Nicht lachen, bitte!

k_krimis.gif

Ich lache gern. Ich bin Beamter. Ich lache gern, weil ich Beamter bin. Ich stehe jeden Morgen vor dem Spiegel und sage meinem Gegenüber: „Gehalt auf Lebenszeit, Alter. Garantiert.“ Dann lacht auch mein Spiegelbild und hat mehr Falten im Gesicht als Michael Jackson am Hintern. Nur beim Krimi – da soll mir das Lachen gefälligst vergehen.

Da bin ich mit dem Franz Schuh einig, der anlässlich einer Besprechung von Andrea Camilleri geschrieben hat: „Mir kommt vieles zu harmlos vor, wobei Harmlosigkeit mir stets willkommen ist, wenn sie eben nichts, was härtere Schilderungen benötigt, »verharmlost«.“ (Ein Zitat übrigens aus dem „Krimijahrbuch 2006“, auf das ich hier verweisen muss, widrigenfalls mir dpr – Zitat – „den Beamtenarsch versohlt“).

Denn „witzige Krimis“ verharmlosen. Schon Lessing forderte vom Theater, es solle Schrecken verbreiten, auf dass die Zuschauer geläutert würden, und der Krimi von heute ist die Tragödie von gestern, und da ist jeder Lacher ein Lacher zuviel. Erschreckt’s mich, damit ich zukünftig besser zwischen Gut und Böse unterscheiden kann, wenn ich lachen will, kann ich auch in den Keller gehen, dort liegen meine Donald-Duck-Hefterln.

Der erste „lustige Krimi“, an den ich mich erinnere, war Dashiel Hammetts „Der dünne Mann“. Er bezieht seinen Humor vor allem aus den Faustschlägen, die Nick Charles seiner Frau Nora verpasst und der Situationskomik eines Hundes namens Asta, der immer, wenn die Ganoven die Knarren ziehen, ängstlich unters Bett kriecht.

Lustig war auch Chandler, vor allem in der deutschen Übersetzung von Hans Wollschläger, der aus einem „long drink“ einen „langen Drink“ machte und darob schwer beschimpft wurde. Das Lustigste daran: Wollschläger lag mit seiner Übersetzung völlig richtig, blamiert haben sich seine Kritiker.

Die wirkliche Welle der Witzigkeit indes schwappte von Österreich aus über uns schwermütig-tiefgründige Teutonen. Kottan ermittelt. Sie erinnern sich? Gut, das war nur Fernsehen und insofern zu verkraften. Dann aber kam Wolf Haas. In seinem Gefolge Heinrich Steinfest. Undundund. Dann kamen die Wolf-Haas-Epigonen, in ihrem Gefolge die Heinrich-Steinfest-Epigonen. Das war zwar nun weniger witzig, aber dafür umso schlechter, so dass man vor lauter Lachen laut heulen musste, was nun der Lessingschen Theorie vom karthartischen Schrecken eine völlig neue Wendung verpasste.

Aber nein, ich bleibe dabei: No laughter please, I’m just reading a crime novel. Krimis sind eine ernste Sache, denn der Tod ist eine ernste Sache und das Schreiben von Krimis generell ist eine ernste Sache. Da kann man nicht wie der böse Shayol-Verlag einfach daherkommen und eine neue Reihe namens „funny crimes“ präsentieren! Schäm dich, Shayol! Schäm dich, Joe R. Lansdale, der du die Reihe eröffnen wirst, gemeinsam mit Malcolm Pryce. Ich habe dem Herrn dpr schon angeraten, ein besonderes Augenmerk auf diese Produkte zu haben und bei nächstbester Gelegenheit zu geißeln. Gleiches gilt auch für die üblichen Verdächtigen, Österreicher voran, diese Vertreter eines ridikülen Volkes, dem irgendwann einmal die Alpen auf die Hirnschachteln gebröselt sein müssen, dass sie jetzt ständig vor sich hin retardieren und lustig!lustig! sind. Gut nur, dass Thomas Bernhard, der komischste Vogel von allen, niemals einen Krimi geschrieben hat. Da wäre einem das Lachen vor lauter Schrecken im Halse steckengeblieben und Lessing hätte – „Habs ja gesagt!“ – uns aus dem Grabe zugenickt.

Freundlichen Gruß
Ihr K.

(Herr K. arbeitet als Sachbearbeiter bei der Oberfinanzdirektion Oberursel. Seine aktuellen Lieblingskrimischreiber sind Patricia Hightsmith, Friedrich Dürrenmatt und, bis vor kurzem, Astrid Paprotta, aber dann hat ihm dpr stringent nachgewiesen, dass A.P. auch lustig sein kann. Wenn es ihm die Zeit erlaubt, wird Herr K. seine Mittagspausen weiterhin dazu nutzen, den Krimi zu erklären.)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert