4 Gedanken zu „Sublimiert!“

  1. Vollbeschäftigung wird’s nie wieder geben und so lange die Parteien diesen Umstand verleugnen („Vorfahrt für Arbeit“, „Bürokratie runter, Arbeit rauf“, usw, usw) muß ja irgendjemand schuld sein. Schön für die Politiker, wenn ihnen jemand die Drecksarbeit abnimmt. Und bei allem versändlichen Ärger nicht vergessen: JournalistIn ist kein geschützter Beruf.

  2. Nun, diese Frau wollte eine Reportage drehen über die Erfahrungen von Menschen, die ihre Arbeit verlieren. Und sie hat – ich habe keinen Anhaltspunkt dafür, das sie gelogen hat – in dem Bericht einen nicht unerheblichen Teil ihrer Erfahrungen wiedergegeben und diese dann in der Sendung – zugegeben sehr pointiert – bewertet.

    Wenn ich dies zunächst einmal zur Kenntnis nehme, dann muss ich mir als erstes eingestehen, dass dies nicht in meine Vorstellungswelt passt. Nach dieser Vorstellungswelt sind Arbeitslose höchst motivierte unschuldige Opfer der Verhältnisse bzw. skrupelloser Arbeitgeber, denen Profite über alles gehen; sie sind Opfer der Globalisierung, bla bla bla.

    Selbst wenn es einige sog. „Schmarotzer“ geben sollte, so waren diese nach meiner (bis dahin) gefestigten Vorstellungswelt nur die statistisch notwendige Ausnahme, welche die Regel bestätigt.

    Diese Sendung hat mich nun gezwungen, meine diesbezüglichen Vorstellungen zu hinterfragen. Ich frage mich, ob ich dann, wenn ich dies einfach als tendenziöse Meinungsmache von interessierter neoliberaler Seite wegdrücke, nicht ein genau so verborter Idiot bin, wie all die Stammtischbrüder, deren Äußerungen, so sie an mich herangetragen werden, bei mir einen gewissen Brechreiz erzeugen.

    Bin ich nicht dann sogar auf dem Weg zu einem (gefährlichen) Ideologen, wenn ich nicht mehr bereit ist, Fakten, die mir nicht in den Kram passen, zur Kenntnis zu nehmen und in meine Vorstellungswelt einzubauen? Ich befürchte, ja.

    Meine einfache Antwort auf die in der Sendung vermittelten Informationen ist, dass auch diesbezüglich differziert werden muss. Bei all den Schwierigkeiten, die es macht, die Arbeitswilligen von den Arbeitsunwilligen zu unterscheiden. Und es gilt natürlich auch hier: In dubio für die Arbeitswilligkeit. Und wenn diese nicht vorhanden ist, ist selbstverständlich auch nach den Gründen und der Möglichkeit ihrer Beseitigung zu fragen.

    Und ich weiß von mir selbst, dass ich, sollte ich eines Tages wieder arbeitslos sein, 1000 „Gründe“ haben werde, eine Vielzahl von Arbeiten abzulehnen. Weil mein Stolz, meine Trägheit etc pp. dem entgegen stehen werden.

    Aber dennoch halt ich es für angemessen, dass dann, wenn solche Gründe nicht vorhanden sind, die Gemeinschaft den Arbeitswilligen anders behandelt als den Arbeitsunwilligen. Wobei der Grundsatz der Verhältnismässigkeit wie stets zu wahren ist.

    Eine fertige Lösung, wie diese Differenzierung aussehen könnte, habe ich nicht. Werde aber weiter darüber nachdenken.

  3. In meine Vorstellungswelt gehörten Arbeitsunwillige immer schon hinein – bin ja nicht weltfremd. Ich bezweifle aber weiterhin, dass sie die Mehrheit der Arbeitslosen ausmachen. Und da es nicht einmal für alle Arbeitswilligen genügend Arbeitsplätze gibt besteht kein Grund, diese Sündenbockdiskussion (die ja auch Schröder vor ein paar Jahren versucht hatte) wieder aufleben zu lassen.

    Eigentlich müsste jeder wirklich Arbeitsuchende über jeden „Schmarotzer“ dankbar sein, denn der erhöht seine Chancen, doch noch einen Job zu finden.

  4. Hallo,

    in dieser Sendung war zu beobachten, was seit einigen Jahren wie ein Ritual abläuft: Sobald über Arbeitslosigkeit geredet wird und dieses Reden auch nur in die Nähe dessen kommt, was die Hilflosigkeit dieser Gesellschaft angesichts dieser Arbeitslosigkeit offenkundig werden könnte, wird „der Arbeitsunwillige“ ins Spiel gebracht. Und, schwupps, schon stürzen sich alle drauf. Da kann man sich halt nicht blamieren. Da darf geschlagen, geschimpft, gefordert, lamentiert werden, da sind sich alle einig. Daß wir stramm dabei sind, diese Gesellschaft vor die Hunde zu treiben, weil wir glauben, wir müssten nur „den Sozialstaat“ reformieren, nicht aber diese Gesellschaft selbst, die unter den herrschenden Bedingungen NIE WIEDER eine Vollbeschäftigungsgesellschaft sein kann – kein Wort darüber. Arbeitslosigkeit ist ein Problem der Arbeitslosen. Falsch. Es ist auch ein Problem der Arbeitsplatzbesitzer.

    bye
    dpr

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