Bookmess 2008

„Ich bin so aufgeregt!“

Seit gestern erst ist Fräulein Anobella die neue wtd-Azubine – und schon darf sie den Abteilungsleiter Krimi in die flirrende Welt der Spannungsliteratur begleiten, wie sie auch heuer wieder auf der Frankfurter Buchmesse präsentiert wird. Es beginnt mit einem Highlight: Erfolgskritiker Wörtche lässt sich zur Audienz herab. „Ist er wirklich so wie er schreibt?“ fragt die nun doch etwas beklommene Azubine und streicht nervös ihr schickes Minikleidchen glatt. Der Abteilungsleiter lacht. „Nein, nein! Er ist viel schlimmer!“ – „Beißt er?“ – „Selbstverständlich! Bevorzugt in die Nacken stiefeltragender Azubinen!“

Der so Dämonisierte entpuppt sich indes als charmanter Elder Statesman des Genres. „Fall ihm nicht gleich um den Hals!“ raune ich der Azubine zu, die wie ein hypnotisiertes Kaninchen an Wörtches Lippen hängt. – „Darf ich Ihnen das DU anbieten, Fräulein Anobella?“ – *Fräulein Anobella fällt Herrn W. um den Hals. – „Was ist denn so der neue Trend?“, versuche ich die Situation zu entspannen. Wörtche lächelt in das verzauberte Gesicht der Azubine. „Es wird eindeutig eine Verschiebung Richtung Regionalkrimi geben. Aber Regionalkrimi mit Niveau! Mäcpommsche Historienkrimis, pfälzische Saumagenthriller – und hessische Winzerkrimis…“

Bevor es zu peinlichen Entgleisungen kommt, verabschiede ich mich und begebe mich, das greinende Fräulein Anobella – „Er duzt mich! Ich duze ihn!“ – hinter mir her ziehend zum nächsten Ort unseres kleinen Buchmesserundgangs. Hier wartet Autor Norbert Horst, glücklicherweise in Begleitung seiner Ehefrau, so dass von Seiten der Azubine mit keinen außerberuflichen Kontaktaufnahmen zu rechnen ist. Der sympathische Autor erzählt launig, dass sein neues Werk – ein westfälischer Authentizitätskrimi – im Entstehen sei. „Aber diesmal ganz ohne Polizei! Konstantin Kirchenberg, mein Serienheld, hat seinen Job an den Nagel gehängt – und schreibt nun Kriminalromane! Verstehst du?“ – Die Frage ist nicht etwa an mich, den Abteilungsleiter, gerichtet, sondern an die Azubine, die – „Darf ich Norbert zu dir sagen?“ – nur noch Augen für den äußerlich eher unscheinbaren, ein wenig verlebt wirkenden Autor hat – wo sie doch laut Ausbildungsvertrag allein den Abteilungsleiter anhimmeln sollte! „Es ist also so“, fährt Horst fort, „dass praktisch ein Autor in einem Roman, den er selbst geschrieben hat, erscheint und eine Geschichte erzählt, in der er selbst die Hauptrolle spielt!“

Ich kann nicht mehr. Wir verabschieden uns und eilen zum Stand des Pendragon Verlages, wo die beiden Mitherausgeber des Krimijahrbuchs schon warten. Dieses Jahr schaffen wir endlich den Durchbruch an der Bestsellerfront, die Verleihung des „Krimijahrbuchpreises“ ist in trockenen Tüchern, die Frankfurter Paulskirche als würdiger Ort der Verleihung bereits fest gebucht. „Ich plädiere“, plädiert Ulrich Noller, „für folgende Preisträger: Karin Slaughter, Sebastian Fitzek, Friedrich Ani und, für sein spannungstheoretisches Lebenswerk, Marcel Reich-Ranicki.“ – „Und ich“, fügt Christina Bacher hinzu, „werde dann in der BILD-Zeitung erklären, warum Reich-Ranicki überhaupt nicht amused war, als ihm der Preis überreicht werden sollte. Damit verkaufen wir auch die letzten der 20.000 gedruckten Exemplare.“

Hört sich gut an. Fräulein Anobella verabschiedet sich, denn laut Jugendschutzgesetz darf sie nur fünf Stunden täglich arbeiten. Mit einem träumerischen „Sie duzen mich! Alle!“ stiefelt sie dem Ausgang zu. Mich hingegen führt es zu einem Hintergrundgespräch mit Pieke Biermann, Deutschlands letzter rauchender Kriminalschriftstellerin. „Hallo Pieke, schön, dich auch mal persönlich kennenzulernen!“ Die so Angesprochene wirft mir einen vernichtenden Blick zu. „Seit wann duzen wa uns denn? Jroße Vabrüderung jeplant, wa?“ – Ich bestelle Kaffee und Käsekuchen. Während wir warten, betrachte ich die flanierenden Damen, fast alle in Miniröcken, schwarzen Strumpfhosen und Lackstiefeln. Nur Pieke Biermann trägt, wie es ihr Imageberater empfohlen hat, Jeans, Lederjacke und Pumps.

„Krieje ich eijentlich auch den Krimijahrbuchpreis, hä?“ Sie funkelt mich bedrohlich an, ich nicke schnell. „Selbstverständlich, gnädige Frau. Haben Sie einen neuen Kriminalroman unter der kreativen Feder?“ – „Ick wüsste nich, was das Sie Schreibaling anjeht. Könnt ja jeder komm‘, wa? Fraren Se ma lieber, wie ick Ihrn Blog finde!“ Ich verkneife mir die Frage, komme aber um die Antwort nicht herum. Nach quälenden zehn Minuten einer stürmischen Suada verabschiedet sich Frau Biermann. „Hat mir ausnehmend jefreut, junger Mann. Nächstet Jahr jerne wieda, wa!“

Ja, nächstes Jahr. Alles wird besser werden. Wir haben einen neuen Azubi, die Damen tragen wieder anständige Kleidung, die AutorInnen sind devot, wie es ihr Berufsstand verlangt. Nur der Kaffee auf der Buchmesse wird sein wie immer: teuer und ungenießbar.

Ein Gedanke zu „Bookmess 2008“

  1. lauter reizende leute …

    *zieht ihr miniröckchen zurecht

    übrigens ging meine dusche DOCH. erst kam ich nach hause

    ***holt zu einer langen geschichte aus

    und die heizung funktionierte MMER NOCH NICHT. dann rief ich AUSSER MIR bei der omi an und die coachte mich („aber kind …“) telefonisch ins erfolgreiche wiederanwerfen meiner therme. was insofern ärgerlich war, weil ich ja 2 tage ohne heizung vor mich hinvegetiert hatte.

    aber noch fürs protokoll, nur damit das nicht verloren geht: wir wollen einen gescheiten titel fürs krimijahrbuch!

    *macht sich auf die suche nach dprs geheimer chatadresse frauenversteher1954@hotmail.com (mit „bild“)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert