einen Bund Petersilie hinblättern muß.

Man kann sich leicht vorstellen, daß die Zeichner in diesem schnellebigen und outputorientierten Industriezweig keinen leichten Stand haben und dem ist auch so. In aller Regel sind sie direkte Angestellte eines Verlages, an den sie die Rechte an der Verwertung ihrer Arbeit abtreten. Da es in Japan weder vermittelnde Literaturagenten, noch Autoren-Organisationen oder gar Gewerkschaften gibt, die die Rechte der Zeichner dem Verlag gegenüber vertreten, ist das Verhältnis geprägt von einer starken einseitigen Abhängigkeit.

Der Einstieg in diese Szene ist fast immer derselbe. Er läuft meistens über erfolgreiche Teilnahme an Comic-Wettbewerben, die von den Konzernen monatlich oder jährlich durchgeführt werden. Die renommiertesten sind der Tezuka-Preis für "Story-Comics" und der Akatsuka-Preis für "Gag-Comics", deren erste Plätze mit 1 Mio. Yen dotiert sind. Auf diese Weise debütieren pro Jahr etwa 300 Zeichner, die allerdings auch in kürzester Zeit wieder verschwinden, wenn ihre Serien hinter den Erwartungen der Verlage zurückbleiben. Das ist immer daran zu erkennen, daß ihre wöchentlichen Serien je nach Akzeptanz der Leser in den Magazinen immer weiter nach hinten rutschen, bis sie schließlich ganz aus dem Programm genommen werden. Das mitansehen zu müssen ist ein weiteres Mittel, den ohnehin hohen Veröffentlichungsdruck, unter dem die Zeichner stehen, noch zu steigern. Daß unter solchen Arbeitsmethoden natürlich auch die Qualität leidet, liegt auf der Hand, dennoch ist es nur den absoluten Größen wie Katsushiro Otomo (Akira) vergönnt, seine Serie in unregelmäßigen Abständen veröffentlichen zu dürfen.

Manga-Mania
Japanische Kultur im Spiegel der Mangas