Merkwürdig still ist es um Deutschlands Krimiautorenelite geworden. Lesereisen wurden abgesagt, Autorenblogs bleiben ungepflegt. Denn die Autoren schreiben. Sie schreiben Wahlthriller, Wahlwhodunnits, Wahlregionalkrimis, ja selbst ein Wahlkatzenkrimi und ein Wahlweinkrimi sind in Arbeit. Die Zeit drängt, denn spätestens Anfang September müssen die Offsettrommeln rotieren.
Wir haben in bewundernswerter Recherchearbeit einige der Plots ermittelt und stellen heute den letzten vor:: ZEHN KLEINE BESSERVERDIENER.
Die Story: Waren das noch Zeiten, als FDP-Parteitage in der großen Mädchen-Umkleide der Mehrzweckhalle Quierschied abgehalten wurden! Tempi passati. So dramatisch ist die Mitgliederzahl der einstmals stolzen Partei geschrumpft, dass inzwischen das kleine Raucherzimmer im Wochendschloss Better-Earning von Graf Lambsdorff ausreicht, die ausschließlich ministrablen FDPler zu fassen.
Es regnet und stürmt, als Guido Westerwelle den Parteitag mit einer mitreißenden Rede eröffnet. Er ist gut gelaunt, denn pausenlos denkt es in ihm: Ich bin der künftige Außenminister der Bundesrepublik Deutschland. Auch Wolfgang Gerhardt ist gut gelaunt, und auch in ihm denkt es pausenlos: Ich bin der künftige Außenminister der Bundesrepublik Deutschland. Am besten gelaunt jedoch ist wie immer elder statesman Genscher, in dem es schon lange nicht mehr denkt, der sich aber sagen kann: Ich war der Außenminister der Bundesrepublik Deutschland.
Doch was so harmonisch begann, kippt plötzlich um in reinsten Horror. Ein FDP-Mitglied, Manager im Nebenberuf, wird tot in seinem Bett aufgefunden. An seinem Gehaltszettel erstickt! Da das Unwetter alle Straßen unpassierbar gemacht hat, Strom und Kommunikationsleitungen ausgefallen sind und selbst das Internet nur noch das Testbild sendet, kann polizeiliche Hilfe nicht beansprucht werden. Grübelnd geht man zu Bett. Als man am Morgen aufwacht, ist der zweite Tote zu beklagen. Butler James findet Wolfgang Gerhardt im Badezimmer – mit einem Atlanten erschlagen!
Guido Westerwelle fällt es wie Schuppen von den Augen: Ein Mörder ist unter ihnen! Jemand will die FDP ausrotten, als könnte sie das nicht selbst am Besten. Während er in wachsender Panik einen klaren Gedanken zu fassen versucht, peitschen Schüsse durch die dunklen Hallen von Schloss Better-Earning…
Leseprobe:
„Kein Zweifel: Wenn es so weiterginge, würde er, Guido, nicht nur das Amt des Außenministers der Bundesrepublik Deutschland übernehmen müssen, sondern dazu noch das des Verbraucherministers der Bundesrepublik Deutschland. Er würde, als letzter Überlebender, bei den Koalitionsverhandlungen nicht klein beigeben, auf den zwei Ministerposten bestehen, wie es guter Brauch ist bei den Liberalen. Aber Verbraucherminister? Sich mit der Vogelgrippe herumärgern müssen, Richtlinien zur Begattung von Schäfinnen erlassen, bei landwirtschaftlichen Messen herzhaft in fette Wurst beißen und nicht weniger fette Bäuerinnen abküssen… hatte er es nicht besser verdient? – Guido grübelte eine Weile. Nein, sagte er sich dann. Für Deutschland muss man Opfer bringen.“
Der Autor: Der letzte Überlebende des großen Massakers auf Schloss Better-Earning. Wir können ihn leider nicht beim Namen nennen, weil Sie dann ja wüssten, wer der Mörder ist.
Unsere Prognose: Pflichtleküre bei allen FDP-Mitgliedern. Das einzige gedruckte Exemplar wird reißenden Absatz finden!