Auch ein so ausgeglichener Mensch wie Dr. Zapp hat mal eine schlaflose Nacht. Dann greift er zur Fernbedienung und freut sich, daß gerade die Olympiade im fernen, rätselhaften Japan tobt. Das verspricht doch immerhin einen gewissen Neuheiten- und Unterhaltungswert und nicht die übliche Nachtmischung aus tausendfach wiederholten Serien, Telefonsexwerbung und den schönsten Bahnstrecken Ostfrieslands.
So bietet sich, morgens um vier, mal wieder Gelegenheit, altgedienten und lang-nicht-mehr-gehörten öffentlich-rechtlichen Moderationsveteranen bei der Arbeit zuzuhören. Wie etwa Klaus Angermann: Nachdem der deutsche Rodeldoppelpack Krausse/Behrendt die Goldmedaille eingeackt hat, ist der völlig aus dem Eishäuschen und kriegt sich vor Begeisterung kaum mehr ein. Und kommentiert – ganz souveräner Journalist – seinen eigenen Gemütszustand mit einem treffenden „Ich krieg mich kaum mehr ein„. Und läßt den Goldjungs ausrichten: „Ich drück die beiden„. Dabei ist es auf dem Schlitten doch schon eng genug.
Überhaupt Zweierrodeln. Ja, das gibt’s nur für die Jungs. Weil zwei Mädels oder gar mixed in diesen hyperdünnen Gummianzügen, das könnte bei den – bekanntermaßen doch nicht mehr taufrischen – Herren vom IOC zu gefährlichen Wallungen führen. Wie bei einigen Vertretern der ZDF-Olympiareportergilde. Kollege Rudi Cerne läßt Kollegin Kristin Otto wissen, daß er sich ein Doppel schon vorstellen könnte. „Aber Du liegst unten„. Die beiden Abfahrtskommentatoren Wörndl und Donizelli hätten Kristin Otto lieber oben gesehen (oder besser: gespürt). Was beweist, daß es in und um Nagano gar nicht so kalt gewesen sein kann, wie uns einige mitleidsheischende Journalisten gerne weismachen wollten. Gerade Kristin Otto ist ja in Japan buchstäblich aufgetaut. Vorher kannte man sie ja nur als kühle Blonde mit beachtlichem S&M-Charme. Jetzt traut sie sich was und hat offenbar die Männer entdeckt. Die kleinen Flirteinlagen mit Lockenwickler Michael Steinbrecher gipfelten schließlich in einer spontanen kleinen Tanzeinlage, die durch das Mitwirken von Deutschlands Eishockey-Legende Alois Schloder zu einem Dreierpack wurde. Das kam dem von allen vermißten Doppelsitzer-Rodelgefühl schon ziemlich nahe – zumindest was den Körperkontakt angeht. Mir drängt sich der Verdacht auf, daß Kristin Otto nach dem Ende ihrer erfolgreichen Karierre als DDR-Schwimmerin jetzt eine Hormonkur der ganz anderen Art mitmacht. Das ZDF sozusagen als Gegengewicht zum Sportministerium. Das müssen wirklich tolle Drogen sein, die da verarbreicht werden.
Zuviel davon hat eindeutig Eiskunstlauf-Kommentatorin Christa Haas geschluckt. Wie sonst wäre ihr wirres Gefasel zu erklären? Mal ganz abgesehen davon, daß sie eine Stimme hat, deren Klang dich strammstehen läßt, kriegt sie keinen kompletten Satz zusammen. Penetrant bis zum Anschlag kritisiert sie jeden Sportler, der sich da auf dem Eis abmüht, und verdirbt einem jede Freude – falls man welche hat an den Kufenartisten. Ich gehe jede Wette, daß diese Frau vor ihrem ZDF-Engagement Sportlehrerin war. Noch nie klang das Wort „Ästhetik“ so grausam wie aus dem Mund dieser Moderatoren-Domina. Mein liebes Fräulein, bevor wir ständig von Leistung und Versagern reden, sollten wir uns in japanischer Bescheidenheit und Selbstkritik üben. Dann klappt’s auch mit den Zuschauern.
Kommen wir nun zu etwas Erfreulichem: Co-Kommentatoren. Der aktuelle Trend beim Fernseh-Sport.
Ganz vorne liegt heuer der Weissflog Jens. Warum? Weil die offizielle Amtssprache im deutschen Wintersport Bayerisch ist und es so viele rotbäckige Skimädels gibt, deren Worte ich nicht verstehe, daß man sich wirklich über einen Ossi freut, der einem im Interview einen hinsächselt. So wie Jens Weissflog, der uns Einsichten und Weisheiten quasi aus seinem Warsteiner-Hut zaubert.
Was wären wir ohne fachmännische Co-Kommentatoren wie den Wasi oder den Bittner Armin, die sich einfach eine Kamera um den Bauch schnallen und den Hang runterrutschen? Wir wüßten heute noch nicht, wie man sich fühlt, wenn man die Piste runtergondelt. Mich erinnert das übrigens an Besoffen-nach-Hause-gehen, aber das nur am Rande.
Stichwort „Gefühl“. Ganz wichtig für einen Co-Moderator. Er muß uns die Emotionen vermitteln, als ehemaliger Aktiver kennt er ja die Wettkampfsituation. Natürlich ist da auch das Expertenwissen gefragt, aber mal ehrlich: Fachmännische Kommentare sind doch meistens nur von Fachmännern zu dechiffrieren. Richtig schön wird’s doch erst, wenn es den Experten vor lauter Emotion fast aus der Bahn trägt … „Joa, der Sepple, dem tät i’s gönnen, der Sepple, der…“ und das ganze natürlich im derbsten bayrisch-verfärbten Dialekt.
Da greift Euer Dr. Zapp zur Fernbedienung und versucht seinem Namen alle Ehre zu machen. Wenn das mal so einfach wäre. Findet man doch kaum einen Sender, der nicht Olympia oder Fasching sendet.
Karneval, Fasching, Faasenacht oder wie diese organiserte Schenkelklopferei sonst noch genannt wird – an allen Orten und auf allen Kanälen. Früher gabs nur Mainz bleibt Mainz, man saß bei ARD oder ZDF in der ersten Schunkelreihe und hatte ansonsten seine Ruhe. Dieses Jahr versuchen sich die Sender mit Faschingsberichterstattung derartig zu überbieten, daß es wohl kaum mehr eine Prunkveranstaltung gibt, bei der keine Kamera steht. Ob Bliesmengen Bolchen, Castrop Rauxel oder Papenburg. Nur RTL hat nix mehr abbekommen und sendet deshalb drei Nächte lang Karneval in Rio. Was ja nur konsequent ist: das ist viel exotischer und verspricht vor allem viel mehr Titten und Ärsche. Nackt versteht sich.
Vielleicht sollte man doch mal wieder ein gutes Buch lesen.