Der Mehrfach-Mord

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(Ex-Kommissar Wickius, nach einer Intrige denk- und kommentarfauler Blogleser seines Amtes enthoben und in den vorzeitigen Ruhestand geschickt, kennt die Verbrechens- und Kriminalliteratur der letzten ca. 2500 Jahre in- und auswendig, er löst jeden Fall, indem er das literarische Muster dafür sucht. Und Sie? Wissen auch Sie, welche klassischen Fälle den hier in loser Folge geschilderten Mordtaten zu Grunde liegen? Dann nichts wie ran an die Kommentarfunktion! Für alle Unbelesenen gibt es die Auflösung immer ein paar Tage nach der Veröffentlichung der Geschichte.)

„Wie sehen SIE denn aus?“

Wickius mustert den Fragenden mit einem flüchtigen und müden Blick: Hauptkommissar Bergegrün, schon immer ein Arschloch gewesen, aber heute hat er Recht. Der Expolizist und Exehemann kommt gerade vom Dienst: Nachtwächterjob im Museum für Krimikultur, von irgendwas muss man ja leben. Apropos: — „Lebt er noch?“ Bergegrün seufzt, während er mit Wickius den langen Krankenhausflur entlangtrabt. „Nu,ja, was man so leben nennt. Der arme Oberschiller—endlich Leiter von Mord Zwo und dann das…“

„Was ist genau passiert?“

„Wenn wir das wüssten… also mal Zusammenfassung, Kollege“ (den Kollegen hätte er sich sparen können, denkt Wickius. Aber dass er mich angerufen und in die Klinik bestellt hat, rechne ich ihm hoch an. Andererseits: Weiß wohl nicht weiter, der Idiot).

„Oberschiller ist heute nachmittag mit der Linie 7 zum Stadtpark gefahren, soviel steht fest. Kurz vorm Ziel hat ihn dann ein Schütze vom ALLIANZ-Hochhaus ins Visier genommen und – zack. Knapp am Herzen vorbei. Mehr wissen wir auch nicht.“

„Hm. Und an welchem Fall arbeitete Oberschiller?“

„Die Sache mit dem Alten, der tot in seiner Wohnung…“

„Aja, hab darüber gelesen. Merkwürdige Geschichte. Zimmer verschlossen, keine Waffe… Wieviel Leute saßen eigentlich in dem Bus?“

Bergegrün schaut irritiert von der Seite. „Wieviel Leute? Keine Ahnung… sehe auch nicht, dass das wichtig…“

Wickius winkt ab. „Ja, ja, war nur mal so eine Idee. Und wie geht’s ihm jetzt?“

„Dem Umständen entsprechend. Ist noch nicht bei Bewusstsein, lallt manchmal wie im Fieber, hat aber keins.“

„Was lallt er denn so?“

„Na, fiebriges Zeug, eben, völlig zusammenhanglos. Einwegunterhosen.“

„Wie bitte?“

Bergegrün lacht. „Ja, wirklich. Irgendwas von Einwegunterhosen lallt er. Und dass Männer manchmal Frauen sind. Und immer wieder: Bankraub, Bankraub, Bankraub. Er deliriert, keine Frage.“

Als sie das Krankenzimmer betreten, ist Wickius bereits in Gedanken versunken. Aus Oberschiller winden sich Schläuche, durch die Infusionen in Oberschiller tröpfeln. Er scheint zu schlafen.

„Tja“, flüstert Bergegrün, „wenn wir nur wüssten, ob das Attentat etwas mit dem Fall zu tun hat, an dem er gerade arbeitete.“

Wickius schließt für einen Moment die Augen und sagt dann: „Hm. Ja. Und nein. Mir scheint…“

„Ja?“ Bergegrün blickt erwartungsvoll zum Exkollegen, den er nie gemocht hat, Arschloch eben, kein Intellektueller wie er, nur Krimileser. Aber manchmal mit viel Glück, das muss ihm der Neid lassen.

„Ich meine… wir haben es hier mit verschiedenen Tätern zu tun. Aber das wissen Sie natürlich längst, wo Sie doch auch Ihre Klassiker kennen. Oder hat man das zu Ihrer Zeit auf der Polizeischule nicht mehr gelernt?“

Der spinnt, denkt Bergegrün. Der deliriert wie der da im Bett. Am besten gar nicht drauf eingehen. Dieser Nachtwächter!

17 Gedanken zu „Der Mehrfach-Mord“

  1. Hätte ich spontan auch gesagt, aber ich kenne die nicht mehr so gut. Deswegen wusste ich mit der Anzahl der Busreisenden nicht so recht etwas anzufangen.

  2. „Verschlossen und verriegelt“ für den unfähigen Polizisten und den „huis clos“. Und Endstation für neun“ für den Mord im Bus?
    LG
    barb

  3. Endstation für Neun war auch meine erste Idee. Aber da passte der verschlossene Raum nicht zu. Aber die Kombination aus beiden passt natürlich. Einen Polizisten im Krankenhaus (der allerdings böse gemetzelt wird) gibt’s dann ja noch in das „Ekel aus Säffle“. Aber Einwegunterhosen? Hmmm….

  4. Das Ekel aus Säffle habe ich wg Seitengewehr weggelassen, der Polizist wurde nicht angeschossen. Und für die EInwegunterhosen (Sachen gibts) muß ich auch passen. Aber vielleicht waren die gar nicht von Sjöwahl und Wahlöö?
    LG
    barb

  5. Also, die hier: „Verschlossen und verriegelt“, dort kommen auch die Einwegunterhosen vor, die einer der Bankräuber bevorzugt. Dann „Ekel“…etwas abgewandelt, Mann auf dem Dach halt, diesmal nicht mit Seitengewehr, sondern Knarre. „Endstation für Neun“ ist auch klar… und „die Terroristen“ wegen dem Nachtwächter. In den Terroristen nämlich arbeitet Kollberg als Nachtwächter, seit er den Dienst quittiert hat. Nächstesmal wirds etwas schwieriger!

    bye
    dpr

  6. Da habe ich mal was gewusst und du willst schon wieder den Härtegrad anheben? Mannohmann, da geh‘ ich mal lieber Einwegunterhosen waschen. Im Schonwaschgang…

  7. Offenbar lesen einige von Euch schon früh morgens die Rätselaufgaben. Da kann man ja nicht mithalten.
    Es ist schon verblüffend, wie gut Ihr alle die Sjöwall/Wahlöös noch im Kopf habt.
    Aber muss es deshalb schwerer werden, bester dpr?
    fragt
    Joachim

  8. Ich erinnere mich noch recht gut an die Bücher, weil ich die Sjöwall/ Wahlöö Krimis erst recht spät gelesen haben. Waren mir früher suspekt, da es die einzigen Krimis waren, die ’ne ganze Menge Soziologiestudent/Innen gut fanden, die ansonsten bei meinem Bücherregal die Nase rümpften. Und da standen nur wenige Spillanes…
    Aber dann ging’s mir wie mit den „Buddenbrooks“: spät gelesen, begeistert gewesen und Buße getan. Einwegunterhosen gekauft. Gewaschen. Keine Bank überfallen und E-hosen NICHT in den Trockner gesteckt (danke Barb:-)).

  9. Und ich habe sie jung gelesen (die Buddenbrooks auch), aber immer wieder 😉 Wiederholungstäterin. Aber nie ne Bank überfallen. Nur Buchhandlungen, teurer Spaß.
    LG
    barb

  10. Du hast früher Buchhandlungen überfallen, Barb? Und musstest dich deshalb aus Deutschland absetzen…jetzt wird mir alles klar.
    Buddenbrocks, na ich weiß nicht. Der Plot ist ziemlich langatmig und man weiß auch schon recht früh, wer der Mörder ist.
    Nein, lieber Joachim, ich mache die Fälle deshalb schwieriger, damit Menschen wie du, die erst spät zum Lesen kommen, auch noch eine Chance haben! Aber so schwierig wirds nun auch wieder nicht…

    bye
    dpr

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