Party


Diese Platte ist natürlich der Hammer. Das ist so die Art Platte, wo man sich fragt: soll ich sie wirklich rezensieren und damit Einbrecher auf den Plan rufen? Keine Ahnung, was sie wert ist. Aber sie ist wunderschön. Und es sind keine Klassik-Stücke drauf.

Ganz im Gegenteil. Vor allem ist ein Spiel drin. Ja, auf den Innenseiten der Box ist ein Partyspiel. Neckisch, poppig und so, wie Menschen wohl in den 70ern Spiele gespielt haben. Haben sie? Fall ja, melden Sie sich! Vor allem melden Sie sich, wenn Sie bei diesem James Last-Partyspiel ihren Partner kennen- und liebengelernt haben!! Schließlich gibt es hier Spielfelder wie „Liebesgarten“ und „Seitensprung“, aber auch „Mauerblümchen“…

„Viel Spaß! – Und lassen Sie sich recht viel einfallen!“, rät die Spielanleitung zum Schluss. Die Knollennasenmännchen sehen ein bisschen aus wie von Loriot. Und das Layout hat nicht ohne Grund die Firma „pop + art design“ gemacht.

Wer für das göttliche Cover zuständig war, steht leider nicht dabei. Sieht es nicht aus, als gucke James Last aus eine poppigen Fernseher heraus? Ich hab noch eine Heino-Platte, die sieht ähnlich aus. Damals traute man sich noch, die Farben Rot und Pink zu kombinieren. Ich möchte die 70er dafür ausdrücklich beglückwünschen. Auch für zu den fetten – Wohlstand und Optimismus ausdrückenden – „Party“-Buchstaben. Ja, ich bin ein bisschen verliebt in diese Box.

Auch in das aufgemalte Siegel: „James Last. Happy Sound International.“ Wow. Sieht aus, wie das Logo einer sexy Fluglinie. DA würde man gern mal mitfliegen. Vor allem, wenn da die Musik läuft, die auf diesen vier Platten drauf ist. Ich bin ja mittlerweile optimistischer, je älter die Platten sind. Man muss es mal ehrlich aussprechen: vor allem in den 80ern hat James Last viel Schmuh gemacht. Aber in den 60ern und 70ern – vor allem in den frühen 70ern und auch noch kurz vor der Disco-Zeit – da war James Last der helle Wahnsinn. Und genau aus dieser Ära sind die Platten der Box.

„Hits à la Last“ zeigt, was man mit einer Bigband machen: swingen – so sexy, leicht und trotzdem feurig, wie ich es bei niemanden sonst je gehört hab. Der Charme und Optimismus das James Last-Sounds ist letztlich unkopierbar. Da kommt niemand ran, auch der von mir hochgeschätzte Max Greger kann mit den besten Platten von James Last nicht konkurrieren. James Last versetzt sämtliche Moleküle – zumindest meines Körpers – in Bewegung. Bis auf die des Mundes: der steht offen, weil ich immer wieder baff bin über die rasanten, trickreichen Arrangements und die Spielfreude der Band. Let the sunshine in, Happy heart, El Condor Pasa, Lara´s Theme, Blowin´ in the wind… Wer immer noch Häme über den Last´schen Mainstream-Brei verbreiten will, der übersieht, dass Last den vermeintlich so „kleinen Leuten“ verdammt viel Psychedelia untergemischt hat. Die hatten ihre Freude an. Während die Kritiker vermutlich nicht mal reingehört haben und nicht merkten, was ihnen da entging.

Die Rückseite der ersten Platte heisst übrigens „Latin Hammond“ – und damit ist auch der Last´sche Hammond-Sound bei mir wieder voll rehabilitiert. In dieser Zusammenstellung holt Last aus dem Hammond-Sound raus, was ihn erst erträglich bis unwiderstehlich macht: Schmalz, Witz und Besessenheit. Hammond Orgeln haben ´was unfreiwillig Komisches im Klang, finde ich. Aber mit Latino-Klängen und Tanzrhythmen gehen sie die perfekte Ehe ein. Estrellita, Cumana, In a little spanish town, Benita, Wheels… Ich bin entzückt! Man beachte auch, dass James Last nebenbei noch der Erfinder von Franz Lambert ist. Nicht dass ich Beweise dafür hätte – aber wenn ich diese Platte höre, wird mir einiges klar.

Endlich, endlich kann ich mal hören, wie „Swinging Ännchen“ klingt. Bisher kannte ich ja nur das normale Ännchen, das zum Tanz resp. zum Träumen lädt. Swinging Ännchen klingt gut! Mit Knackbass, ausgelasteten Bläsern und einem rührigen Piano. Und die Bläser machen nebenbei noch Geräusche, die ich zumindest bei Last noch nie von ihnen gehört hab: dreckige, verfremdete Geräusche. Ich schätze, nach dieser Aufnahme musste das Orchester erstmal wegen schweren Muskelkaters in Kur geschickt werden. …oder es nahm erstmal den Fuß vom Gas. Die letzten drei der vier Takes sind vergleichsweise soft und Midtempo. Kein allzu großer Unterschied zu den üblichen Ännchen-Platten – die ja durchaus auch swingen. Schade. Aber trotzdem hörenswert.

Von der B-Seite grüßt der beliebte Käpt´n James. Vielleicht war das gemäßigtere Ännchen die Vorbereitung auf ihn… Denn Käpt´n James swingt auch eher leise. Aber freundlich und ideenreich.

Platte 3 enthält einen Seite mit „Instrumentals“. Was angesichts des gängigen Last-Sounds, der auch bei Volks- und Seemannsliedern eher wenig Text enthält, schon lustig ist. Es sind jedenfalls von American Patrol über The more I see you bis zum Drina Marsch eher oldfashioned, klassische Stücke. Mal temperamentvoll, mal majestätisch eingespielt. Aber alle mit diesem Strahlen, diesem großen Ja des Last-Sounds und alle unverkennbar Last! Flott, tanzbar, gutgelaunt. Viel Bläser, viel klassische Bigband.

Ein Dank-Telegramm eines Lehár-Neffen hat James Last einst seine Lehár-Platte eingebracht. (Diese werden dem „Onkel“ neue, jugendliche Hörer zuführen.) Hier zusammengefasst zu „Lehár for dancing“. Flott, schmissig, swingender Operetten-Kitsch. Ich weiß, dass das Wörtchen „Swing“ in Last-Rezensionen inflationär gebraucht wird. Aber was will man machen? Es swingt halt. Manchmal auch weich und schwebend. Und manchmal mit Streichern, so leicht wie gasgefüllte Luftballons…

Die „Golden Non Stop“s auf der vierten Platten sind zackige, rockende Tanzboden-Kracher. Na na hey hey…, In-a-gadda-da-vida, Venus und auch der ein oder andere Volksfest-Song. Im Potpourri mit Partygeräuschen. Und mit rühriger Orgel, Vibes, natürlich viel Blech und Händeklatschen. Das alte Dschungelfeeling nach dem Motto „Klotzen, nicht kleckern“. Wer sich hier nicht bewegt, ist selber schuld.
Aber auch wunderschöne, wie ich finde, zu Unrecht vergessene Lieder sind hier zu finden: The windmills of my mind! The wonder of you. Greensleeves. Wieso hört man die sonst nur noch so selten?? „More Non Stop“ heisst sinnigerweise die letzte Seiter dieser Box. Auch wenn man´s ein bisschen belächeln darf: die Seiten-Titel sind schon süß. Und liebevoll ausgewählt. Das ist die Petersilie auf dem Schnittchen-Teller. Der Apfel im Spanferkel-Maul. Und wie ich „Goodbye Sam, hello Samantha“ liebe! Auch dafür noch mal Danke!! Und eben für diese ganze wunderbare, supertolle Box!!!