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Die Nuts


Selber


(Trikont) [11-96]
Auf Schleichwegen hat sich da etwas entwickelt, was man wohl die "Bayerische Schule" nennen könnte (Stichwort: FSK, Jeep Beat Orchestra). Nicht nur die Hamburger wissen, wie man eine Gitarre hält und politisch/persönliche Nabelschau betreibt.

Mir sind momentan die Münchener und Altöttinger lieber als die echten respektive aus Ostwestfalen importierten Nordlichter, wobei ich auf gar keinen Fall irgend welche dämlichen Nord-Süd-Lokalpatrioten-Streitereien fördern oder gutheißen möchte (ja, auch ich verachte den FC Bayern, aber eigentlich ist St. Pauli doch auch nur ein Langweilerklub).

Was unterscheidet nun die bayerische Sonderschule vom Hamburger Gymnasium? Musikalisch ist sie melodischer, mehr songorientiert und weniger experimentell. Die nuts spielen melancholischen Gitarrenpop; hier ein paar Surf-Elemente, da ein wenig NDW-Anleihen und (fast) alles untermalt von einer gemütlich brummenden Orgel. Das ist zwar gelegentlich etwas beschaulich, hat aber durch diese spezielle bayerische Bohéme-Atmosphäre einen ganz eigenen Charme.

Auch textlich ist im Süden das Modell 'Dandy' beliebter als der politische Kernbeißer- Aktivist. Keine Ahnung, wer den Ausdruck 'Salon-Bolschewisten' geprägt hat, aber an dieser Stelle sollte man ihm dafür danken, gibt er mir doch den zur Beschreibung der Altöttinger Band supergeeigneten Begriff zur Hand.

Dieses Album hat eine Position und eine Aussage. Beides wird subtil und gekonnt transportiert. Zu keinem Zeitpunkt stellt sich das Gefühl ein, wie in der Schule (Achtung! Wortspiel!) bevormundet und gebeutelt zu werden. Deshalb ist "Selber" auch so elegant. Und wie der ironisch abgefaßte Info-Zettel der Plattenfirma zur Frage 'Wie man eine tolle Popband wird' so treffend bemerkt: "Keine Eleganz! Das macht den Leuten Angst! Dann schon lieber 'progressive Experimentierfreude' oder so - das schlucken sie und fühlen sich okay dabei."

Diese Platte sollte Euch Angst machen - zumindest ein bißchen.

(km)

Cover Die Nuts

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