Es war einmal ein User, der hatte drei Dateien. Sie lebten alle zufrieden und glücklich in einem Ordner „Unbezahlte Rechnungen“ und freuten sich ihres Lebens, waren redlich und strebsam – und wurden selbstverständlich niemals ausgedruckt geschweige denn versandt.
Eines Tages war die jüngste der drei Dateien plötzlich verschwunden, und kein Mensch wußte wohin. Da weinte der User bitterlich, so daß ihn die beiden anderen Dateien fragten „Warum weinst du, Vater? Wahrscheinlich macht unser Bruder einen Zug durch die Festplatte und hat sich verirrt, so daß er nimmermehr zurückkommen wird. Also weine dem Liederlichen keine Träne nach.“ Da weinte der User umso bitterlicher.
Dieses biblische Gleichnis illustriert uns eindrucksvoll die Tragödie verschwundener Dateien. Sie sind plötzlich nicht mehr da, und keiner weiß, wo sie geblieben sind. Jean Paul Sartre, der große Existentialist und Dateienkenner, pflegte, wenn das Gespräch auf verlorene Dateien kam, ein kräftiges „Merde!“ zu fluchen, ja, selbst Goethe grämte sich jahrzehntelang über den Verlust einer Datei, welche einen veritablen und kompletten Schlüsselroman enthalten hatte: „Who pops who. Weimarer Vögelkunde“.
Tatsächlich ist es so, daß manche Dateien von ihrem Charakter her zum Ausschweifen, Herumhuren und Saufen neigen. Irgendwann ist ihnen der heimische Ordner zu eng, und sie ziehen in die weite Welt der Festplatte hinaus. Dort streunen sie durch andere Ordner, nehmen hier ein Wort aus einer Textdatei, dort ein Pixelchen aus einer Bitmap, nächtigen in unaufgeräumten Sektoren der Festplatte und wären doch irgendwann gerne wieder zu Hause. Doch ach: Es führt kein Weg zurück. Unwiederbringlich ist die Datei verloren. Wirklich?
Der Hinternet-Profitipp: Nein! Nicht unwiederbringlich! Erfahrene User wissen genau, wie sie einmal verschwundene Dateien wiederfinden können. Und das geht so: Sobald sie eine Datei angelegt haben, machen Sie eine Kopie davon, die sie auf einen externen Datenträger ziehen, z.B. eine CD oder eine Diskette. Ist das Original der betreffenden Datei eines Tages scheinbar verschwunden, kopieren Sie die Kopie vom externen Datenträger auf die Festplatte. Dann öffnen Sie ein WORD-Dokument und schreiben etwa folgendes hinein: „Liebe verschwundene Datei. Wenn du diese Zeilen liest, bin ich sehr traurig. Bitte komm zurück, du weißt ja wie. Dein User.“
Diese neue Datei verknüpfen Sie nun mit der Kopie der verschwundenen Datei (Explorer, Rechtsklick: „Verknüpfen“). Haben Sie dies erfolgreich bewältigt – löschen Sie bitte die Kopie der verschwundenen Datei. Es geschieht nun folgendes: Die gelöschte Datei wird in die unendlichen Weiten der Festplatte geschleudert, wo sie, wenn man Pech hat, mehrere Jahre hilflos umhertaumelt. Eines Tages jedoch wird sie ihr Original wiedertreffen, das ja ebenfalls reichlich hilflos umhertaumelt. Beide stehen sich nun Auge in Auge gegenüber und sagen, fast lippensynchron: „Huch! Das bin ja ich!“ In diesem Moment wird das mit der Kopie verknüpfte Worddokument aufgerufen. Die verlorene Originaldatei liest, was ihr User geschrieben hat, zeigt Reue und verknüpft sich ihrerseits mit dem Worddokument, welches nun die Originaldatei quasi zurück in die Welt des Explorers zieht. Dort braucht sie der erfreute User nur noch auf ihren Alten Platz im Ordner zu legen, und es herrscht wieder eitel Sonnenschein!
Genau so machte es auch unser User mit den drei Dateien. Er herzte die verlorene, als sie endlich zurückgekehrt war, und bereitete ihr ein ganz besonders feines Lager im Ordner „Unbezahlte Rechnungen“, auf das sie dieses nie mehr verlasse. Auch die beiden braven Brüder waren gerührt. Sie sagten: „Siehe, das ist ein guter Hirte, dem das schwarze Schaf mehr wert ist als die weißen! Wir wollen uns jetzt auch auf den Weg machen und verduften, hoffentlich hat der Alte eine Kopie von uns angelegt.“