Singlekritiken 2002 |
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Yeah Yeah YeahsMachine(Wichita/Clearspot/EFA)
Oh, das war gar nicht PJ Harvey? Das sind wieder die Yeah Yeah Yeahs aus New York? Und es waren nur zwei Trash-Nummern? Die dritte ist ein sympathischer, wenn auch befremdender Remix des Songs "Pin"? Ach, ist auch alles falsch gelaufen heute. Was mach' ich nur? Aber die Stimme klingt so verdammt ähnlich, da kann man sich schon mal vertun. Ach so, die Blues Explosion hat gar nicht ihre Finger im Spiel. Boss Hog ebenso wenig. Ui, ui, ui, verdammt, ist das peinlich... (kfb) * * * Earthlings?Disco Marching Kraft EP(Crippled Dick Hot Wax)Eine neue EP vom Kollektiv, das aus dem Kyuss-Umfeld entstand und in dem schon so ziemlich jeder mitgespielt hat, der in den Neunzigern in der Alternative-Ecke ein Instrument bedienen konnte. Nach zwei Longplayern, die durchaus auch gerne mal bis zur Schmerzgrenze "Hippie-Scheisse" sein konnten, haben Sie die Sache jetzt aber mal ordentlich in den Griff bekommen. Irgendwo zwischen Spät-Siebziger Pop und Space-Rock groovt Disco March Kraft so wohlig aus meiner Anlage, dass ich mir fast schon wünsche, Earthlings? hätten den Soundtrack zu "The Virgin Suicides" gemacht und nicht Air. (rk) * * * Prefuse 73The '92 vs '02 Collection(Warp/Zomba)
(kfb) * * * O:pl BastardsSagittarius III(Form & Function/Zomba)Retro-Spaß, die nächste Runde. O:pl Bastards bitten in die Zeitmaschine, um einen Kurztrip in die weiterhin ausschlachtfähigen Achtziger zu unternehmen. Der Soundtrack zum schrillen Achtziger-Schick liefern sie gleich selbst mit. "Sagittarius III" ist letzte Auskopplung aus ihrem Debütalbum "The Job". Wenn Finnen die Sounds der Eighties (wieder)entdecken. Mein lieber Herr Gesangverein! Hätten sie mehr solcher Disco/House-Knaller auf ihr durchwachsenes Album gepackt, man würde nie mehr von Daft Punk reden, den Blick von Paris abwenden und hoffnungsvoll gen Finnland schauen. Immerhin: Die Hoffnung stirbt zuletzt, um eine der glorreichren Sportweisheiten zu zitieren. Wir hoffen demnach auf das nächste Album und versüßen uns die Zeit mit "Sagittaruis III" und den Remixen von DJ Slow (sphärisch) und Patrick Pulsinger (rockender, sexy Disco-Funk) sowie der "Funking"-Nachbearbeitung durch Detroit Grand Pubahs. (kfb) * * * SpartaAustere(Dreamworks/Motor/Universal)Jetzt es geht es los, die musikalische Post-At The Drive-In-Ära. Mars Volta haben just eine EP auf den Markt gebracht, da wollen die anderen Ex-Mitglieder der aufgelösten Emo-Heroen nicht lange auf sich warten lassen. Sparta sind Tony Hajjar (Schlagzeug), Paul Hinojos (Gitarre), Matt Miller (Bass) und Jim Ward (Gesang, Gitarre, Keyboards). Miller spielte vor Sparta bei Belknap, der Rest in eben jener sagenumwobenen Band, die von El Paso aus Rock revolutionierte und alles auf den Kopf stellte. Noch heute hält die Wirkung ihrer Wahnsinnsplatte "Relationship Of Command" nach. Ein Meisterwerk. Unerreicht. Unantastbar. So wie "The Shape Of Punk To Come" von Refused oder "Source Tags & Codes" beziehungsweise "Madonna" von ...And You Will Know Us By The Trail Of Dead. Diese Alben haben viele fruchtbare Samen gesät, deren Gewächse es noch in Jahren zu ernten geben wird. Sparta haben sich nicht allzu sehr vom musikalischen Konzept der Vorgänger ATD-I entfernt. Sie rocken, kommen gleich auf den Punkt und bündeln ungeheure Mengen Energie in ihren Songs, die von Aggressionseruptionen durchzogen sind. Im Nu ist man drin und findet sich zurecht. Und man kommt erst wieder raus, wenn sie sich elektronisch darbieten und ein seltsames, schwer zu durchschauendes "Echodyne Harmonic" abliefern. Das Experimentieren ist so eine Sache bei Sparta. Dafür rocken sie aber gewohnt präzise und brutal. Vielleicht mehr davon auf ihrem für Juli angekündigten Debüt. (kfb) * * * MúmGreen Grass Of Tunnel(Fat Cat/Hausmusik)
Ach ja, wer es noch nicht wusste: Die Zwillingsschwestern Kristín Anna und Gyða Valtýsdóttir, neben Gunnar Örn Tynes und Örvar Þóreyjarson Smárason (sorry, das musste mal sein!) die MusikerInnen hinter Múm, kennt man bereits vom Cover des Belle & Sebastian-Albums "Fold Your Hands Child, You Walk Like A Peasant". (kfb) * * * SunstormThe Comeongohigher EP(Rough Trade/Sanctuary/Zomba)Sie versprühen den Geist des zeitgenössischen Rock'n'Roll à la Oasis. Sie kokettieren mit Post-Space Rock, wie er von Lupine Howl und deren Ex-Band Spiritualized zelebriert wird. Sie spielen mit den unnachahmlichen Sounds einer Hammond-Orgel. Verdammt britisch für eine Band aus Los Angeles. Das trifft alles auf den ersten Song "High Resolution" zu. "Mojave's Town" indes erinnert in den ersten paar Takten an Radiohead und Sigur Ros, ehe die Stimme von Jerold Balcolm ertönt und - in Verbindung mit der verträumten Inszenierung - leichte Parallelen zu Chris Issak offenbart. Es könnten auch Coldplay Pate gestanden haben. Der Hit folgt in Form des letzten Songs: "Simone Say Radio". New Yorker Punkrockvergangenheit der Warhol-Ära wird aufgearbeitet. Flott, groovend und beschwingt rockt sich die Band in einen Ohrwurm hinein. Lässig und sexy. Spätestens jetzt ist der Autor dieser Zeilen von der Gewissheit ergriffen, diese Band nicht so schnell aus den Augen zu verlieren. (kfb) * * * James Yorkston And The AthletesThe Lang Toun(Domino/Zomba) Der Titelsong der Single ist ein romantisches Lied, das mit mehr als Akustikgitarre, leisem Schlagzeug und einer nölenden Stimme umgesetzt wurde. Da ist zum Beispiel noch der gute alte Dudelsack, der im Hintergrund leise tönt. Das geht so zehn Minuten lang und es langweilt zu keiner Zeit. Die Melodie nimmt den Hörer mit und lässt ihn in sanfte Melancholie gehüllt dahin schweben. Groove umschreibt hingegen das, was Labelkollege Kieran Hebden, hier als Four Tet, ansonsten bei Fridge tätig, aus dem Song gemacht hat. Die Kehrseite der limitierten 10-Inch-Version beziehungsweise der zweite Track der Single-CD beginnt mit Menschen, die lachen und pfeifen und hörbar gute Laune haben, verwandelt sich aber dank des treibenden und lauter als beim Original gespielten Schlagzeugrhythmus in ein fast tanzbares Stück. Wäre da nicht die rückwärts abgespielte Stimme von Yorkston und die schrägen "The Lang Toun"-Versatzstücke, die zum Teil komplett zerhackstückt und zu noisigen Passagen umgewandelt wurden. Herrlich. (kfb) * * * Yeah Yeah YeahsYeah Yeah Yeahs(Wichita/Clearspot/EFA)
Einer der fünf Songs der Debüt-EP fällt völlig aus dem Rahmen: "Art Song". Melodisches, an Kinderlieder Erinnerndes wechselt sich mit Grindcore- und Schreiattacken ab. Wilde Sache, das. Ein Kollege sagte nach dem Genuss der Band im Vorprogramm von Jon Spencer, die Frontfrau habe Charisma und aus der könne mal was werden. Das glaube ich auch. Sie sieht auf den Fotos unglaublich unschuldig aus. Auf Platte wird sie zum wild um sich beißenden Werwolf. Im letzten Stück singt sie denn auch mal und gibt somit mit ihrer Band das geschlechtlich gemischte Pendant zu den Beats Of Bourbon ab. Ach ja: "Our Time" erinnert phasenweise sogar an "Crimson & Glover" (Joan Jett & The Blackhearts). Meint ihr nicht auch? (kfb) * * * * * |