CD-Kritik Zur Startseite

Ray Wylie Hubbard

Crusades of the restless knights

(Rounder Records/Philo)

Also, die Plattenfirma nennt Ray Wylie Hubbard - mit Blick auf seine verschlissenen Jeans und den "scruffy" Bart - einen Dante Alighieri, verkleidet als Willie Nelson, wenn der seine musikalische Höllen-Tour veranstaltet. Nun, ich bin nicht gebildet genug, Dante Alighierie zu kennen, aber vielleicht hilft´s Euch ja weiter.

Tja, wenn einer schon Ray Wylie Hubbard heißt, dann riecht es zehn Meter gegen den Wind nach rotem Sand und Southern Temperament - und richtig, Hubbard stammt aus Dallas und ist der Texas-Szene treu geblieben - bis heute.

Beharrlichkeit und Konstanz zeichnen aber nicht nur seine mittlerweile über 30jährige Karriere aus, sondern auch seine Arbeitsweise: drei Monate lang schlich Hubbard abends um 11, wenn Frau und Sohn schliefen, mit Gitarre und Schreibzeug bewaffnet zum Songwriting auf den Dachboden. Es hat sich gelohnt: herausgekommen ist ein Country-Folk-Album, teilweise mit mit dezentem Rythm´n´Blues-Anstrich - etwas spröde halt, schließlich wurde der Mann schon zu High School-Zeiten von Bob Dylan infiziert, aber viele Leute hören sowas ja ganz gern. Okay, mir fehlen bei einigen Songs eingängige Hooks, aber das ist mein Problem... Wirklich entscheiden kann sich Hubbard selten: der gleichmäßig fließende Rhythmus ist Country&Western, auch der glasklare Background-Gesang von Patty Griffin, die sich als Emmylou Harris-Verschnitt versucht (klingt gemeiner, als es gemein ist, aber ELH ist nunmal nicht zu toppen, obwohl sich Griffin mehr als hören lassen kann), und der dezent-süßliche Kitsch der Pedal Steel Guitar. Das Krächzen des Banjos ist allerdings eher Folk inspiriert, und das gelassen-fatalistische Mid-Tempo der Songs entspricht der Haltung des Blues. Aber die stilistischen Gradwanderungen Hubbards tun in jeder Hinsicht gut!

Irgendwie scheint er sich die Rolle des freundlichen, etwas behäbigen Singer-Songwriters ausgesucht zu haben, kommt auch musikalisch etwas hemdsärmelig daher. Hubbard ist ein positiv gesonnener, wenngleich nicht naiver Mensch. Technisch beherrscht er sein Handwerk aus dem FF, auch die Ausstrahlung ist da, doch vermutlich wird er lebenslang ein Stiller in der zweiten Reihe bleiben.

Wer ein Ohr für Lyrics hat: Hubbard ist eine tiefsinnige, spirituelle Seele, die gern über die sichtbaren Phänomene dieser Welt hinausdenkt. Davon singen seine Texte ihr eigenes Lied, zum Teil sind sie von Hubbards nächtlichen Träumen inspiriert. Eine ausführliche Einleitung im Booklet gibt darüber, über die Person Hubbard, seinen Werdegang und die Entstehungsumstände dieser CD zusätzlich Auskunft.

Schön zu lesen etwa, daß Hubbard, obwohl längst selbst ausführendes Subjekt, immer auch Musik-Fan geblieben ist. Sympathisch, der Mann!!! Fan zum Beispiel von Vorbildern wie Bob Dylan - einst Initialzündung, wir erinnern uns... -, und befreundeten Kollegen, wie dem verstorbenen Townes van Zandt. Auch er half Hubbard zu werden, was er ist, und zum Dank erinnert dieser ihn im letzten Song seiner CD: The Messenger - mein persönlicher Anspieltip, ein wahres Juwel.

(Katja Preissner)