Richard Powell: Say it with bullets

Auch im Zeitalter des Internets gibt es sie immer noch und immer wieder: Unentdeckte Krimi-Schätze, die kaum jemand kennt und die häufig auch nicht mehr verfügbar sind. „Hard Case Crime“, dessen sprödes Retro-Meisterwerk →„The Confession“ von Dominic Stansberry hier schon gelobt wurde , hat es sich zur „Aufgabe“ gemacht, solche verschollenen Schätze zu heben. Das 1952 erschienene und vermutlich niemals ins Deutsch übersetzte „Say it with bullets“ von dem weniger bekannten Richard Powell ist solch ein Buch.

Es erzählt die Geschichte von Bill Wayne, eines Spätheimkehrers des Zweiten Weltkrieges, der mit fünf Freunden am Ende des Kriegs in China eine kleine Lufttransportfirma gegründet hatte. Als die Kommunisten kommen und die Freunde sich über die Modalitäten ihrer Flucht nicht einigen können, wird Bill von einem der Männer in den Rücken geschossen. Er findet sich, mit einer Kugel im Rücken, von den Freunden für tot zurückgelassen, auf dem Rollfeld liegend, wieder. Kaum ist er dann nach wilder Flucht durch China in Amerika zurück, wird erneut auf ihn geschossen. Er beschließt seine früheren Freunde aufzusuchen und den unbekannten Schützen zu finden.
Um im Land umher reisen zu können, ohne aufzufallen, bucht Bill eine Sightseeing Tour, die durch die Wohnorte der früheren Freunde im Westen Amerikas führt. Pech nur, dass die jungen Reisebegleiterin sich sehr intensiv ihn, der viel zu angespannt und verkniffen für einen Touristen wirkt, kümmert. Am jeweiligen Ort angekommen, muss er sich deshalb immer wegschleichen und gerät in die eigenartigsten Situationen. Zurück bleiben, wie sollte es anders sein, mehr Leichen als Bill lieb ist und die Reisebegleiterin wird auch immer zudringlicher.
Es entwickelt sich ein muntere Geschichte, die mich ein wenig an „Den Schwarzen Engel“ von Cornell Woolrich erinnert hat. Auch hier ein Episodenbuch, auch hier ist die Zahl der Verdächtigen festgelegt und auch hier kommt es anders als man deckt. Für heutige Leser kommt die Auflösung nicht ganz überraschend. Aber dass das Genre und seine Leser sich weiterentwickelt haben, wollen wir einem Buch nicht vorwerfen, welches im Ton mit dem ungebrochene Optimismus des Wilden Westens und dessen Szenerien aufwartet: Spaßig, aber nicht albern, passend auch zur Zwickmühle, in die Bill gerät. Pfiffig aufgebaut, gut entwickelt und spannend erzählt, kann es zwar mit heutigen Plotmonstern nicht mithalten, muss es aber auch nicht. Originelle Bilder, witzige Dialoge; mit einer überraschend wenig angestaubten Szenerie und einem mehr kumpelhaften als paternalen Ton Frauen gegenüber, wirkt es ungemein frisch.

Richard Powell: Say it with bullets. 
HardCaseCrime 2006. 253 Seiten, 6,49 €

3 Gedanken zu „Richard Powell: Say it with bullets“

  1. Hallo Bernd,

    hab „Say it with Bullets“ die Tage gelesen, fand’s auch sehr unterhaltsam, überhaupt nicht veraltet und den 400-Seiten-Monstern (die oft auch nicht mehr als eine Handvoll Verdächtige haben) deutlich überlegen.
    Bei den Recherchen für meinen Hard Case Crime-Artikel in dem von Dieter Paul Rudolph herausgegebenen „Krimijahrbuch 2006“ (Äh, hier bitte den Link zum Bestellen einfügen) fand ich heraus, dass „Say it with Bullets“ vor Ewigkeiten als „Lasst Kugeln sprechen“ auf Deutsch erschien.
    Schönes Cover von Michael Koelsch, das auch einen Bezug zur Geschichte hat.
    Grüße
    Spurensuche-Axel

  2. Womit Du lieber Axel,

    mich überführt hast. Deinen Jahrbuchbeitrag hatte ich gleich zu Ostern gelesen, aber als ich meine Rezension geschrieben habe, nicht mehr zu Rate gezogen.

    Dann ergänzen wir für die hartgesottenen nur-Deutschleser noch einen Link zum
    Bestellen. Ob wohl „Say it with bullets“ im Original sich auch weniger geübte Englischleser eignet.

    Beste Grüße

    bernd

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