In letzter Zeit häufen sich →die Klagen über schädliche, weil nicht den Vorstellungen der Autorinnen und Autoren gemäße Besprechungen literarischer Werke. Der wirtschaftliche Schaden, den solche „Rezis“ anrichten, ist in der Tat enorm und gerade in Zeiten von Eurokrise, schleichender Inflation und Sinnverlust ein nicht zu unterschätzender Standortnachteil für die deutsche Literaturwirtschaft. Doch solange jede und jeder als „Rezensent“ tätig sein kann, solange kein Regelwerk den respektvollen Umgang mit Literatur auf eine vernünftige objektive Grundlage stellt, lässt sich diesem Unwesen kaum Einhalt gebieten.
WTD, seit nunmehr sieben Jahren Ihre Speerspitze im Kampf für eine zivilisierte und herstellerfreundliche Krimikritik, hat in Zusammenarbeit mit dem „deutschen Institut für rückstandsfreie Krimikritik“ sowie der „Interessengemeinschaft der AMAZON-Rezensenten, die wo mit den Autorinnen und Autoren verwandt oder verschwägert sind“ ein Verfahren entwickelt, normierte und garantiert objektive Rezensionen zu verfassen. Selbst Anfänger arbeiten sich leicht in dieses Verfahren ein, das sich des unten abgedruckten Fragebogens bedient. Dieses Projekt ORGASMUS (Objektiver Rezensionsgenerator auf semiwissenschaftlich-methodischer Unterlage (Selbstbefriedigung)) sieht sich als verlässlicher Partner der deutschen Krimiindustrie und ihrer Werktätigen.
ORGASMUS-Fragebogen (Betaphase)
(bitte Zutreffendes ankreuzen, keine Mehrfachnennungen möglich)
1. Welche Botschaft transportiert Ihr kriminalliterarisches Werk?
- – Verbrechen lohnt sich nicht
- – Alles Scheiße (Noir)
- – Gott ist tot, aber er atmet noch
- – Dinkelsbühl ist eine liebenswürdige Stadt mit tollen Freizeitangeboten für die ganze Familie
2. Welche Zielgruppe haben Sie im Auge?
- – den kritischen Leser
- – den unkritischen Buchhändler
- – keine, ich bin sehgeschädigt
- – das Dinkelsbühler Fremdenverkehrsamt
3. Mit welchem Satz soll die Rezension beginnen?
- – An einem zugefrorenen See wird die Leiche einer nackten, mit einem Schraubenschlüssel penetrierten Frau gefunden, in deren Mund eine SCHLECKER-Duftkerze zu 0,39 Euro steckt.
- – Die Geschichte der deutschen Kriminalliteratur muss neu geschrieben werden!
- – Es gibt ihn noch, den anspruchsvollen deutschen Krimi!
- – In Dinkelsbühl gibt es draußen nicht nur Kännchen.
4. Mit welchem Satz sollte die Rezension enden?
- – Unbedingt lesen!
- – Unbedingt kaufen!
- – Unbedingt!
- – Unbedingt Dinkelsbühl sehen und sterben!
5. In welcher Sprache ist Ihr Roman verfasst?
- – Dudendeutsch, für Leute, die keinen Duden besitzen
- – Schachtelsätze in geschmackvoller Geschenkverpackung mit Lesebändchen
- – Literaturdeutsch (keine Adjektive, viele Gedankenstriche, statt „sagte“ wird „raunte“ bevorzugt)
- – Dinkelsbühler Platt
6. Wie würden Sie Ihren Text charakterisieren?
- – macht betroffen
- – rüttelt auf
- – atmosphärisch dicht
- – so kurzweilig wie das Dinkelsbühler Nachtleben
7. welche gesellschaftspolitische Relevanz hat Ihr Roman?
- – geißelt den Bundespräsidenten
- – richtet sich gegen altrömische Dekadenz
- – propagiert Rauchfreiheit in Raucherlungen
- – möchte die „Dinkelsbühler Hallenbadzehnerkarte“ bundesweit populär machen
8. Welchem Konkurrenten, welcher Konkurrentin soll vom Rezensenten, von der Rezensentin an den Sack / in den Hintern getreten werden?
- – Sebastian Fitzek
- – Raymond Chandler
- – dpr natürlich, wem sonst?
- – Siegfried Lütgenscheidt und seinen „Dinkelsbühl Krimis“
9. Was sind Sie von Beruf?
- – Grundschul- bzw. Hochschullehrer
- – Hausfrau, deren Kinder aus dem Haus sind
- – Import- und Exportkaufmann
- – Leiter des Fremdenverkehrsamtes Dinkelsbühl
10. Welchen Krimipreis möchten Sie gerne auch einmal gewinnen?
- – Deutscher Krimi Preis
- – Glauser Preis
- – Hä? Gibt es welche?
- – Den Dinkelsbühler „Schmierlappen“
11. Welcher Rezensent soll Ihr Werk besprechen?
- – der Typ mit dem roten Schal und dem Langhaarrasierer
- – der Typ, der immer „avant la lettre“ schreibt
- – dpr natürlich. Gibt’s auch noch andere?
- – Mein Schwager, Herr Oberregierungsrat Schlick
12. Haben Sie unsere Kontonummer?
- – ja
- – nein, ich zahle bar im neutralen Umschlag
- – hey, dpr, ich bin eine 23jährige Germanistikstudentin mit Nebenjob als Nacktmodel. Ich zahle nie mit Geld.
- – Ich möchte gerne gegen ein Aktivwochenende in Dinkelsbühl tauschen (Übernachtung mit Frühstück und Zehnerkarte Hallenbad)
Sie sehen: Alles kinderleicht! Auf der Basis dieses verlässlichen und objektiven Faktenmaterials verfassen unsere Rezensentinnen und Rezensenten eine Besprechung ganz nach Ihren Vorstellungen! Und das für nur 39,95 Euro (Einführungspreis). Füllen Sie den Fragebogen aus und übermitteln Sie ihn uns, gerne auch via Email oder per Fax. Von einer Übersendung des literarischen Werks bitten wir abzusehen, es wird im Zuge dieses hochmodernen Verfahrens nicht benötigt, da es die Faktenlage unnötig verwässert. Zögern Sie nicht! Unser Motto: FÜR DEN KRIMI!
Sehr geehrter Herr dpr,
so nicht! Wie Sie sich hier in ihrem Schmierblog über unseren schönen Ort Dinkelsbühl („Dinkelsbühl verzaubert!“) lustig machen, kann ich nicht hinnehmen. Wir werden Sie von unseren Rechtsanwälten gerichtlich ahnden lassen – denn mir sieht diese Einrichtung sehr suspekt aus – etwa so, wie von gewissen Leuten bezahlt, um einen tollen Ort zu vernichten. Das wird teuer, Sir!
Lieber Herr Hammer, drohen Sie mir nicht! Seien Sie mir dankbar! Negativwerbung ist im Moment die einzige, die von den Leuten ernstgenommen wird! Man wird Ihr wunderschönes Hallenbad menschenfluten! Der Tourismus wird aufblühen, Dinkelsbühl gedeihen! – Sie brauchen nicht zufällig einen Dinkelsbühlkrimi? Ich hätte einen Garmischkrimi, den man umschreiben könnte…
Bei dieser Gelegenheit: Herr Doktor Mattschau vom „Deutschen Institut für rückstandsfreie Krimikritik“ moniert, dass ich die Abkürzung seiner Einrichtung unterschlagen habe. Okay, hier ist sie: DIRK. Nicht zu verwechseln mit DARK, dem Deutsch-Angolanischen Rudelkrimi.
Wie wäre es, wenn die Bestellung einer Rezension nur dann statthaft ist, wenn überhaupt kein Krimi verfasst wird?
Es hieße: ‚ORGASMUS Vollzugsauschluss‘
Das verhindert zuverlässig Falschrezensionen ohne Gewährleistung von Schwarzrezensierern und stärkt die ökologische Nachhaltigkeit durch Schonung der Papierressourcen.
Es genügt, einen Krimititel zu schaffen aus dem Worte-Pool ‚Tod, töter, Täter, Leicher, Leichin, Sarg, Quark, Blut, Rache, Dunkel (Dünkel?), schwarz, Mord, mörder, noch mörder, voll mörder, Gefahr‘ und deren Devirate, auch in Verbindung mit ‚ver‘.
Dann bin ich sofort bereit, nach Dinkelsbühl zu reisen und ‚avant la lettre‘ zu rasieren. Den roten Schal besitze ich bereits.
Topp?
Wenn Sie, ja Sie, dpr, nicht umgehend eine höhere Summe auf ein Konto Ihrer Wahl überweisen, auf das auch ich Zugriff habe, werde ich Ihren Fragebogen in ALLER Öffentlichkeit rezensieren!
Beim ersten Anlauf nur bis Frage 4, beim Nächsten bis Frage 9 und dann werde ich ihn entnervt weglegen.
Dann werden Sie schon sehen, was Sie davon haben!
Ha! Ihr Spacken seid doch nur neidisch auf meine Geschäftsidee! Denkt euch doch selber was Hammermäßiges aus, IHR OPFER! Und, ey, nein, liebe Autoren und Autorinnen, ich mache keinen „Gratisurlaub in meinem Wochenendhäuschen im Weserbergland“! Ich will Geld sehen! Ich will die Krimibranche RASIEREN, aussaugen wie eine Zitrone. Bargeld lacht! Superrezensionen winken! Winkt zurück! Mit Geldscheinen!
Mann, die AutorInnen sollen mit Geld winken? Woher soll das kommen, ohne ordentliche Rezensionen?
Träum weiter!
Aber, hm, warte mal, ich habe irgendwo noch ein Stapel Lire … von einem Urlaub … damals, als ich noch einen vernünftigen Beruf hatte … ach, lange her.
DePRimierend, das.
Jedenfalls ist die Geschäftsidee so herum bestenfalls ein ruchloser, rötlicher Fisch. Nur das Prinzip stimmt: Nix für Ungut.
Tja, typischer Fall von „KrimiautorInnen brauchen immer was länger“. Das geheime Prinzip: Nicht nur Rezensenten loben AutorInnen wie -außen, sondern auch andersrum. So etwa: „Boah, dpr hat mich rezensiert – und schon 5000 Bücher mehr verkauft!“ Das verbessert mein Standing bei den Verlagen, die sich dann nicht lumpen lassen und auch mal nen 500er zwischen die Seiten der Rezensionsexemplare schieben.
bye
dpr
Mit „Die Maitresse des Bischofs“ spielt nun aber einer der allerbesten deutschen Romane in einer Stadt, die als Mischung von Dinkelsbühl und Nördlingen angelegt ist. Was tun?
Genau, geht doch sowieso in Ordnung! Ist aber kein Krimi, oder? Für Krimis gilt: Spielst du in Dinkelsbühl, bleibt meine Schulter kühl. Oder so.
Danke für die Hilfestellungen, die ich künftig berücksichtigen werde. Unter Punkt 3 oder 4 vermisse ich aber die unbedingt aufzunehmende Formulierung;
„Mehr als ein Kriminalroman“.
Danke, Martin. Wir werden deine Anregungen beim nächsten ORGASMUS berücksichtigen…