Martin Frei: Gregor Ka im 21. Jahrhundert

Ein wiedervereinigtes Deutschland hätte auch anders aussehen können. Wirtschaftskonzerne hätten die Macht übernehmen können und ein Schattenkabinett hätte den demokratischen Schein nach außenhin gewahrt. Für Zucht und Ordnung hätte eine Volkspolizei gesorgt und statt einer innerdeutschen Mauer wären die Grenzen zum Ausland dichtgemacht worden.

Ein solches Szenario hat Martin Frei entworfen und – wen überraschts – in der (zu) nahen Zukunft, im Jahr 2005 angesiedelt.

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Maxim Biller – Land der Väter und Verräter

Die Tempojahre sind vorbei für Maxim Biller, das klang bereits 1990 an, als seine Erzählungen ‚Wenn ich einmal reich und tot bin‘ erschienen sind, spätestens jedoch 1991, als eine Reprise seiner Texte aus TEMPO unter dem Titel ‚Die Tempojahre‘ erschienen ist, war es offenkundig geworden. Inzwischen ist TEMPO tot – Maxim Biller lebt. Das stellt er unzweifelhaft klar in seinem Buch Land Der Väter Und Verräter, das mit dreijähriger Verzögerung nun seinen Weg als Paperback über die Ladentheken antritt.

Was ist nun aus dem zynischen jungen Autor mit der großen Klappe geworden, der inzwischen, mit 37, die wilden Jahre hinter sich und die Midlife-Crisis vor sich haben müßte? Schwer zu sagen. Gerüchten zufolge schreibt er in Richtung Klagenfurt. Das Wesen von Gerüchten ist allerdings auch, daß sie eindimensionale ‚Wahrheiten‘ beinhalten, daß ihre Aussage solange stimmt, bis man länger darüber nachdenkt und ein „aber . . .“ dranhängt. Aber, so einfach wie die Autoren von Gerüchten macht es sich Biller nicht. So wie er sich bereits als Temporedakteur ständig zwischen die Stühle der Popfraktion und der etablierten Kultur-Intelligenzia gesetzt hat, so setzt er sich jetzt, da er sich seiner Situation als deutscher Jude immer bewußter wird, immer noch zwischen die Stühle. Nur die, die nun rechts und links von ihm sitzen, haben sich verändert. Seine Geschichten drehen sich jetzt um Opfer und Überlebende, um Sieger und Besiegte, um Deutsche und Juden. Weil er ein waches Auge hat, schreibt er von Begebenheiten, wie sie im täglichen Leben anzutreffen sind, ohne Gebrauchsanleitung für Gut und Böse. Weil er dazu auch noch schreiben kann, tut er dies auf die ihm eigene Art: entlarvend, manchmal zynisch und immer faszinierend.

Maxim Biller ist von einem Redakteur zu einem Autor geworden, dem es gelingt, schwerverdauliche Themen anzugehen, und lebensnah zu schildern, ohne in hermetischen Innenwelten gegen Wände zu laufen oder sich in affektierte Klugscheißerei zu ergehen. Endlich mal wieder ein Beweis, daß anspruchsvolle Literatur nicht wehtun muß.

Maxim Biller
Land der Väter und Verräter
dtv 19,90 DM
ISBN 3-423-12356-7