Im Krimiblock werden ab sofort flüchtige Einfälle zu laufenden Projekten notiert. Ganz grob, skizzenhaft, nicht durchgeformt, Blitzlichter eben. Wir beginnen mit „Psychokrimis“.
Auch so ein Wort. Psychokrimis. Ja nun: Mit Psychologie haben Krimis eigentlich immer etwas zu tun. Die Figur, die ich mit Worten zeichne, erhält ihre Konturierung durch angewandte Psychologie, wie wir sie täglich praktizieren. Was Psychokrimi hingegen (sehr oft) meint, ist Psychologisieren. Das Psychologische wird thematisiert, Figuren und Handlung sind Umsetzungen von Theorien / Hypothesen.
In Astrid Paprottas „Mimikry“ lernen wir die Protagonistin Ina Henkel durch eine Projektion kennen, die im Kopf von Biggi Benz, einer von Minderwertigkeitsgefühlen geplagten, ihren Mitmenschen getriezten, ergo einsamen Sekretärin „beim Film“ stattfindet. Ina Henkel wird hier zum Idealbild der taffen Polizistin, einem (schlechten) Krimi entsprungen. Sie entsteht also qua „Psychologisierung“ als Kunstfigur-einer-Kunstfigur neu. Der Prozess selbst konturiert die seelische Verfassung der Schöpferin Biggi Benz. Dies sind die ersten Maschen eines im Verlauf der Handlung eng geknüpften Netzes aus Charakterbildern, die allesamt auf eine Art und Weise entstehen, die der Natur der Psyche und ihrer Abläufe näher sind als jedwedes Psychologisieren. Die Projektion formt den Projektor und deformiert ihr Objekt bis zur Kenntlichkeit.
„Mimikry“ ist somit ein Psychokrimi. Aber anders, als es die landläufige Definition möchte. Weiter drüber nachdenken, Belege sammeln.
… wodurch erhellt, daß das Label ‚PK‘ nix schadet, aber auch nix hilft. Man könnt‘ es auch auf Heyms ‚Irren‘ kleben. (‚Natur der Psyche‘ ist im Zweifel eine Leserprojektion, oder?)
Schadet nix, nützt nix, lieber JL. Die Psyche kann eigentlich nichts anderes als Projektionen. Abbildungen von Objekten, die mehr auf den Bildner als auf das Objekt verweisen. Merkwürdigerweise auch dann, wenn Bildner und Objekt eine Person sind.
bye
dpr