Anton Corbijn hat mit seinem ersten Kinofilm gleich ein Meisterwerk abgeliefert. „Control“ ist die mithin bekannte Geschichte von Ian Curtis, dem einstigen Frontmann von Joy Division. Es ist aber keine Filmbiographie der Band, wie Corbijn im „Making Of“ der just erschienen Doppel-DVD-Ausgabe des Films gesteht. „Control“ ist hingegen ein wichtiges Puzzlesteinchen, um die Geschichte und auch die Musik der Band und das tragische Ende von Curtis besser verstehen zu können. Denn das Schicksal von Joy Division kann nicht von dem von Curtis getrennt betrachtet werden. Was zugegebenermaßen keine neue Erkenntnis ist.
Dass Corbijn den Film in schwarz-weiß drehte, passt nur zu perfekt zu dem Film und dessen düsterem Plot. Er, der Film, skizziert den Werdegang von Curtis zwischen 1973 und 1980 – vor der Gründung der Band, die 1977 ja noch Warsaw hieß und sich erst von 1978 an Joy Division nannte, bis hin zu Curtis‘ tragischen Abgang am 18. Mai 1980, als er sich in seinem Haus in Macclesfield einsam erhängte.
„Ich fand, es war eine menschliche Geschichte eines Jungen, der einem Traum folgt, und am Ende sehr enttäuscht ist“, gibt Corbijn in einem Interview, das auf der Bonus-DVD zu finden ist, zu Protokoll. Zudem sei es „eine tragische Liebesgeschichte“. Denn Curtis war hin- und her gerissen zwischen seiner Ehefrau Deborah Curtis (geb. Woodruff), die am 16. April 1979 die gemeinsame Tochter Natalie zur Welt brachte, und der belgischen Fanzine-Journalistin Annik Honoré, in die sich Curtis verliebte.
Am 2. Mai 1980 stand er zum letzten Mal auf einer Bühne, auf der der Birmingham University um genau zu sein. Kurz darauf trat er für immer ab und hinterließ nicht nur viele ungeklärte Fragen, sondern auch eine bis heute klaffende Lücke in der Musikgeschichte. Dass sein Schaffen bis in die heutige Zeit hinein wirkt, das zeigt nicht nur das große Interesse an „Control“, das belegen auch die vielen Bands, die heute noch auf den Spuren von Joy Division wandeln (siehe Editors oder Interpol).
Wer Joy Division liebt, und das sind ja nicht wenige, der sollte sich unbedingt diesen packenden und stimmungsvollen Film ansehen, dessen DVD-Ausgabe mit reichlich Bonusmaterial in Form von „Making Of“, „Hinter den Kulissen“, Musikvideo zu „Atmosphere“ und drei ungekürzten Auftritten der Filmband („Leaders Of Men“, „Transmission“ und „Candidate“) gespickt ist.
Und eins noch zum Abschluss: Sam Riley, der Ian Curtis verkörpert, liefert in „Control“ eine ebenso beeindruckende Vorstellung ab wie Alexandra Maria Lara (Annik), die seit den Dreharbeiten mit Riley liiert ist, und Samantha Morton (Deborah).
Control
Regie: Anton Corbijn
D.: Sam Riley, Alexandra Maria Lara, Samantha Morton
Capelight Pictures/Alive AG