Um Chef zu werden, braucht man bekanntlich drei Schlüsselqualifikationen: Inkompetenz, Inkompetenz und Inkompetenz. Überall dort, wo Sachverstand verlangt wird, haben Chefs nichts zu suchen, und so verwundert es nicht, daß die wunderbare neue Welt der Computer lange Jahre eine cheffreie Zone war.
Wie herrlich auch war es, als man – zur Hebung der Betriebslaune – den Chef bezwecks Ankaufs einer Netzwerkkarte in den nächsten Computershop schickte, nicht ohne ihm vorher eingebläut zu haben, er solle das Ding mit seiner Bahncard bezahlen, denn dann koste es nur die Hälfte. Oder als wir das Ohr an die Soundkarte hielten und uns wunderten, nichts zu hören, was den Chef sofort zu einer harschen Reklamation bei der Herstellerfirma veranlaßte.
Doch ach!, die schönen Zeiten sind vorbei! Immer idioten- sprich chefsicherer wurden die Rechner, so daß heute die drei großen Problemgruppen der Anwender – Lehrer, Alzheimerkranke und Chefs – spielend leicht mit Computern hantieren. Zu ihrem eigenen Wohle – und zum dauerhaften Schaden der übrigen Menschheit.
Die Entdeckung der PCs durch die Chefs gehört zu den aufregendsten Kapiteln der Weltgeschichte und sei hier mit ihren markantesten Ereignissen geschildert:
1991 – nur noch 78% aller Chefs halten PCs für „Schreibmaschinen mit angeschlossenem Fernsehgerät“. Immerhin 22% wissen schon, daß es „Schreibmaschinen ohne Papier“ sind.
1992 – Generaldirektor Häuble von den Schwäbischen Spätzlewerken Stuttgart nimmt sein Dekret, überall im Hause Mausefallen aufzustellen, zurück. Man hat ihm erklärt, daß es sich bei Computermäusen um Nutztiere handelt, die noch dazu unter Naturschutz stehen.
1994 – Der Vorstandsvorsitzende der St.Blasius Heiltropfen AG verkündet, auch er schicke seine Kinder ab sofort „ins Internat“, sei aber nicht begeistert, daß man dort neuerdings nur surfe.
1996 – Ein Abteilungsleiter des Kaufhauses Tausendsassa in Neckarsulm erklärt in einem vielbeachteten Artikel für die Fachzeitschrift „Der kleine Chef“, bei einer Homepage handele es sich keineswegs um die Lokalseite der Tageszeitung.
1997 – Auf einem dreiwöchigen Lehrgang im Kloster Blaubeuren lernen Manager der arbeitnehmerverarbeitenden Industrie, die Abkürzung „HTML“ zu buchstabieren.
Doch kaum hatten die Chefs gelernt, wie man HTML buchstabiert, da drängte es sie auch schon zur eigenen Homepage. Es entstanden merkwürdigste Internetauftritte mit noch merkwürdigeren Namen wie „Ich-habe-zehn-Leute-unter-mir.com“, „Hinternetcafe.de“ oder „Wenn-das-meine-Mutter-noch-erlebt-hätte.org“, und ihnen allen gemein war der betrübliche Umstand, daß bloßes Erblicken der Seiten zu sofortigem Augenkrebs, baldigem GeschmacksAids und potentiellem Hirnbrand führte.
Das alles wäre wiederum zu ertragen, hätte den Chef an sich seither nicht vollends der Größenwahn gepackt. Er fühlt sich plötzlich als „IT-Spezialist“, der den Azubis der Firma selbstverständlich „den E-Mail-Client“ einrichten muß und sich nun doch wundert, daß von diesem niemals eine Mail empfangen noch verschickt wird. In seiner Freizeit betätigt sich der Chef ehrenamtlich als Privatdozent für alle Fragen rund um den PC: Was ist ein Browser, was kann ich mit ihm anstellen – und wie schließe ich den Kasten an meinen Rechner an? Wann lohnt sich der Kauf eines Internets – und sollte man es in Raten abbezahlen? Warum heißt es UrheberRECHT, aber HyperLINK? Gilt für Netzwerkkarten, die ich mit der Bahncard bezahle, auch der Wochenendtarif?