Andreas Hoppert: Zug um Zug

Der Kriminalroman als Schachaufgabe: Vorbereitung – Eröffnung – Mittelspiel – Endspiel. Akkurat nach diesem Muster hat Andreas Hoppert seinen neuen Krimi „Zug um Zug“ aufgebaut, einen „Gerichtsthriller vom Allerfeinsten“, wie der Klappentext klappert und tollkühn hinzufügt: „die deutsche Antwort auf Grisham“. Naja. Ein gelungener Krimi aus dem Gerichtsmilieu – das reicht doch auch, oder?

Der Jurist Marc Hagen, nach einem Betrugsversuch seiner Anwaltszulassung ledig, arbeitet im Büro von Irene von Kleist, einer einstmals geschätzten, nun aber dank Alkoholmissbrauch vor der beruflichen Aus stehenden Anwältin. Die Jobs sind rar, und so nimmt man alles was da kommt, auch die Vertretung des arroganten Hasso von Neuendorff, der wegen Wilderei angeklagt ist. Der Fall regelt sich – und ist der Auftakt eines weitaus schwerwiegenderen. Von Neuendorff wird beschuldigt, seine Lebensgefährtin aus Geldgier ermordet zu haben. Keine leichte Aufgabe für Hagen und seine labile Chefin.

Schach also. Dafür eigenen sich Krimis, die über weite Strecken im Gerichtssaal spielen, natürlich vorzüglich. Es gibt Regeln, es gibt eine ehrgeizige Staatsanwältin, Gutachter und teils dubiose Zeugen, mithin genügend Figuren auf dem Brett, die bewegt werden wollen. Hoppert gelingt das auch nicht schlecht, sieht man einmal davon ab, dass im Schach wie im Schachkrimi manch Routinezug vorgenommen werden muss, der notwendig ist, uns aber nicht gerade von der Couch haut. Erschwert wird das noch durch Vergangenheit (Hagen) und Gegenwart (von Kleist) der beiden Verteidiger, aber deren Probleme drängen sich gottlob niemals in den Vordergrund, so dass uns tiefere und der Handlung nicht förderliche Einblicke in das Seelenleben der Protagonisten erspart bleiben.

Rasch wird klar, dass bei dieser Partie ein Unbekannter mit am Tisch sitzt. Von Neuendorff ist unzweifelhaft das Opfer eines Komplotts. Anonyme Briefe belasten ihn, doch wer steckt dahinter? Der Geschäftspartner, der sich vom Angeklagten betrogen fühlt? Die Tochter einer früheren und unter merkwürdigen Umständen verschwundenen Lebensgefährtin von Neuendorffs? Gar die junge Staatsanwältin, die ein düsteres Geheimnis in sich trägt?

Das Ende, soviel sei verraten, ist eine Überraschung, jedenfalls für Nichtjuristen. Und das anscheinend so reglementierte Schachspiel entpuppt sich als kalkuliertes Hasard. Figuren sind Spieler, Spieler Figuren, Züge werden gegen die Regeln unternommen. Sehr schön das alles.

Hoppert, im Brotberuf Richter, ist ein solide durchkonstruierter Krimi gelungen, der seine Leser aufs Glatteis führt, ohne sie auf den Hintern fallen zu lassen. Das liest sich gut – auch für Verächter des Schachspiels.

dpr

Andreas Hoppert: Zug um Zug. 
Grafit 2006. 349 Seiten. 9,95 €

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