Okay, das ist nix Neues, ich entscheide mich beim ersten Absatz,

ob ich ein Buch kaufen will oder nicht. Oder spätestens beim zweiten. Dann floppt es manchmal noch zu Hause innerhalb der ersten zehn Seiten (dann kommt das Buch in den Familienverteiler).

Nach dieser Methode haben vorhin beim Antiquariat Christmann in Wiesbaden (die haben eine Krimiecke; zentrale Lage direkt neben dem Marktplatz, der Laden zum den-Bestand-aufkaufen) folgende Bücher meinen Schnelltest bestanden:

Val Mc Dermid: Clean Break

Patricia Highsmith: Ripley`s Game

Celia Fremlin: Klimax oder Außerordentliches Beispiel von Mutterliebe

Jason Starr: Top Job

Joan Aiken: Hass beginnt daheim

Die ersten Absätze im Einzelnen:

Val McDermid, Clean Break
Ich verstehe nicht viel von Kunst, aber zumindest weiß ich, was mir nicht gefällt. Gemälde, die auf Wanderschaft gehen, nachdem ich die Sicherheitsanlage installiert habe, mag ich nicht. Vor allem dann nicht, wenn ich gerade meinen Partner für zwei Monate zu den Antipoden geschickt habe, mit der seelenruhigen Versicherung, dass ich während seiner Abwesenheit schon klarkomme.“

Patricia Highsmith, Ripley`s Game
„Es gibt keinen perfekten Mord“, sagte Tom abschließend zu Reeves. „Das ist doch nichts als Spielerei, wenn einer versucht, sich so was auszudenken. Ungelöste Mordfälle, die gibts natürlich haufenweise, aber das ist was ganz anderes.“ Das Gespräch begann ihn zu langweilen. Er ging vor dem Kamin auf und ab, in dem ein kleines Feuer gemütlich prasselte. Seine Worte hatten etwas steif und anmaßend geklungen, das fand er selber; aber es war nun einmal so – er konnte Reeves diesmal nicht helfen und hatte ihm das auch schon auseinandergesetzt.

Celia Fremlin, Klimax, oder Außerordentliches Beispiel von Mutterliebe
„Aber schließlich will sie doch Mervyn heiraten“, sagte ich verärgert. „Mervyn, und nicht seine Mutter.“
„Große letzte Worte“, antwortete Peggy.

Jason Starr, Top Job
Normalerweise hätte ich nichts gesagt. Ich hätte sie wie ein echter New Yorker wütend angestarrt, vielleicht kurz geknurrt und mich um meine eigenen Angelegenheiten gekümmert. Doch an diesem Morgen war alles anders. Vielleicht kamen die Dinge in meinem Leben schon ins Rollen und trieben mich auf den Abgrund zu. Vielleicht hatte ich mich gestern abend mit meiner Freundin gestritten, und heute morgen war sie zur Arbeit gegangen, ohne sich zu verabschieden.“

Joan Aiken, Hass beginnt daheim
Harry Lupac wartete auf das Mädchen, das er ermorden wollte. Er war unruhig vor Erwartung, wie eine Braut vor dem ersten Besuch ihrer Schwiegermutter, betrachtete sich nervös im Spiegel, leerte einen leeren Aschenbecher, rieb unnötigerweise an einem Fleck auf dem Tisch. Er hatte noch nie einen Mord geplant, und das Planen machte ihn gereizt, denn es war nicht seine Art, Probleme im voraus zu lösen: Er tat es jetzt nur aus schierer Notwendigkeit. Er starrte aus dem Fenster auf den Pfad, den sie heraufkommen würde.
Noch niemand.
Ob sie hübsch war?

Highsmith ist natürlich grandios. (*Hand an der Stirn)

Anobella

4 Gedanken zu „Okay, das ist nix Neues, ich entscheide mich beim ersten Absatz,“

  1. He holla! Und ich dachte schon, was schreibt denn dpr da für ein Zeug? Was macht der überhaupt in Wiesbaden? Und dann: Highsmith, Aiken: Hat der die Qualität entdeckt? Dabei ist es die neue Chefredakteurin höchstpersönlich! Auguri!

  2. Walter ist doch der Chefredakteur … 😉

    Ich muss auf „Watching the detectives“ … *flüstert … nur aufpassen, dass ich den Rezensenten nicht in die Quere komme … aber ich rezensier ja nicht, ich blogge nur.

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