In Nagels Romandebüt taucht gegen Ende die schöne Passage auf: „Sie hört andere Musik, aber sie hört sie auf dieselbe Weise wie du. Du liebst es, ihr zuzuhören. Sie spielt dir ihren momentanen Lieblingssong vor und redet die ganze Zeit von dieser einen unglaublichen Stelle: „Jetzt gleich, hör mal, achte mal auf das Schlagzeug! Jetzt! Jetzt!!!“ Wer sich davon angesprochen fühlt, sollte das Buch lesen. Es geht um die Liebe zur Musik, den Glauben an das, was man tut, auch wenn andere es für Schwachsinn halten.
‚Roman‘ steht drauf, aber es ist nicht zu übersehen, dass der Muff Potter-Sänger Nagel die meisten Teile der eigenen Biographie entnimmt. Geschickt wechselt er im tagebuchartigen Stil zwischen den Momenten auf der Tour und dem Leben, das zwischen Bus und Bühne noch übrig bleibt. Während der Tour-Routine oft herbeigesehnt, verkommen die Tage zu Hause zu einem Herumstolpern zwischen guten Vorsätzen und dem Herbeischaffen der Miete. Dass Nagel mit der deutschen Sprache wunderbar jonglieren kann, hat er auf den Muff Potter-Platten hinreichend bewiesen und auch „Wo die wilden Maden graben“ wirft einiges ab, das bei Bedarf wieder verwendet werden kann — auf Wänden, Shirts oder als E-Mail-Abbinder.
Trotzdem kämpft der Roman mit einigen Längen und Übertreibungen. Vielleicht ist es gewollt, aber weder die Band noch der Leser kommen irgendwo an. Die Geschichte verfranst etwas und hält nicht das sprachliche Tempo, das Nagel sonst in seinen Songs vorlegt. Trotzdem lohnt sich das wilde Graben in einer Welt aus Idealismus, Hingabe und der Fähigkeit zur gesunden Selbsteinschätzung.
Nagel: Wo die wilden Maden graben
Ventil Verlag
VÖ: 13.2.2007