Literaturbeilage … Anfangs glaubt man, (Ihr Held) Herr Kowalski erzählt uns die Geschichte seines Freundes Riemer. Haben Sie diesen Eindruck beabsichtigt?
Wolf Haas Ich muss zugeben, dass man da nicht unbedingt die Wahl hat. Ein Typ wie Riemer kann hinkommen, wo er will, und er erweckt den Eindruck, dass er die Hauptfigur ist.
Literaturbeilage Sie argumentieren, eine reale Figur hätte Ihnen keine Wahl gelassen? Da kommen mir doch einige sehr dezidierte Aussagen zu Ihren früheren Büchern in den Sinn, wo Sie sich stets von dem naiven Realismus distanzieren, der die meisten Krimis kennzeichne.
Wolf Haas Das hab ich früher nur gesagt, weil ich zu faul zum Recherchieren war.
Wolf Haas in seinem neuen Buch, dem Nichtkrimi Das Wetter vor 15 Jahren, Hamburg 2006
Anobella
Ah, neue Chefredakteurin…
Was geht denn hier ab? Wer isst den da von meinem Tellerchen? Chef!!! Ich fordere Aufklärung! Heißt das, ich werde auch bei Hinternet gefeuert? Und durch eine Frau ersetzt? Lest mehr Eva Herman, Leute!
bye
dpr
*fragt mal gleich bei Ludger nach, ob er nicht einen Gastkritiker braucht
Wer wird sich denn gleich aufregen. Nur weil man Dich bei der Beförderung übergangen hat und Dir eine Anobellla vor die Nase gesetzt hat.
Und hör auf, Ludger falsche Hoffnungen zu machen. Knebelvertrag bleibt Knebelvertrag!
Und jetzt schön weiterbloggen!
Ludger hat schon einen neuen Gastkritiker, bzw. einen neuen Chefredakteur: Anobella. Du bist, dpr, auch hier zu spät dran.
walter und ich wollten dich überraschen, dpr! ich hoffe, dass raphael noch ein bildchen von deinem gesicht zeichnet, als du meinen beitrag auf deinem bildschirm entdeckt hast!
natürlich würde ich mir ein bisschen mehr INHALTLICHE auseinandersetzung mit den von mir vertretenen positionen auf watching the detectives wünschen als nur „ICH GEH ZU LUDGER, EY!“
*mahnt
ich sehe meine aufgabe hier darin (**fasst zusammen), dass wenn hier vermeintliche wahrheiten postuliert werden wie zum beispiel „wolf haas ist unrealistisch“, ich das ein bisschen gegenbürste, weil man gerade bei der lektüre seiner krimis dauernd „ge-nau so is-ses!“ in die nacht hinausruft.
***dübelt ihr regal in die wand
Ja, ja, ich habe dich von Anfang an für eine Opportunistin gehalten, die seriöse Krimiblogs unterwandert! „Pass auf“, hab ich zu Raphael gesagt, „mit der werden wir noch Ärger kriegen.“ Natürlich hat Raphael das nicht geglaubt. Wenn der Bursche einen Rock sieht, ist es auch um seinen Restverstand geschehen. Und jetzt wird „gegengebürstet“! Welche Referenzen hast du eigentlich? Hast du vielleicht Krimi studiert? Bist du mit den BESTEN auf Du und Du, so wie ich? Fragen DICH gestandene AutorInnen um Rat? Wer zittert vor deinem Urteil? — Ich habe schon den Betriebsrat und die Gewerkschaft eingeschaltet. Das lasse ich mir nicht bieten! Ansonsten: Willkommen beim Hinternet, dort, wo der zukünftige Chefredakteur schon ungeduldig am Schnuller zuzzelt.
bye
dpr
🙂
„ich sehe meine aufgabe hier darin (**fasst zusammen), dass wenn hier vermeintliche wahrheiten postuliert werden wie zum beispiel „wolf haas ist unrealistisch“, ich das ein bisschen gegenbürste, weil man gerade bei der lektüre seiner krimis dauernd „ge-nau so is-ses!“ in die nacht hinausruft.“
Richtig!
Und auch richtig, dass Haas den Leser auch über einen Bierdeckel schwindlig schreiben kann.
Aber wie wäre es, wenn Du gegen die vermeintliche Wahrheit bürsten würdest, Haas schriebe Krimis ?
Beste Grüße
bernd
Jaaaa, endlich! Mobbing bei Hinternet! Gibs ihr, Bernd! Ich habe auch schon veranlasst, dass ihr beiden heute mittag Wackelpudding bis zum Abwinken bekommt, damit ihr euch mit dem Zeug bewerfen könnt! Klein-Vincent freut sich auch schon auf die Wackelpuddingschlacht!
bye
dpr
*fordert ein lebendiges Betriebsklima mit vielen Toten
lieber bernd, das gute an haas ist ja, dass er mich – und sich selbst – schon gegenbürstet, indem er sagt, er sei zu faul zum recherchieren gewesen.
😉
*schlägt dpr ihren fächer über den kopf
Liebe anobella,
das Gute an Haas ist, dass er brüllend lustig schreiben kann !
Das Gute ist ferner, dass er Leute zum Lesen bringt, die diesem sonst eher distanziert gegenüberstehen. Wenn er das auch dadurch erreicht, dass er behauptet Krimis zu schreiben, soll es mir recht sein.
Im Grunde kann es mir auch egal sein. Aber ich finde, es geht an der Sache guter Krimis vorbei, wenn Du behauptest, er schriebe nicht nur gute Bücher sondern auch noch gute Krimis.
Meine Reaktion ist in sofern paradox, als dass ich die Frage, was ein Krimi ist, in den heutigen Zeiten literarischer Libertinage eigentlich für nicht mehr zeitgemäß halte.
Aber diese literarischer Libertinage gibt doch nicht jedem begabten Schriftsteller das „Recht“ ein Text zu verfassen, dort einen Mord unterzubringen und dann zu behaupten, er/sie hätte einen Krimi, gar noch einen guten Krimi geschrieben. Aus Marketingrunden mag ein derartiges Vorgehen ja legitim sein, aber, hier nehme ich einfach mal eine Anleihe bei TW, auch dieses wird das „Genre in seinen ästhetischen und erkenntnistheoretischen Potentialen um Jahrzehnte zurückbombten.“
Steinfest zum Beispiel. Habe auch nur ein Buch von ihm gelesen, kann es also schlussendlich nicht beurteilen, aber das ist doch kriminalliterarische Onanie, nett anzuschauen, aber nicht wirklich stimulierend.
Beste Grüße
bernd
PS: Ob Haas sich oder wen anderes abbürstet, bleibt spekulativ. Dazu müsste er mir erst einmal beweisen, dass er nicht nur versucht die Öffentlichkeit zu veräppeln.
was aber spräche gegen das veräppeln?
abgesehen davon ziehen mich bei ihm neben dem reinen sprachwitz auch die liebevollen charaktere an. der brenner ist schon ein richtiger kommissar, beziehungsweise detektiv. du musst einen kommissar/detektiv ja erstmal so fassen können, das ist ja kein reisebürokaufmann …
Liebe Anobella,
gegen veräppeln spricht gar nichts. Legitimes Stilmittel. Nur damit kann ich seine Aussagen natürlich nicht verbatim nehmen.
beste Grüße
bernd
also ich habs ja nicht so mit den kategorien … einer meiner lieblingskrimis – werd ich hier besprechen! obwohl uralt! – ist von celia fremlin, er heißt die stunde vor morgengrauen (grob geschätzt) – das EINZIGE, was daran krimi ist, ist die leiche am schluss. ansonsten ist es psychodrama, ehekrieg, kinderwahnsinn … aber mir reichts. im vergleich dazu hält sich der haas noch VORBILDLICH an die üblichen ermittlungsparameter leiche, detektiv und wer hats getan.
und celia fremlin ist ebenso eine grenzgängerin zwischen krimi und belletristik wie joan aiken.
*sortiert ihren haas in ihr neues regal
**ein strauß blümchen dazu
nach all dem, was ich jetzt mitgekriegt habe, halte ich mich erst recht an Wörtche: der KR handelt „in sowohl typologisierten als auch ‚freien‘ Erzählmustern von Verbrechen und deren Aufklärung“ und ist als „nicht-subventionierte Literatur […] unmittelbar an Markmechanismen“ gekoppelt. Damit kann man arbeiten, z. B. Wandel rekonstruieren.
schön, in der erklärung ist der haas enthalten, aber nicht fremlin und aiken.
*wiegt mit dem kopf
an JL: Sowohl typologisiert als auch frei? Das heißt, er ist alles. „Als nicht-subventionierte Literatur an Marktmechanismen gekoppelt“? Völlig nichtssagend, das. Tut mir leid, TW.
Neenee, da ist meine Erklärung, „ein Roman ist ein erzählendes Werk von über 200 Seiten“ ja schon richtig differenziert dagegegen. Neenee.
„Nur damit kann ich seine Aussagen natürlich nicht verbatim nehmen.“
Bernd: Kann man in einem Roman ja sowieso nie. Oder?
Lieber Georg, es sind drei Merkmale: Sujet, Subvention, Schema (um des Reimes willen …), die wiederum selbst- (d. i. literaturspezifische) und fremdreferentielle Aspekte haben (da muß ich jetzt nicht aufzählen, aber man könnte kategoriell versuchsweise zwischen Diskursen, Systemen, Narrativik unterschieden). Vogt (auf den Sie sich direkt oder indirekt beziehen) hat nur zwei dieser Merkmale: „längere Erzählwerke, die thematisch auf die Ursachen u. Umstände, bes. aber die Aufdeckung von Verbrechen (meist: eines oder mehrerer Morde) gerichtet u. mehr oder weniger eng an ein standardisiertes Erzählmuster gebunden sind“ – womit ihm beispielsweise die krimispezifische Koppelung von ästhetischer und wirtschaftlicher Perspektive entgeht. Letztere ist aber wichtig im Hinblick auf die Rolle krimibezogener Aussagen (z. B. Rezensionen). Aber das alles ist am frühen Morgen in’s Unreine gesprochen. Schönen Tag!
Na, Georg, zu deiner ungemein präzisen Romandefinition hab ich ja schon auf deinem Blog was angemerkt… Nur: Wieso ist es „nichtssagend“, wenn man feststellt, dass nicht-subventionierte Literatur an Marktmechanismen gekoppelt ist? Einmal ist es die blanke Wirklichkeit, außerdem wirkt sich dieser Umstand ja durchaus auf den Schaffens- und Produktionsprozess aus. Und vielleicht ist Krimi deshalb das lebendigste Prosagenre, WEIL nicht subventioniert wird? Und vielleicht auch deshalb zugleich das toteste? Hört sich paradox an, ist es aber nicht. Think about it.
bye
dpr
Nichtssagend ist es, weil es nichts sagt, weil es ganz und gar selbstverständlich ist, dass Literatur an Marktmechanismen gekoppelt ist. Tendiert also der Satz zur Nullaussage.
Gibt es wirklich eine „krimispezifische Koppelung von ästhetischer und wirtschaftlicher Perspektive“? Ist nicht jedes Werk, das auf dem Markt reüssieren will, gekoppelt?
selbstverständlich, lieber Georg, ist „jedes Werk“ an den Markt gekoppelt, aber genau da klinkt die Unterscheidung ’subventioniert — nicht-subventioniert‘ ein. Überlegen Sie sich einfach mal, daß sich im Fall der subventionierten Literatur eine Rezension nicht nur an Leser=Käufer richtet, sondern auch an die Mitglieder subventionierender Instanzen (Preisrichter, Gutachter etc.). (Immer systematisch gesprochen, denn auch Krimi ist nicht (mehr) gänzlich unsubventioniert.) Grüße.
Auch nach längerem Überlegen fällt mir nur ein Beispiel für subventionierte Literatur ein: Bücher, Broschüren etc, die von Literaturhäusern oder Stiftungen herausgegeben werden. Marginal für den Markt. Was gibt es denn sonst noch für subventionierte Literatur?
Lieber Georg,
fast die komplette „junge deutsche Literatur“ ist subventioniert durch Preise, Stipendien etc. Diese Literatur ist nicht an Markt-, sondern „Betriebsmechanismen“ gekoppelt, wie es JL ja schon andeutet. Du existierst als Autor nicht, weil du Bücher verkaufst, sondern weil man dich von übergeordneter Stelle dafür belohnt, Texte geschrieben zu haben. Ich kenne AutorInnen, die nur deshalb einigermaßen „von ihrer Schreibe leben“ können, weil wenigstens ein Grundexistenzminimum auf diese Weise zustandekommt. Verkaufszahlen sind dabei völlig nebensächlich, weil marginal.
bye
dpr
auch krimis werden subventioniert durch preise, stipendien, verbandsmitgliedschaften, vereinigungen, lesungen, festivals, kriminächte, hotelkilleraufenthalte … ich hab den faden in eurer diskussion verloren: das argument soll noch mal für was stehen?
*kratzt sich am kopf
Ja, Beste, aber betrachte dir mal die Relationen…äh…ja…den Faden hab ich jetzt auch verloren…
bye
dpr
danke, mein lieber … meiner ansicht nach fing die diskussion damit an … *lass mich gern korrigieren … dass bernd sagte, vielleicht schreibt wolf haas keine krimis. das stimmt meiner ansicht nach weder nach der freieren definition noch nach der klassischen. ich meine zu bemerken … *lasse mich gern korrigieren … dass man, je engere grenzen man dem krimi zu stecken versucht, desto verstiegener es wird, sodass nicht nur ich hier den faden verliere. man kann sagen, ich mag diese krimis nicht aus dem und dem grund, so wie ich gleich bei dashiell hammett kapitulierte oder bei mankell nach zwei krimis kapitulierte, oder so, wie ich NICHT bei camillieri oder fruttero & lucentini kapitulierte.
man sollte diese abgrenzungsgeschichte nicht überstrapazieren. klar, dass handke oder tolkien keine krimis geschrieben haben, aber plusminus sortieren die verlage ins richtige genre ein.
Okay, dann mal eine gewagte Kurzdefinition Krimi:
Krimi ist alles, was nur als Krimi an Inhalt / Aussage / Whatever rübergebracht werden kann. Und zwar OPTIMAL rübergebracht. Ich kann gewisses Weltenelend auch als bürgerliches Trauerspiel rüberbringen, aber optimal wärs wahrscheinlich nicht. Hammetts „Rote Ernte“ (immer mal wieder die Prototypen erwähnen!) KANN nur als Krimi funktionieren, auch und gerade, weil er mit vorgeblich trivialen Versatzstücken (Es macht bummbumm und du bist tot) arbeitet.
Haas‘ Welten brauchen hingegen den Krimi NICHT. Meines bescheidenen Erachtens nach.
bye
dpr
ad George: Verbatim bezieht sich auf ein Interview Haas. Bitte, mir zu unterstellen, ich würde Bücher verbatim lesen – ganz ehrlich !
ad drp, JL: Nicht-subventionierte Güter sind, mikroökonomisch beachtet (außerhalb von Oligo- und Monopolen) immer an Märkte gebunden. Die Relevanz dieses Punktes in der Definition kann ich im Grundsatz sogar nachvollziehen.
ad JL: Meinetwegen auch diese Definition. Sie wird nur dem nicht gerecht, dass „große Literatur“, die nicht Krimi sein will, auch über Verbrechen im freien Erzählmuster erzählt. Ein Beispiel: Manes Sperbers „Wie eine Träne im Ozean“, leider völlig vergessen, Pflichtlektüre für jeden engagierten Bildungsbürger und „doch“ ließe es sich wie ein Thriller lesen, der in seiner desbezüglichen Klasse gute Autoren wie Alan Furst vor Neid erblassen lassen sollte. Deshalb meine obige Aussage, die Abgrenzung Krimi/ nicht-Krimi sei wohl nicht mehr zeitgemäß. Ich kann keinen guten und praktikablen definitorischen Ansatz sehen, um Bücher von Autoren wie T.H. Cook oder Morac Joss von „wuthering heights“ und „scarlett letter“ (wird gelegentlich auch zu den Urgründen des Krimis hinzugezählt) eineindeutig abzugrenzen – außer dass die Autoren nicht im Bewusstsein des Krimis schrieben. Auch die Damen und Herren des Feuilleton können sich doch zum Beispiel nicht darüber einigen, ob z.B. „snow falling on cedars“ oder „motherless brooklyn“ dem Genre zuzurechnen sind. Hier wurden in der Gegenargumentation auch gerne „quantitative“ Gründe angegeben.
ad anobella: Warum Fremlin nicht (gewann immerhin den Edgar, also einen Krimipreis) ? Ein Detektive taucht in der Definition doch gar nicht auf. Verbrechen können sich doch auch nur „subjektiv“ abspielen. Und Haas ist noch nicht ganz über den Berg, denn mein Punkt war ja dass er keine guten Krimis schreibt.
Beste Grüße
bernd
eure diskussion, ob haas krimis geschrieben hat oder nicht, ist irgendwie akademisch, wenn ich das mal so sagen darf. da ich ihn ja nicht von anfang BEGLEITET habe, sondern erst im moment des erscheinens seines letzten brenners gefunden habe, verstehe ich jetzt einige bemerkungen in seinem, wie gesagt NICHTKRIMI, „das wetter vor 15 jahren“ besser.
für mich ist der ganz klar krimi, punktum, ich will da nicht eurem RÜSTZEUG hinterher denken.
und krimi ist nicht alles, was optimal rübergebracht wurde. dann würdet ihr den kompletten wallace und die komplette christie gleich als erstes mal rausschmeißen aus dem betreffenden regal im buchladen. edgar wallace geht über jede psychologische befindlichkeit im großen bogen drüber, gar nicht zu reden von ihr wisst schon wer. aber ich hab JEDEN der goldmann-krimis gelesen, als ich 15 war, den hexer, neues vom hexer, der schwarze abt … ich war victor-gunn-addict und sein sergeant johnny lister löste in direkter folge meiner jungmädchenschwärmereien little joe von bonanza ab.
alles weiß gott, keine optimalen krimis, aber KRIMIS.
*schaut auf die uhr
**gleich mittagspause
***findet es NICHT EINFACH, sich in der watching-the-detectives-redaktion zu behaupten; eingeseift von allen seiten außer vom lieben georg
Liebe anobella,
das Problem ist ein wenig, dass dpr einen zweiten Faden aufgemacht hat und wir hier weiter diskutieren. Also in meiner ersten flapsigen Bemerkung, nicht wissend was ich auslöse, schrieb ich tatsächlich, dass Du gegen die Behauptung antreten mögest, dass Haas Krimis schreibt.
Gerne bin ich bereit einzuräumen, dass er Krimis schreibt, weil, wie mehrfach angemerkt, die Abgrenzung nicht relevant ist. Worauf es mir jedoch ankommt, ist, dass Haas, nach meinen Kriterien, schlechte Krimis schreibt. Und bevor jemand anfängt und behauptet weil Haas gute Bücher schreibt, schreibt er auch gute Krimis, sollte man zum Schutz der Ästhetik des Genre behauptet, Haas schreibt gar keine Krimis.
Da entspricht die „Definition“ dprs meinen Vorstellungen, weil diese implizit die Relation der „Bestandteile“ berücksichtigt: Haas ist für das Genre irrelevant.
Beste Grüße
bernd
Nein, nein, nein, beste aller Kolleginnen! Wallace IST Krimi, weil er SEIN Anliegen (Wer wars denn? Viel Nebel, viel Blut etc.) ja nu wirklich nur als KRIMI rüberbringt…zu akademisch?
bye
dpr
Und, Bernd: So isses.
bye
dpr
ja, aber er bringts nicht optimal rüber, du hast geschrieben, krimi ist, was optimal ist.
*wirft die arme hoch
**flüchtet zu walter ins büro
obwohl ich eigentlich nicht mehr dabei bin, lieber Bernd: was heißt ‚große Literatur‘ — und warum sollte die (a) nicht über Verbrechen und Aufklärung handeln und (b) sich nicht am Krimi-Schema bedienen und (c) nicht Krimi sein. Ich hab‘ ja nur gesagt, ich kann mit Wörtches Def. arbeiten — aber das muß ich im Zweifel nicht auf dem Hinternet machen, oder?
Ort: Hinternet
Zeit: 27. September 2006
Großraumbüro der Redakteure, dahinter: kleines Büro von Chefredakteur Walter.
Anobella (Türklinke in der Hand, ruft noch mal ins kleine Büro): Danke für dein Verständnis, Walter! In vier Wochen bin ich wieder da, versprochen.
DPR (Telleraugen, merkt hinter seinem Bildschirm auf): Was soll das heißen, in vier Wochen bist du wieder da?
Anobella (setzt sich): Ich-hab-Ur-laub-ge-nom-men.
Bernd (wirft die Arme hoch): Seit zwei Jahren frag ich wegen Urlaub und krieg keinen!
DPR (stampft in Walters Büro): Das wollen wir doch mal sehn … das kommt ü-ber-haupt nicht in Frage … dass hier jeder Urlaub nimmt, wie er Lust und Laune hat … (bellt) WALTER!
ach, da war ja noch ein post von bernd.
haas ist für den krimi irrelevant?
allein dass nur-krimileser auch mal in den genuss eines sprachspiels kommen, ist doch schon ein gesellschaftlicher gewinn.
*lieblingskrimidichter: wolf haas
**gibt nicht nach; zieht ihren degen!
an Anobella: Danke. Ich finde Haas auch krimirelevant. – Aber: Urlaub gibt’s nicht. Wir brauchen deine Kompetenz im Hinternet.
an Bernd: Achso. War missverständlich. Nehme alles zurück.
an alle: Sehr spannend das. Was also ist ein Krimi? Ein erzählendes Werk, in dem auch ein Kriminalfall vorkommt? (Krimilyrik, Krimidrama: gibt’s auch.) Nee, das geht nicht. Gibt zu viele Romane, auf die das zutrifft, die keine Krimis sind, sondern Romane mit Krimianteil. Was also zählt? Die Intention des Autors? Die Schubladisierung des Verlags?
Mir scheint, dass die Krimihandlung (Handlung!) im Vordergrund stehen muss, damit der Krimi ein Krimi ist. Tut sie das bei Haas? Bei den Brenner-Romanen auf jeden Fall.
Und: Eine Abgrenzung muss nicht nur sein, Bernd, sondern es gibt sie ja schon.
Wie kann man also sagen, Bernd, dass Haas zwar gute Bücher schreibt, aber schlechte Krimis? (Finde ich einen interessanten Ansatz. Zwar falsch, aber interessant. Vielleicht wird daraus dann mal eine Definition, die wir bei Wiki eingeben können, bis es alle glauben.)
Lieber Georg,
verstehe mich nicht falsch, ich weiß den Reiz von Definitionen schon zu schätzen. Allein, bei Krimis, finde ich es schwierig und habe es selber aufzugeben, meine kruden Vorstellungen von dem, was einen Krimi ausmachen, aufs knackige Format einer Definition gebracht, zu verbalisieren. Dass es Abgrenzungen gibt, ist richtig. Wie wenig sie taugen, sehen wir in diesem Polylog.
Tatsache ist, dass wir bei 98-99% der Bücher keine Probleme haben uns, über die Genrezugehörigkeit zu einigen, ist also langweilig. Reden wir über den Rest. Es ist ja relativ trivial, dass Bücher – und also auch Krimis – aus unterschiedlichen „Bestandteilen“ wie Spannung, Verbrechen, Rätsel, Psychologie, Humor, sprachliche Originalität, Komplexität, Realitätsbezug, philosophische Qualität usw., zusammengesetzt sind. Das sind teilweise Dinge, die im einzelnen Roman häufig miteinander in Beziehung stehen, sich aber mehr oder weniger ausgeprägt identifizieren lassen und in Rezensionen von Krimis gerne als Beurteilungsmassstäbe herangezogen werden.
Spannung, Verbrechen, Rätsel und (vermutlich auch) Realitätsbezug dürften dabei die für Krimis wichtigen Bestandteile sein. Alles sind aber auch Bestandteile die in vielen anderen Büchern vorkommen, ohne dass wir diese als Krimis bezeichnen würden. Irgendwann ist also gewissermaßen eine kritische Masse der Qualität dieser Schlüsselelemente erreicht und wir heißen dieses Krimi [Ein Detektiv, um es noch einmal zu sagen, ist dabei kein Kriterium]; ohne also die Adhärenz an ein festgelegtes Genreschema einzufordern. Dabei kann der Mangel des einen oder anderen Bestandteils meistens durch die starke Ausprägung anderer Bestandteile ausgeglichen werden [ich z.B. kann auch surreale Krimis leiden, wenn sie ansonsten passen, Ludger, glaube ich, ist da etwas apodiktischer].
Man kann es nun wie JL machen und diese Vorstellung oder jedwede Definition über alle jemals publizierten Bücher anwenden und dann zum Schluss kommen, dass dieses oder jene Buch auch definitorisch als Krimi zu bezeichnen ist. Kann man machen, führt aber zu nichts, denn die Autoren haben nicht unter Einfluss des Genres gestanden oder aber diesem nicht zugehören wollen. Auch würde da die breite Masse der Leser nicht mitmachen. Was macht es auch für einen Sinn, formale Übereinstimmungen zwischen „Wie eine Träne im Ozean“ und Furst-Büchern aufzuzeigen ? Tatsache bleibt, dass Sperber sicher keinen Thriller schreiben wollte. Dass er auch dessen formale Qualität erreicht, ist Sperbers schriftstellerischer Klasse geschuldet und nicht seiner Intension.
Es ist nun einmal so, dass jedwede Definition zu Unschärfen führt. Neben drinnen und draußen gibt es die Grenzen der Wahrnehmung. So ist es auch bei Krimis und deshalb ist es im Zweifel wenig ersprießlich, sich um den Krimi-Zustand jedes einzelnen Autors/Buches zu besorgen. Du schreibst, dass die Krimihandlung im Vordergrund stehen muss, damit der Krimi ein Krimi ist. Nun denn, wenn ich jetzt nach meinen oben genannten „Bestandteilen“ in den Büchern Haas schaue, sehe ich ein Primat des Humors und der Sprache. Die Handlung ordnet sich diesen beiden unter ! Der Ablauf der Handlung orientiert sich doch daran, dem Erzähler einen Rahmen für einen Sprachrausch zu liefern. Echte Rätselarbeit oder komplexe Plotgestaltung sieht anders aus und die Spannung geht im Amüsement verloren.
Davon abgesehen, lese ich die Bücher Haas gerne, hatte allerdings nach dem letzten ein wenig das Gefühl, dass er stagniert. Da ist ein Buch wie das andere.
Beste Grüße
bernd
Das kommt mir jetzt vor wie ein Schlusswort. Gutes Schlusswort. Machen wir also Schluss mit dem Versuch, den Krimi zu definieren? Ich hätte im Moment jedenfalls nichts hinzuzufügen und auch nichts entgegenzuhalten.