Ich wollte es ja nicht glauben. Weinkrimis, Golfkrimis, Eisenbahnkrimis – als das sollte es geben, wie mir Freunde versicherten. Jetzt glaube ich es. Und es ist schlimmer als erhofft.
Das „KrimiJournal“ des →Gmeiner Verlags ist mir in den Briefkasten geflattert. Ein Werbeblättchen für die Krimi-Novitäten des Hauses, soweit nichts Besonderes. Auf der letzten Seite jedoch prangen sie mit ihren bunten Covern: die Weinkrimis, die Finanztriller, die Taucherkrimis und Schulkrimis, ja, sogar einen Einstein-Krimi hat sich wer einfallen lassen und einen Storm-Krimi.
Schön. Nichts dagegen einzuwenden, wenn ein Verlag seine Produktion dermaßen einkästelt. Ich stelle mir nur die Leser vor, die so etwas goutieren. In Buchhandlungen zielstrebig auf die Regale zu gehen, die Hand ausstrecken und sich einen „Ballonerkrimi“ ziehen. Ich stelle mir auch vor, wie es in den privaten Büchersammlungen dieser Leser aussieht. Nichts als Ballonerliteratur. Ballonerliebesromane, Ballonerreiseführer, Ballonersteuertricks, Ballonerkrimis.
Und? Was heißt hier „Weinkrimi“? „Rotweinkrimi“ und „Weißweinkrimi“, bitte, denn ich z.B. will keinen Weißweinkrimi lesen, auf dem nur „Weinkrimi“ steht, und beim ersten Reinlesen in der Buchhandlung merkt man das nicht, und dann les ich, und dann ist es ein „Weißweinkrimi“, und ich mag doch keinen Weißwein, weil ich keinen Weißwein vertrag. Ginge es also nicht auch ein bisschen genauer, lieber Gmeiner Verlag?
Der aber schaut nach einem neuen Geschäftsfeld. Dem SowohlalsauchKrimi, der die potentielle Kundschaft mit einem Schlag verdoppelt. Mona Miskos neuer Krimi „Winzertochter“ etwa ist nicht nur, wie der Titel ja schon hinreichend suggeriert, ein Weinkrimi, sondern auch ein Psychokinesekrimi. Dazu reicht man den Rotwein „Krimi-Blut“, der „exklusiv über den Buchhandel“ verkauft wird. Cross-Merchandising nennt man so etwas.
Ich hab ja bis heute nicht verstanden, warum man nicht etwa zu Wolf Haas „Silentium!“ gleich Plastiktüten gedruckt hat oder, noch besser, Tischfußballspiele „exklusiv über den Buchhandel“ vertrieben. Ich jedenfalls hätt mir eins geleistet und gleich auseinander genommen.
dpr
Hallo dpr,
is´ doch klar, ich lese Alan Furst nur deshalb gerne ,weil Count Janos Polanyi ständig Echezeaux trinkt. Hier warte ich ja immer noch auf das Bundle von Buch und Wein.
Dagegen die Typen die ständig Bier und Schnaps saufen, was soll denn das. Wer ist denn dieser Marlowe, der ständig Schnaps im Schreibtisch hat.
Da hoffe ich ja Hilfe durch Deine interaktiven Krimis, da kann ich dann alkoholische (und sonstige) Präferenzen der Protogonisten genauso vorgeben wie die Location. Das erhöht eindeutig die Identifikation mit Person und Ort.
Im Bereich der Musik sind die Autoren ja schon recht weit. Da „quälen“ einen die musicophilen Autoren und deren Protagonisten (z.B. bei Rankin, Vachss, Pelecanos, G. Phillips) mit ihrer Musik. Da muss man sich ja manchmal mit Musikern auseinandersetzen, die man nicht mag oder (schlimmer) nicht kennt. Und jetzt gehen sie in die Offensive: Von Vachss gibt es eine Musik CD und von Pelecanos im Internet eine ausführliche Darstellung der Musik die er schätzt.
Mit besten Grüßen
bernd
Hallo Bernd,
also Pelecanos‘ Liste find ich gar nicht übel: Graham Parker, Johnny Winter, Ron Sexsmith und – Roland, aufmerken!(private Mitteilung 1) – The Faces… not bad.
Ach ja: Buch angekommen? (private Mitteilung 2)
So, dann mach ich mich mal wieder an „Spill the wine. Ein Chateau LaFitte 1975 Krimi“. I’m a hobo jumping on every fucking train…
bye
dpr