Iain McDowall: Gefährliches Wiedersehen

Einer wie Iain McDowall müsste sich schon sehr anstrengen, um einen schlechten Kriminalroman zu schreiben. Dabei rührt er sein Süppchen mit dem gleichen Wasser an wie die Minderbegabteren seiner Zunft. Ermittlerstory, „realitätstüchtig“, die Ermittler mit eigenen Problemen beschäftigt.

Wieder einmal ist in McDowalls fiktiver Stadt Crowby ein Mord geschehen. Dr. Roger Harvey, Historiker, liegt erschlagen in seiner Wohnung. Die Polizisten Jacobsen und Kerr erscheinen auf der Bildfläche und tun ihre Arbeit. Ein Nachbar Harveys, Programmierer, gerät in dringenden Tatverdacht, ist er doch seit dem Mord verschwunden. Das turbulente Liebesleben des Toten eignet sich ebenfalls zur Motiv- und Tätersuche.

Aber wie bereits in den Vorgängerromanen dient auch hier das eigentlich „Kriminelle“ vor allem dazu, das Wirklichkeitsambiente zu beleuchten. Nicht in grobschlächtigen Worten und künstlich dramatisierten Konflikten, sondern eher en passant, niemals aufdringlich, aber immer pointiert. In „Gefährliches Wiedersehen“ reicht das Spektrum von der „Hobbynutte“ im Frauenhaus, der natürlich kein Mensch glaubt, bis zur ätherisch angehauchten Sinnsucherin auf einer „New Age“ – Farm, die sich beim Abhören von Van Morrisons „Astral Weeks“ erkundet (dieses klassische Album hören andere im Roman ebenfalls, es ist also der akustische rote Faden). Auch die Protagonisten tragen ihre Sorgen mit sich herum. Kerr etwa wird von einer Ehekrise gebeutelt, Jacobsen trinkt zuviel. In den üblichen Schablonen ersäuft dies allerdings nicht.

Erwähnt sei auch McDowalls stilistische Flexibilität. Manchmal schweift die distanzierte Erzählweise in eine Art inneren Monolog ab und kehrt dann wieder auf die ursprüngliche Erzählebene zurück.

Dass McDowall sein Handwerk beherrscht, ist in „Gefährliches Wiedersehen“ auch dringend nötig. Denn der Mordfall selbst ist ihm diesmal recht farblos geraten. Harvey, ein Durchschnittsmensch, bleibt zu vage, die Dramaturgie kommt aus dem Vorhersehbaren (natürlich ist der Programmierer NICHT der Mörder, das weiß man sofort) nicht heraus, ein kleiner Twist täte der finalen Spannung ganz gut. Die Intensität dessen, was McDowall hier aufbaut, mindert das aber nur geringfügig. Crowby, der Ort, den man auf keiner Landkarte findet, ist ein Experimentierfeld in Sachen soziologischer Verwerfungen. Gut entwickelt, gut erzählt. Und unterhaltsam dazu. Nein, dieser McDowall müsste sich wirklich mächtig ins Zeug legen, um zu scheitern.

Iain McDowall: Gefährliches Wiedersehen. Dtv 2009 
(A Study in Death, 2000, deutsch von Werner Löcher-Lawrence).
255 Seiten. 8,95 €

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