Paul Freeman: Die Legenden von Ophir

Ein Krimi aus Zimbabwe – da assoziiert man unwillkürlich Blettenberg und Blaudez, also den Blick von außen auf einen turbulenten Kontinent, zumal auch der Autor von „Die Legenden von Ophir“, Paul Freemann, kein Einheimischer ist, sondern Engländer, der als Lehrer im Lande tätig gewesen war. Ein Krimi mit einer gehörigen Portion Erste-Welt-Kritik also, noch dazu aus einem Staat, der als Musterbeispiel für das Wüten eines autokratischen Herrschers gelten kann. Aber nein: „Die Legenden von Ophir“ entstand noch in der Zeit der demokratischen Hoffnung Mitte der neunziger Jahre und entwickelt sich rasch zu einem geradezu klassischen Whodunnit.

Ein Portugiese, angeblich zwecks Ahnenforschung eingereist, wird ermordet aufgefunden, ein Minenmitarbeiter, den er kontaktiert hatte, ebenfalls. Als Sonderermittler soll James Carter, Expolizist und nach einer persönlichen Katastrophe in den Lehrerberuf gewechselt, den politisch brisanten Fall aufklären. Schnell wird deutlich, dass sich hinter den Killern – drei Brüder, die als ehemalige Kindersoldaten in Mozambique ihr blutiges Handwerk gelernt haben – ein mysteriöser Auftraggeber verbirgt, der den wahren Grund für die Aktivitäten des Portugiesen kennt. Einen seit 300 Jahren irgendwo im Minengebiet verschollenen Goldschatz wollte der auffinden.

Assistiert von der jungen Julia, Tochter eines Kollegen, aus der Prostitution in den Polizeidienst gewechselt, nimmt Carter die Ermittlungen auf. Stück für Stück kommt er den Tätern auf die Schliche, enträtselt auch das Schatzgeheimnis, bringt sich durch seinen egoistischen Starrsinn und das auch ihn befallende Goldfieber in die genreüblichen Schwierigkeiten und stellt den drei Hauptverdächtigen am Ende die klassische Falle, in die der Übeltäter wie nicht anders zu erwarten tappt. Whodunnit mit dramatischem Finale also.

Was man Freeman nicht vorwerfen kann. Er blendet die soziale Wirklichkeit im Zimbabwe des Übergangs nicht aus, stellt sie aber auch nicht in den Mittelpunkt des Romans. Sein Personal ist sämtlich blessiert, der Protagonist nicht ohne Schwächen, was man ziemlich umstandslos erfährt, etwas plakativ manchmal, aber nicht länglich ins Gemeinplätzige abschweifend.

Gut; die Erzählweise Freemans schreckt auch nicht davor zurück, uns zu berichten, Julia trage „blaue Pumps, wadenlange Hosen aus einem roten schimmernden Stoff und eine vielfarbig karierte Bluse“. Soviel Modereport muss sein. Und zum Schluss gibt Carter etwas zu penetrant den afrikanischen Sherlock Holmes. Ansonsten jedoch liest man sich nett und schmerzlos durch „Die Legenden von Ophir“, denn Freeman hat tatsächlich einen Kriminalroman geschrieben, keine politisch-gesellschaftliche Analyse. Mit den bekannten Versatzstücken hantiert er gekonnt, entwickelt eine solide Dramaturgie und konturiert seine Figuren ohne den Ehrgeiz, uns Leser in ihre psychischen Abgründe zu stoßen. Da der Roman bei „pulp master“ erschienen ist, bescheinigen wir ihm gern, in diese Reihe zu passen. It’s pulp, it’s okay.

dpr

Paul Freeman: Die Legenden von Ophir 
(Original: „Rumors of Ophir“, 1995, deutsch von Ango Laina und Angelika Müller).
Pulp Master 2007. 304 Seiten. 12,80 €

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