Auch am Aschermittwoch gilt: Volk, blogge! Über was auch immer. Zum Beispiel über eine Merkwürdigkeit, die mir beim Studium der letzten →„Befragung“ einer Krimiautorin namens Eva Lirot (schüttle die Buchstaben und es kommt „Voltaire“ heraus) aufgefallen ist. Auf die Frage „Welchen Kriminalroman hätten Sie selber gerne geschrieben?“ antwortet die Autorin: „“Sakrileg“. Und zwar mit allen von der Kritik konstatierten, vermeintlichen Schwächen. Denn die Metaaussage des Romans kam exakt rüber – und darauf kommt es in der Literatur an.“
Wenn ich richtig informiert bin, gehören zu diesen „konstatierten Schwächen“ u.a. thematischer Hirnriss und Sprachschluder. Über die „Metaaussage“ vermag ich nichts zu sagen. Sie muss aber so wichtig sein, dass man Hirnriss und Sprachschluder gerne in Kauf nimmt. Vielleicht klärt mich mal jemand auf, worauf es bei Literatur ankommt.
Na, du kennst mich doch. Mir kommt es nie auf Hirnriss an oder Metaaussage. Da wüsste ich andere. Sondern auf Sprache. Auf Bildung einer Welt, an der ich teilhaben kann.
… erste!
das mit dem voltaire hast du aber nicht selber rausgekriegt, oder?
*himmelt dpr an
Herzlichen Glückwunsch, holdeste Herausgeberin! Seit ich als „Love Riat“ einige Top-Ten-Hits hatte (in den 80ern), erkenne ich Voltaire-Buchstabengeschüttel auf einen Blick! Mein Gott, was waren das noch Zeiten, als wir nur von Luft, Love und Metaaussagen lebten! Und uns um Sprache nicht kümmerten (sorry, Dschordsch, dass es nur zum zweiten Platz gereicht hat).
bye
dpr
Einmal kurz aufgelacht: „Harriet Klausner, No. 1 since the inception of the ranking system in 2000, has averaged 45 book reviews per week over the last five years—a pace that seems hard to credit, even from a professed speed-reader.“ Gefunden beim Kollegen und Redaktionsarzt →Bernd, der nicht nur die körperlichen Gebrechen des Chefredakteurs und seiner Vasallen im Visier hat, sondern sich auch um die Hirndefizite immer „breiterer“ Leserschichten kümmert. Denn – und jetzt bleibt uns doch das Lachen glatt im Halse stecken – das Furchtbarste an diesem Amazon-Hype mit seinem für jede Amöbe sofort erkennbaren Betrugspotential ist – dass er ganz offensichtlich funktioniert. Hätte man noch einen Glauben an die Intelligenz der Menschheit, angesichts der Amazon-„Rezensionen“ und ihrer Wirkung ginge er verloren.
bye
dpr
georg war ersteR!
das bei bernd ist zum schreien … und nun vertrackbackst du uns.
*lächelt
Hier wird nicht vertrackbackt. Irgendwie klappt das mit dem Pingen nicht so ganz. Außerdem: Wenn schon vertrackbacken, dann doch wohl nur Bernd. Wieso dich? Ach ja, wegen dieser gewissen Anthologie, zu der beizutragen du mich mit Waffengewalt (das ist: die Waffen einer Frau) genötigt hast.
bye
dpr
*kuschelt
kuschelt gnadenlos zurück
bye
dpr
*plant Kuschelblog
Deinen Kuschelblog hattest du doch schon mal mit Juli Zeh geplant, oder? Oder war das Anne Chaplet?
* kommt bei dir immer durcheinander
Da es sich um ein Bezahlblog (!) handeln wird, kuschele ich FÜR GELD natürlich mit allen. Anobella bekommt Rabatt.
bye
dpr
entschuldige bitte, ich bin TEIL der redaktion …
*erinnert
**stellt ihr sparschwein dazu
Der Kuschelblog wird outgesourct und soll als GmbH & Co KG so eine Art Altersversorgung für mich sein. Es gibt preisreduzierte ZEHNERKARTEN! Auch arbeitslose Lehrerinnen werden einen Bonus erhalten! Ebenso finanziell prekäre Autorinnen aus Mittelhessen. Und Wiesbadener Kriminaldichterinnen erhalten den SUPERSPARPREIS plus Redaktionsermäßigung!
bye
dpr
Was müsste ich bezahlen?
Tut mir leid. Ich kuschele nur mit Frauen unter 80. Bei Anobella mache ich eine Ausnahme.
bye
dpr
Das ist Männerfeindlichkeit! Grundgesetzwidrig! Unfair!
die metaaussage von „sakrileg“ war: christus lebt.
*übrigens
Das ist alles? Das is nu ooch n bissken wenig, wa?
* Elvis lebt auch.
** übrigens
*** hast du das etwa gelesen? Sag sofort Nein.
Elvis has just left the building
Aha. Jesus lebt und Gott ist tot und Elvis hat heute Ausgang. Wunderbar meta. So meta wie der Kommentar von Hendrik Werner in der →„Welt“ zu Ludgers Kreuzzug wider den Ripper-Preis. Der Name ist nämlich völlig okay, „weil das Konstrukt „Jack the Ripper“ für jene Gratwanderung zwischen Realität und Fiktion einsteht, die Kunst stets ausmacht.“ Schon klar, dass Jack the Ripper ein „Konstrukt“ ist, das aus mysteriösen Realien besteht. Aber Kunst als „Gratwanderung zwischen Realität und Fiktion“? Das bedeutet: Sie ist weder das eine noch das andere, sondern „irgend etwas“ dazwischen. Was? Vielleicht ist sie aber beides, dieses nur ein anderes Wort für jenes… Man könnte, von der Ripper-Diskussion ausgehend, auch über das Thema „Verharmlosung von Verbrechen in Kriminalromanen“ räsonnieren, Mord als heimelige Schocktherapie und Rätselmoment, zieht den kleinen Kindern ruhig die Haut ab, im Fernsehen kommt grad nix Besseres…
Aber darum geht es überhaupt nicht. Sondern darum: Wer, um Himmelswillen, ist auf einen Ripper-Preis scharf? Wer möchte sich nachsagen lassen, notfalls auch einen Hitlerpreis anzunehmen, von wegen Massenmörder, Mythos, Gratwanderung? Also. Man wird nicht die Namensgeber fragen müssen, sondern die willigen Preisträger.
Und wie kommt Herr Werner bitteschön dazu, → krimiblog.de „kompetent“ zu nennen? Zu viel gratgewandert, hä?
Pass auf, dass Du nicht auch einen roten Brief bekommst…
Alleinunterhalter
*kompetent
aber warum, lieber dpr, fällt Ihnen da jetzt ausgerechnet Hitler als Referenzfigur ein?
Fragt nachdenklich grüßend Ihr
Weil Hitler längst auch in solchen Entertainment-Possen agiert, mein lieber JL. „Gratwanderung zwischen Realität und Fiktion“ allenthalben, sprich lt. Werner: Kunst. Okay, über die Legitimität dieser Entwicklung könnten wir sprechen, auch über die Unausweichlichkeit, mit der „historische Tatsachen“ mythisiert werden. Auf dieser Ebene steht der Ripper neben Hitler. Ich kann letzteren ja als ein faszinierendes Studienobjekt nehmen, als „Kunst“, aber sobald ich dann dran denke, wie ein KZ-Mann ein jüdisches Kind, das gerade einen Apfel isst, gegen die Wand schlägt und hernach selbst in den Apfel beißt, möchte ich nur noch speien. Und wenn ich dran denke, dass der Krimipreispate Ripper fünf Frauen bestialisch getötet hat, wirds mir ebenfalls übel. DAS ist die Gratwanderung: Zwischen der unbestreitbaren und schauerlichen Wirklichkeit und dem, was wir draus machen. Letzteres, ich wiederhole, durchaus legitim, meinetwegen „Kunst“, aber eben nicht losgelöst vom anderen. Bei Hitler käme (hoffentlich) niemand auf die Idee, ihn so gedankenlos zu enthistorisieren. Beim Ripper funktionierts bedenkenlos, und ich sehe schon den strahlenden Preisträger, dem man 11.111 Euro in die Hohlhand zählt.
bye
dpr
ich folge Ihnen nicht, lieber dpr, aber ich stimme zu: die Peinlichkeit (oder das Peinigende) des Ripper-Awards besteht darin, daß er eine kollektive Imagination (und nicht einen historischen Täter) ehrt (und am Leben erhält), die sich aus Frauenfeindlichkeit und Ausrottungsbegehren speist. (Ich habe dieser Tage in den publizierten Protokollen zum Ripper-Fall geblättert. Da findet man nirgends Trauer über den Tod der Frauen, sondern allenthalben mehr oder minder deutliche Erleichterung darüber, sie losgeworden zu sein und dafür auch noch einen ‚Anderen‘ verantwortlich machen zu können.)
Beste Grüße!
Wobei diese kollektive Imagination, lieber JL, ja dadurch möglich wurde, dass die Ripper-Geschichte ein nicht zu Ende geschriebener Kriminalroman ist, dessen im landläufigen Verständnis wichtigster Teil fehlt: die Überführung des Mörders. Auch die von Ihnen beschriebenen Reaktionen der Trauer- und Mitleidlosigkeit verweisen auf den Kriminalroman. Das Verbrechen als Unterhaltungsvehikel, als Ersatzhandlung, Triebabfuhrmittel, Bestätigung eigener Vorurteile etc.
Noch einmal kurz zu Hitler: Sie erinnern sich an die „Jenninger-Affaire“, jenen unglückseligen Bundestagspräsidenten, der durch ziemlich merkwürdige und unglückliche Wortwahl zur „Schuld der Juden an ihrem eigenen Untergang“ bekannt und zu Fall gebracht wurde. Ich habe in jenen Tagen einen wirklichen Schock erlitten, als durchweg liberale, in nichts antisemitische etc. Menschen in meiner damaligen beruflichen Umgebung plötzlich von „den Juden“ zu reden begannen, die für Jenningers Rücktritt verantwortlich gewesen seien. Ohne es jetzt weiter ausführen zu wollen: Aber hier gibt es möglicherweise eine vertrackte Verbindung zur Trauer- und Mitleidlosigkeit der Ripper-Zeitgenossen anlässlich der Ermordung von Prostituierten. Und zum Thema „kollektive Imagination“ sowieso. Spannende Sache, für die man aber viel mehr Zeit und Raum bräuchte.
bye
dpr
ripper-award erinnert mich an tsunami-tuesday.
*nicht auf der höhe dieser diskussion
genau drum, lieber dpr, folge ich Ihnen und all den anderen Herren nicht: Ich finde nach wie vor und ganz und gar unironisch, daß der ‚Ripper-Award‘ eine geglückte Bezeichnung für eine vertrackte Situation ist, in der AutorInnen, VerbreiterInnen und LeserInnenn von Krimis eine zweideutige Rolle spielen (müssen).
Letztmalige Grüße!
Ich akzeptiere ja Ihren Standpunkt, lieber JL. Aber muss ich diese vertrackte Situation dadurch sanktionieren, dass ich jegliche Unüberlegtheit durchwinke? Wir lassen uns dadurch unterhalten, dass Menschen ermordet werden. Punkt. Unsere Ansichten und Meinungen von „Verbrechen“ sind medial inszenierte. Noch mal Punkt. Das ist die Basis der von Ihnen sehr zu recht vertrackt genannten Situation. In einem solchen Umfeld wäre ein Ripper Award auch angemessen, keine Frage. Aber ist es das einzige Umfeld? Gibt es nicht auch eine Kriminalliteratur, die das Verbrechen nicht nur zu unser aller Ergötzen instrumentalisiert, sondern ganz im Gegenteil auf seine Natur und seine Funktion in unserer Gesellschaft verweist? In diesem Kontext ist ein Ripper Award nichts anderes als eine Dummheit, und ein Autor, der diesen Preis annimmt, stellt sich außerhalb dieser Literatur. Mag er tun; sei ihm gestattet. Aber ernst nehmen kann ich ihn (immer auch: sie) dann nicht mehr.
bye
dpr
… und Herr Menke gibt den Satyr im traurigen Spiel: q.e.d.
der herr linder immer mit seinen letztmaligen grüßen …
*stichelt
„Wobei diese kollektive Imagination, lieber JL, ja dadurch möglich wurde, dass die Ripper-Geschichte ein nicht zu Ende geschriebener Kriminalroman ist, dessen im landläufigen Verständnis wichtigster Teil fehlt: die Überführung des Mörders.““Wobei diese kollektive Imagination, lieber JL, ja dadurch möglich wurde, dass die Ripper-Geschichte ein nicht zu Ende geschriebener Kriminalroman ist, dessen im landläufigen Verständnis wichtigster Teil fehlt: die Überführung des Mörders.“
Wieviel Anrecht hat eine Kultur auf die Pflege ihrer Archetypen, wenn jemand wie Peace mir glaubhaft zu machen versucht, dass Leid nicht nur imaginär sondern real ist/war (welches schöne Spiel mit den Ebenen) ?
Ludger war ja nun nicht der erste, der sich an dem Namen gestört hat. Ich wollte bewusst das übliche Totschlagargument vermeiden, aber der erste Name der mir als „Alternative“ einfiel, war nicht der von Fritz Honka, sondern der von Adolf Eichmann:
Das Leben als Spionagekrimi und ich kotz vor Sympathie.
Wollte man die Fiction/Faction Verbindung mit dem Preis huldigen, dann schlüge ich Manes Sperber als Patron vor. Aber darum geht es den Machern nicht. Es geht um einen einfachen, medial gut abgreifbaren, von jedermensch verstandenen Namen, der irgendwie ins kriminalistische hineinassoziiert.
Die Ähnlichkeit der zugrunde liegenden intellektuellen Struktur zu der der Diskussion um Sakrileg (welches ich, lieber Georg natürlich gelesen habe) finde ich frappierend.
Nota bene geht es, wenn es bei Sakrileg denn überhaupt um etwas geht und das Ganze nicht nur ein flacher intellektueller Schabernack ist, um die Graswurzelbewegung in der katholischen Kirche und um die Rolle der Frau (dabei).
Beste Grüße
bernd
* Der gerade über einen Gastbloggerbetrag zum Thema Ripper Award sitzt.
Einspruch, lieber Herr Linder: Ich trage keinen Vollbart! Und von den anderen Dingen, die einem Satyr nachgesagt werden, will ich gar nicht sprechen.
Weil Bernd Peace erwähnt und dpr es auch schon formuliert hat: Ein Preis mit einem solchen Namen ist letztlich ein Schlag ins Gesicht der Autoren, die Kriminalliteratur eben nicht nur als harmlose Unterhaltung abtun, sie sogar ablehnen. Abgesehen davon, dass man sie gleich von einer möglichen Preisvergabe ausschließt.
Herzlichst
Ludger
ich sehe dpr schon den preis entgegennehmen …
*stört den diskurs?
ja, lieber Herr Menke, dann eben nicht. Ich trag‘ den Bart (seit 4 Dekaden) und übernehm‘ die Rolle gern. Ich seh‘ nur, daß Sie auf Ihrem Blog das tun, was Sie anderen vorwerfen: Sie machen aus dem Ripper und seinen Opfern ein ironisches Spiel. Ich hab‘, wie gesagt, nix dagegen und grüße wieder!
Lieber JL.
ich deute „ihren“ Satyr so, dass darüber reden so schlecht ist, wie darüber zu schweigen – fuck22 der Medienwelt.
Nein, nein, Liebste, du störst doch hier nicht… aber was soll ich mit 11.111 Euro? Schon allein das eine Kinderei. Die einen zahlen in gebrauchten kleinen Scheinen, die anderen gar nicht, die Ripperisten machens wie die Karnevalisten. Kindergarten, das.
bye
dpr
*entschuldigt sich hiermit bei allen Kindern
Sie werden verstehen, lieber Herr Linder, dass ich das nun gänzlich anders sehe. Ironisches Spiel mit den Opfern? Keineswegs. Ein großes Thema, denn ab wann wird mit „Opfern“ ein Spiel getrieben in der Kriminalliteratur?
Aber es geht hier zunächst auch gar nicht um Kriminalliteratur. Es geht, um das noch einmal ins Bewusstsein zu rufen, um den Namen einer Ehrung, einer Würdigung. Ein solcher Name sollte ebenso ehrenvoll sein, wie das, was er auszeichnen möchte.
Herzlichst
Ludger Menke
das, lieber Herr Menke, habe ich alles verstanden. Nur: in Ihrem jüngste Blog-Eintrag zum Thema (dem ‚roten Brief‘) verwenden Sie das Ripper-Material und den Ripper-Namen, um Ihre Kampagne zu befördern. Damit begeben Sie sich auf die Ebene der von Ihnen kritisierten Hellweg-Leute: der Ripper und seine Opfer als Mittel zum Zweck. Und das wäre kein ironisches Spiel (das ich Ihnen gern gönne)?
Beste Grüße!
Nein, lieber Herr Linder, ich denke der „rote Brief“ ist eine Überspitzung, in dem die Opfer keineswegs Mittel zum Zweck sind (und auch nicht von mir missbraucht werden). Sie stehen hier im Kontext der Auseinandersetzung (nicht erst seit dem Kommentar von Herrn Werner) – weil sie zur Geschichte gehören. Ich habe siedort hinein gebracht, um zu verdeutlichen, dass sie eben durch die Preisorganisatoren ignoriert wurden. Die Organisatoren haben nicht einen Deut an sie gedacht (sieht man von dem Satz mit den „fünf Frauen“ in der Namensbegründung ab). Wir haben keinen real greifbaren Mörder, aber wir haben seine Opfer als historische Realität. Sie werden hier nicht als Mittel zum Zweck genutzt, sie sind Teil der Geschichte und ich versuche vielmehr ihre Perspektive hineinzubringen.
Beste Grüße
Ludger Menke
es macht richtig Spaß, lieber Herr Menke! Das Possessivpronomen steht für den Schwurbel. Sie haben keinen Mörder, aber Sie haben „seine“ Opfer, die in jedem Sinne des Wortes also ‚herrenlos‘ sind. Man kann sie sich nach Belieben aneignen und in seine „Perspektive“ hineinbringen.
Es geht halt um den längeren Atem. Grüße!