Über die Tagung der Krimiautoren-Innung SISYPHOS im romantischen Bad Wildungen haben wir → an dieser Stelle berichtet. Die dort eingesetzte Arbeitsgruppe zur Einführung von Spannung (suspense) in deutsche Krimis unter der Leitung von Eberhard „Dolchi“ Springer hat nun im Rahmen einer Pressekonferenz im romantischen Bad Bergzabern erste Ergebnisse vorgelegt. Vorläufiges Fazit: Das deutsche Krimischaffen schreitet innovativ, synergieeffizient, teamfähig und kostengünstig in die Zukunft!
Vor einer erfreulich zahlreichen Schar interessierter Pressevertreter (die „Itzehoer Volksstimme“ war mit gleich zwei Volontärinnen vertreten, von denen eine, die liebe Ilona, doch bitte noch ihre Zahnbürste aus meiner Wohnung abholen soll) fasste der Vorsitzende von SISYPHOS, Erfolgsautor Eberhard „Dolchi“ Springer, assistiert von Erfolgsautorin Gabi „Butcher“ Bäcker, die beschlossenen Maßnahmen in prägnanten Worten zusammen. Man sei, so begann er, zu dem Schluss gekommen, ein Krimi sei eigentlich wie Kartoffeln mit Soße. Die Kartoffeln entsprächen quasi dem Inhalt eines Kriminalromans, die Soße sei die Spannung (suspense), welche man über diesen zu gießen habe, um die an sich trockene Angelegenheit literaturkulinarisch auf ein höheres Niveau zu heben.
Nun sei es aber so, dass die Soße durchaus gewissermaßen konträr zu den Kartoffeln stehen könne, rein geschmacks- und inhaltstechnisch. Will sagen: Man kann auch Kartoffeln mit Haselnusssoße essen, er, Eberhard „Dolchi“ Springer, habe von solchen Praktiken aus Frankreich gehört, wo man, dies am Rande, die Spannung (suspense) traditionell besser im Griff habe als hierzulande. Oder, auf den Krimi übertragen: Der Inhalt muss nicht unbedingt etwas mit der Spannung zu tun haben, will sagen: Man kann beide sehr wohl von einander trennen.
An dieser Stelle ergriff Erfolgsautorin Gabi „Butcher“ Bäcker das Wort. Den Ausführungen des verehrten Vorsitzenden entsprechend, habe die Arbeitsgruppe zur Einführung von Spannung (suspense) in deutsche Krimis beschlossen, künftig die Spannung (suspense) auf den jeweiligen Klappentext eines Buches auszulagern und zu beschränken, denn der Klappentext sei bekanntlich wie die Soße auf den Kartoffeln. Dies ermögliche eine Komprimierung der Spannung (suspense), daraus folgend eine nahezu unerträgliche Verdichtung des eh schon Dichten. Man müsse, fuhr Erfolgsautorin Gabi „Butcher“ Bäcker fort, die Spannung (suspense) dermaßen zusammenquetschen, dass der Leser gar nicht anders könne, als sofort zu seinem Geldbeutel zu greifen und das Werk, dessen Klappentext er mit unglaublicher Atemlosigkeit verschlungen habe, auf der Stelle zu erwerben.
Dennoch sei es ratsam, auch den Inhalt eines Kriminalromans durch die Beigabe von Spannung (suspense) dem internationalen Niveau anzunähern. Es komme indes eine Spannung (suspense), welche sich aus der Frage „Wer war’s denn nun?“ zwingend ergebe, für den deutschen Krimi nicht infrage. Und zwar „aus patentrechtlichen Gründen“, wie der Vorsitzende, Erfolgsautor Eberhard „Dolchi“ Springer, seufzend mitteilte. Auf die sogenannte „Whodunit“-Spannung (whodunit-suspense) hätten „die Amis“, wie Springer verärgert bekanntgab, eine Art Copyright gesetzt, einen Marken- und Kopierschutz. Nur für teuer Geld sei es deutschen AutorInnen erlaubt, den oder die Täter in ihren Romanen erst nach Seite 45 zu verraten. Das sei nicht hinzunehmen, eine Klage vor dem Internationalen Gerichtshof werde ins Auge gefasst, brauche aber seine Zeit.
Die Arbeitsgruppe habe deshalb beschlossen, meldete sich wieder Erfolgsautorin Gabi „Butcher“ Bäcker zu Wort, aus dem „Wer war’s“ einen „Kriegen die sich?“ zu machen. Dies bedeute: Jeder deutsche Krimi habe zukünftig eine Liebesgeschichte mit ungewissem Ausgang zu beinhalten, am besten ein Verhältnis von Kommissar und Hauptverdächtigter.
„Der deutsche Krimi als krachende Liebesgeschichte, genreübergreifend, neue Zielgruppen wie das Licht die Schmeißfliegen anziehend, jeder treibt es mit jedem, aus jeder Seite quillt das erhitzte Fleisch der Begierde, am Horizont schwingen Hochzeitsglocken auf glänzenden Kirchtürmen des Kitsches, klöppelt aber auch das Glöcklein der Todes sein garstig Lied. – Und der Klappentext verspricht ganz etwas anderes! Die Spannung wird quasi suspensiert, wenn Sie verstehen, was ich meinen würde, der deutsche Krimi – der deutsche Krimi –“
Hier sorgte ein durch verbale Erregung ausgelöster Schwächeanfall des Vorsitzenden für den vorzeitigen Abbruch der Pressekonferenz, die mit einem kaltwarmen Büffet endete und den vergeblichen Versuchen meiner Kollegen, eine der beiden Volontärinnen im Geiste der neuen deutschen Krimispannung zu diesbezüglichen Handlungen zu überreden. Der Berichterstatter dieser Seite indes zog mit intellektuellem Gewinn und einer erotisch aussichtsreichen nahen Zukunft von dannen. Es hat sich gelohnt!
dpr