Jetzt ist →„Der Bote“ so gut wie da – und mit ihm die Angst. In welche Hände wird er geraten? Am Ende gar in die falschen? Wen wird er erzürnen, welche Kritikerinnen, welche Leserinnen. Und ja, heutzutage dreht sich alles gleich um „Schadensersatz“! Autoren verklagen Kritiker, Leser Autoren – und man kann nichts dagegen machen? Oh doch, kann man. Man kann schon einmal öffentlich bekannt machen, wer bitteschön den „Boten“ nicht anfassen sollte. Weder mit gierigen noch schmierigen Fingern. Ein paar Ausschlusskriterien finden sich im Folgenden, womit ich, das sei getont, auch gleich jegliche Verantwortung / Haftung strikt von mir weise. Lesen auf eigene Gefahr!
Das Buch sollte nicht lesen, wer
- glaubt, die Jahresangabe „2168“ habe irgend etwas mit „1968“ zu tun! Klogriff! Weder Rudi Dutschke noch ein autoritärer Kindergarten noch ein späterer Außenminister kommen im Text vor, sogar auf fundamentalmarxistischen Sex mit Werktätigen wartet man vergebens.
- versucht, das Buch strikt chronologisch zu lesen. Kann man machen, doch. Bringt aber nur den halben Spaß, wenn überhaupt welchen. Nein, wenn ich mir das recht überlege: bringt keinen Spaß.
- sich wundert, warum in diesem Buch so alterthümliche Wörter wie „gebirgicht“ oder „ästimieren“ vorkommen. Ich habe mitnichten das Meyersche Konversationslexikon von 1855 auswendig gelernt. Ich besitze es gar nicht. Mir reicht das von 1891.
- schon immer keine Lust auf Märchen hatte. Es gibt nämlich welche in diesem Buch, einige sogar. Okay, ich kann das mit der Märchenunlust verstehen, ging mir früher genauso. Aber muss sein. Also entweder sofort zur Psychotherapie oder: Finger vom Buch!
- auf irgend welche blödsinnigen Erfindungen wie Grillautomaten mit Hochschulabschluss, implantierfähige Orgasmen oder Wochenend-Porno-Events im Betageuzenebel abfährt. Ja, lest’s doch euren Perry Rhodan, ihr!
- sich so an meine langen Sätze gewöhnt hat, dass er ohne nicht mehr leben kann. Okay, ehrt euch. Aber im „Boten“ gibt es erstaunlich wenige davon, eigentlich gar keine. Sondern. Meistens. Kurze. Sätze.
Auf wen all das nicht zutrifft, sollte also den „Boten“ unbedingt lesen! Auch zwei oder drei „JA!“s sind nicht schlimm, ihr seid ja lernfähig und flexibel. Alle anderen: Zum handelsüblichen Thrillerlein greifen und Abmarsch! Aber ohne großen Zapfenstreich!
Lieber d.p.r.,
auch an dieser Stelle nochmal danke für „Der Bote“. Er ward gelesen und folgende Rezension wird Einzug im PC-Forum und auf Thalia.de halten:
„Mein erstes Buch aus der Feder des geschätzten Krimi-Couch Kollegen Dieter Paul Rudolph und – soviel kann man jetzt schon sagen – sicher nicht mein letztes von ihm. Auch weil sich das Buch in eine gänzlich andere Richtung entwickelt hat, als der Klappentext zuvor noch andeutete. So erwartet den Leser hier kein schräges Steampunk-Abenteuer mit viel Witz, sondern eine sehr nüchterne, kalte Dystopie, welche mich in Inhalt und Grundton der Geschichte doch stark an H. G. Wells Werke erinnert hat. Und auch wenn ein Vergleich vielleicht vermessen klingt – Rudolphs Werk braucht diesen nicht zu scheuen bzw. kann bei einer Gegenüberstellung durchaus bestehen. Die Idee einer Zukunft, welche (aus unbekannten Gründen) in Technik, Kultur und Denken wieder ins 19. Jahrhundert zurückgefallen ist, hat etwas erschreckend Reelles, spielt geschickt mit den Ängsten, die schon Albert Einstein aus gutem Grund geschürt hat: „Ich bin nicht sicher, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten Weltkrieg werden sie mit Stöcken und Steinen kämpfen.“
Das mit letzteren hier im Jahre 2168 geworfen und gemordet wird, passt da gut ins Bild. Wie überhaupt der Kriminalfall, der stark am klassischen Whodunit angelegt ist, erstaunlich problemlos mit der düsteren Zukunftsvision harmoniert. Und trotz des sehr hoffnungslosen Tons liest sich Rudolphs Buch dann doch erstaunlich leichtfüßig, immer wieder aufgelockert von modernen Märchen, die augenzwinkernd Bezug auf das vergangene 21. Jahrhundert nehmen.
Ein lohnenswertes und irgendwie nachdenklich stimmendes kleines Buch, dessen ruhige Erzählweise dem derzeitigen Trend von Tempo, Action und blutigen Gedärm zuwiderläuft – und dafür sei Rudolph ausdrücklich gedankt!“
Schönen Restsonntag noch