Prospektives 2

vorschau_2.jpg

Die gute Nachricht: Bald gibt es neue Krimis. Und die schlechte: Sie sind noch nicht da. Aber Vorfreude ist der erste Schritt zum Lesespaß und deshalb hier die zweite Folge eines genüßlichen Streifzugs durch die Prospekte führender deutscher Krimiverlage, den Spätsommer und den Herbst 2006 betreffend.

Einige Titel, auf die ich mich, aus welchen Gründen auch immer, vorfreue. Die Edition Nautilus macht ihr Versprechen wahr und startet die zweite Serie von „kaliber .64“, 64 Seiten und Schluss, Regula Venske, Horst Eckert und Frank Göhre schreiben diesmal und verhelfen hoffentlich der „Kriminalerzählung“ zu einer Renaissance. Die erste Serie ist von der Kritik recht zwiespältig aufgenommen worden. Aber hier ist Geduld vonnöten. Die Form ist ungewohnt, wenn man im Alltagsschreiben die 300-Seiten-Marke vor Augen hat. Erzählung ist nicht Roman, das Timing ist ein anderes, die Schwerpunktsetzung auch. Muss man sich umstellen. Jedenfalls wird der Rezensent auch diese zweite Serie wieder mit „Lesen in einem Zug“ kritisch begleiten.

Die Messlatte liegt hoch für Norbert Horst, seit „Todesmuster“ nicht nur gepriesen, sondern auch mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet wurde. „Blutskizze“ ist Kommissar Kirchenbergs dritter Fall. Für November als Goldmann Taschenbuch angekündigt und schon fest auf meiner Rezensionsliste.

Noch nicht in den Prospekten: Neues aus dem Rheinmain-Gebiet, wo so wenig los zu sein scheint, dass man die tristen Abende mit Krimischreiben verbringen muss. Aus zuverlässiger Quelle ist Feuerteufeln die Rede, letztere hoffentlich nicht aus den Wortspielhölle. Wir werden sehen. Und lesen.

Sich auf Andrea Camilleri freuen ist wie sich auf Pasta freuen. Es wird schon schmecken, und wenn man keinen Hunger mehr hat, hört man einfach auf. „Die Passion des stillen Rächers“, für September in der feinen edition Lübbe als Hardcover angekündigt, zeigt uns den von einer Schussverletzung genesenen Commissario Montalbano im Strudel eines neuen Falles. Täusche ich mich oder lese ich Camilleri tatsächlich der glänzenden Miniaturen wegen, die in seinen Texten immer wieder zu finden sind? Ist es gar nicht „der Fall“ an sich, „die Lösung“, die mich interessieren? Kann schon sein. Manchmal lese ich drei Seiten, plötzlich ein Stück Dialog, eine Beobachtung – und dann klappe ich das Buch zu. Hat schon wieder gereicht. Gut geschmeckt. Der nächste Hunger kommt bestimmt.

Von allen nordischen Krimis, die ich im vorigen Jahr gelesen habe – es waren, zugegeben, nicht mehr SO viel – konnte mich Pentti Kirstiläs „Nachtschatten“ am ehesten überzeugen. Ach was, am ehesten! Er HAT mich überzeugt. Skurril sind sie ja schon, die Finnen, aber Kirstiläs Held Hannhivaara ist es auf eine besonders hintergründige Art. „Schwarzer Frühling“, für Oktober bei grafit angekündigt, wird sehnlichst erwartet.

Und sonst? Gilt wie immer: Ich lass mich überraschen. Vielleicht ein neuer Debütant, eine neue Debütantin, wo man, wie zu Jahresanfang bei Andrea Maria Schenkels „Tannöd“, verblüfft wird ob der Selbstverständlichkeit, mit der hier Krimi und Qualität zusammenkommen? Darauf bin ich nun wirklich gespannt.

4 Gedanken zu „Prospektives 2“

  1. ja, bei camilleri sind es die kabinettstückchen und die seitenhiebe gegen die politik, die man gern liest (und die gegen die trottel, die den kommissar im präsidium umgeben). ein guter fall-erzähler ist er nicht – ich habe noch nie durchgeblickt, was für verdächtige montalbano gerade hat. das blickt er aber auch selber nicht, sondern er errät sie in einem autoritäten akt („bin schon auf seite 350!“) unter einem olivenbaum. macht ja nix. bei haas blicke ich`s ja auch nicht. macht auch nix. wer verdächtige blicken will, sollte edgar wallace lesen oder agatha christie.

  2. Stimmt, Jürgen! „Idylle der Hyänen“, im August bei Zsolnay. Wollte Ani keine Krimis mehr schreiben? Die Inhaltsangabe bei Amazon jedenfalls klingt doch verdammt -äh – krimiesk.

    bye
    dpr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert