Jógvan Isaksen: Endstation Färöer

Von den umstürmten Inseln im Nordatlantik weiß man wenig. Wer mit dem Schiff nach Island fährt, hat dort ein paar Tage Zwangsaufenthalt, die man zum Lesen eines Krimis nutzen kann. Jetzt auch zum Lesen eines original färingischen Krimis.

Dem in Kopenhagen wohnenden Jógvan Isaksen verdanken wir also diesen ersten Krimi von den Färöer. Um es vorwegzunehmen: Eine solide Basis für mehr, kein Qualitätsstandard, an dem die Nachfolger zwangsläufig scheitern müssen, aber auch nichts, wofür sich spätere Autoren zu schämen hätten.

Die Story selbst ist solide Krimiware. Der Journalist Martinsson, wie sein Schöpfer in Dänemark ansässig, kehrt auf die heimatlichen Inseln zurück, wo seine frühere Freundin und ebenfalls Journalistin Sonja auf mysteriöse Weise von einer Klippe in den Tod gestürzt ist. Berufsmäßig beginnt Martinsson zu recherchieren, der letzte Freund der Toten macht Andeutungen, doch bevor er Näheres erzählen kann, ist auch er tot, ermordet. Und so weiter.

Was wie ein klassischer Whodunnit anhebt, ist aber keiner. Sehr schnell – und eigentlich etwas zu schnell – dringt Martinsson zu Sonjas Geheimnis vor. Es geht um alte Nazis aus Südamerika, einen merkwürdigen Schoner im Hafen, Erpressung, einen Schatz. Der Showdown wird erwartungsgemäß in schönster feringischer Natur inszeniert, rasant durchaus, doch ohne große Überraschungen. Nein, „spannend“ im klasssischen Sinn ist „Endstation Färöer“ nicht, aber doch gekonnt unterhaltsam.

Über Land und Leute erfahren wir so einiges, etwa dass die halbwegs erwachsene Bevölkerung in „Bierclubs“ abhängt und der Zivilisation auf ähnliche Weise und mit vergleichbarer Inbrunst huldigt wie anderswo auch. Ein „Regionalkrimi“, der uns mit touristischen Informationen versorgt, ist das Buch aber gottlob nicht.

Wie gesagt: Der erste färingische Krimi reiht sich ein in die Kette nach dem üblichen Schema gebauter Romane und liest sich entsprechend weg. Man merkt schon noch, dass es dem Autor an Erfahrung und vielleicht auch Souveränität fehlt, seine Geschichte bruchlos und wenigstens auf den ersten Blick logisch zu erzählen. Das geht zu schnell, die Bösen sind auf den ersten Blick böse, alles fügt sich ein wenig zu nahtlos, will sagen gewollt zum Ganzen. Der Held immerhin ist ausbaufähig, nicht so dauerdepressiv wie andere aus den Nordischen, trinkfest und durchaus humorbegabt, erotischen Eskapaden nicht abgeneigt, zum seitenlangen Philosophieren nicht willens, wofür ihm gedankt sei. Doch, doch, warten wir auf das Nachfolgewerk und schauen, wie sich der Autor entwickelt.

Jógvan Isaksen: Endstation Färöer. 
Grafit 2006. 252 Seiten, 8,95 €

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert