Reginald Hill: Mord auf Widerruf

Geübte LeserInnen dieses Blogs ahnen es bereits: Aha, ein Hill. Den wird der Rezensent über den grünen Klee loben. Jawohl. Wir loben Reginald Hills „Mord auf Widerruf“ über den grünen Klee. Nicht, weil der Titel 2003 schon einmal unter dem Titel „Die dunkle Lady meint es ernst“ erschienen ist. Nicht, weil diese „dunkle Lady“ laut Personenregister „frei nach Shakespeare“ agiert. Auch nicht, weil der Rezensent vor lauter Lesevergnügen irgendwann den Kriminalfall aus den Augen verloren hat. Sondern weil Hill, indem er launig erzählt, selbst diesen Fall niemals aus den Augen verliert.

Detective Superintendent Dalziel steckt in der Klemme. Er hat, zweifelsfrei!, einen Mord beobachtet und den Täter gleich festgenommen. Doch dann ist alles schiefgelaufen. Ein Zeuge widerspricht Dalziel, der vermeintliche Täter, ein gewitzter Bauunternehmer namens Philip Swain, muss auf freien Fuß gesetzt werden. Der Zeuge verschwindet, andere Personen aus Swains Umkreis verschwinden ebenfalls. Und als ob das noch nicht genug wäre, hat Dalziel auch noch eine Rolle im örtlichen Mysterienspiel übernommen. Er mimt, wen anders, GOTT. Und Swain spielt, wir ahnen es, den TEUFEL. Gut und Böse belauern sich auf gleicher intellektueller Höhe, das ist neu für Dalziel.

Zudem erreichen ihn merkwürdige Briefe, in denen jemand, offensichtlich eine Frau („die dunkle Lady“) ihren baldigen Selbstmord ankündigt. Kollege Pascoe kümmert sich drum, Dalziel ist ja gleich an zwei Fronten beschäftigt und gerät hier wie dort von einer Bredouille in die nächste.

Natürlich ist es immer das Gleiche: Man fasst die Handlung zusammen und wird damit Hill nicht gerecht. Weder seinem Wortwitz noch den verschlungenen Pfaden, auf denen er uns mitten hinein ins dramatische Finale führt, das eigentlich ein Witz ist, aber ein verdammt guter. Und noch gesteigert wird, als uns „die dunkle Lady“ präsentiert wird. Die allerdings hat der aufmerksame Leser, dem der Shakespeare-Hinweis nicht entgangen ist, schon viel früher identifiziert. Macht aber nichts, im Gegenteil. Nach exakt 557 Seiten klappen wir das Buch zu und fragen uns, warum Hills Romane immer so kurz sein müssen. Wahrscheinlich, damit er bald einen neuen schreiben kann. Und auf den freuen wir uns schon jetzt. Der Rezensent wird ihn wieder loben.

Reginald Hill: Mord auf Widerruf. 
Knaur 2007
(Original: „Bones and Silence“, 1990, deutsch von Xenia Osthelder).
557 Seiten. 8,95 €

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