Petra Würth / Jürgen Kehrer: Blutmond

Georg Wilsberg ist Fernsehen. Wenngleich im Buch ganz anders als auf der Mattscheibe. Kein Antiquariat, kein Freund Manni und also auch keine running gags („Die Autoschlüssel, Manni!“).
Pia Petry, Serienheldin in den Krimis von Petra Würth, könnte ebenfalls Fernsehen sein. Jetzt hat sie immerhin schon einen getroffen, der im Fernsehen ist, und, Mann!, sie fetzen sich, sie lieben sich, und am Ende rettet Wilsberg Petry vor den handfesten Phantasien eines Sadisten. Aus.

„Blutmond“ spielt im SM-Milieu der schönen katholischen Stadt Münster, mithin in den gehobenen Kreisen, denn arme Menschen lassen sich vom Leben selbst quälen, reiche gehen in einen Club. Dort wird Renate Averbeck, die sich ihrem Mann Jochen vertraglich als „Sklavin“ unterworfen hat, von einem Unbekannten übel zugerichtet. Pia, Petras Jugendfreundin, soll den Fall im Auftrag des Ehemannes klären, Wilsberg wird von den Clubbetreibern zum gleichen Zweck engagiert. So nimmt die Handlung ihren Lauf.

Sie ist so solide, wie sie belanglos ist. Ein Fernsehkrimi in Überlänge, es sei denn, jemand schafft 300 Seiten in 90 Minuten, was nicht ausgeschlossen werden kann, denn auf Details kommt es hier nicht an. Die Familienkonstellation der Averbecks etwa ist selbst sporadischen Krimischauern mehr als geläufig: Der Mann arbeitet in der Firma des Schwiegervaters, eines „Patriarchen“, die berufliche Karriere des Schwiegersohns ist also eng mit seinem ehelichen Wohlverhalten verknüpft, um das es natürlich nicht zum Besten steht, etc.

Zwei Autoren, die, sich von Kapitel zu Kapitel abwechselnd, gemeinsam ein Buch schreiben, müssen gut miteinander können. Bei Würth / Kehrer offenkundig kein Problem. Stilistische Brüche gibt es nicht – leider, kann man sagen, denn wie hier die Sichtweise der Detektivin in die des Detektivs übergeht – und umgekehrt -, spricht nicht unbedingt dafür, dass zwei originäre Spracharbeiter am Werke sind. Die Sprache ist Klischee, die Handlung ist Klischee, von den Personen wollen wir gar nicht reden.

Ist halt Fernsehen. Samstagabend im ZDF. Man könnte sich wirklich eine Flasche Bier gönnen und die Chipstüte langsam leerfressen, während uns Würth / Kehrer mit SM-Praktiken und – Praktikanten unterhalten. Okay, Manni fehlt. Auch der in der Wilsberg-Serie ja durchaus zu erahnende Wortwitz. Aber sonst? „Blutmond“ gehört zu jener Sorte Krimis, die bis auf die Basics skelettiert sind: Spannung (wer war’s wie?), die dazu notwendigen Verwicklungen und Irrwege, Action, etwas Sex, eine Prise verdaulichen Humors. Wer nicht mehr von einem Krimi erwartet, wird gut bedient.

Petra Würth / Jürgen Kehrer: Blutmond. 
Grafit 2005. 319 Seiten, 9,95 €

2 Gedanken zu „Petra Würth / Jürgen Kehrer: Blutmond“

  1. Du hast ja so recht, aber manchmal (ich las das Buch bei 30 Grad im Schatten auf dem Balkon) braucht man auch solches Futter. Wenn man natürlich wirklich Gutes lesen will, dann greife man z. B. zum neuen Robert Wilson, (obwohl der eigentlich zu lang ist wie so viele Krimis heutzutage).

  2. Moin Joachim,

    meine Rede. Aus diesem Grund verbringt man wohl auch so manch trübe Stunde vor dem Fernseher, wenn der Mord zum einen Auge rein und zum andern wieder raus rauscht und man hernach abschaltet und weiß, dass man, als man eingeschaltet hat, eigentlich nur abschalten wollte, d.h. das Gehirn nicht groß einschalten… So kompliziert ist die Menschennatur!

    bye
    dpr

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