Nein, da muss er schon selber durch, der liebe Ludger. Nur ganz kurz: In einem inzwischen wegen der Androhung rechtlicher Schritte →entbloggten Beitrag hatte Kollege Menke aus einer Rundmail der Autorenvereinigung Syndikat zitiert, die nicht gerade schmeichelhaften Äußerungen Anne Chaplets zu seiner, Ludgers Person betreffend. Ob es sich hierbei um eine „öffentliche Aussage“ Frau Chaplets handelte oder nicht – das mag ich nicht entscheiden, darum soll es nicht gehen. Dass ich persönlich die Mail nicht veröffentlicht hätte, sei hier nur der Vollständigkeit halber angemerkt. Dass sich einige AutorInnen flugs zu Menkes Verhalten äußerten, wäre auch nicht weiter bemerkenswert, ist ihr gutes Recht. Aber dann ist mir was eingefallen…
Und eigentlich wollte ich hier kein Wort drüber verlieren. Am Anfang dieser Woche wurde in einem gut frequentierten deutschen Krimiforum die Behauptung aufgestellt, Andrea Schenkel habe ihr „Tannöd“ abgekupfert (man kennt die Diskussion und erspare mir weitere Details). Es wurde einfach so dahingeplappert, von einer Buchhändlerazubine, die ihre Vorverurteilung zwar nicht mit „Beweisen“, aber mit einer Werbung für ihren Arbeitgeber verband. Wissend, worauf ich mich einlassen würde, habe ich in besagtem Forum darauf hingewiesen, es sei doch arg dreist, jemanden auf diese Art und Weise an den Pranger zu stellen. Neben einigen zustimmenden Kommentaren flogen mir, wie erwartet, dann die Fetzen um die Ohren, als Krönung musste ich mich indirekt nationalsozialistischer Methoden bezichtigen lassen uswusf. (ich würde dieses Posting jetzt gerne hier verlinken, sehe aber, dass „krimicouch.de“ momentan nicht erreichbar ist; eh wurscht).
Und jetzt kommen wir zu dem, was mir ein-, nein: aufgefallen ist. Dass nämlich kein einziger Kollege, keine einzige Kollegin von Frau Schenkel gegen die Unverschämtheiten unserer Azubine und ihrer Helfershelfer protestiert hat. Einige stöbern ja durchaus im Krimicouch-Forum, und sobald Sie selbst zum Objekt leserlicher Anwürfe werden, melden sie sich natürlich zu Wort. Im Falle Schenkel: Fehlanzeige.
Man könnte jetzt argumentieren: Okay, lass das Mädel doch daherreden, wen juckt das schon. Man könnte aber auch den Schluß ziehen, dass solche Dinge den Damen und Herren KrimiautorInnen völlig am Arsch vorbeigehen, wie den meisten von ihnen das, was man Kultur nennt, unbemerkt am Allerwertesten entlangkriecht. Ihre Rezeptoren sind so grob wie das Zeugs, das sie niederschreiben, um die niederen Instinkte ihrer Leserschaft zu wecken, sie jodeln fleißig mit im Intrigantenstadel, regen sich aber furchtbar darüber auf, wenn ein Fremdjodler seinen Kehlkopf zum Vibrieren bringt. Zu ihrer Arbeit haben sie nichts weiter zu sagen – was auch. So etwas wie Literatur produzieren sie ja nicht, halt nur Krimis, da verbietet sich das Nachdenken qua definitionem. Nur wenn der eigene Pelz nass zu werden droht, kommen sie kurz aus ihren Höhlen und brummen ein paar Töne, dann ziehen sie sich wieder zurück.
In Ordnung. Kann jeder halten, wie er/sie will. Aber um es klar zu sagen: Leute, die ihre Mäuler nur zum Pseudoentrüstetsein öffnen, kotzen mich an. Gegen das Syndikat, es sei erwähnt, habe ich nichts. Ich habe auch nichts gegen den Hasenzüchterverein, der in der Kneipe um die Ecke seine Treffen abhält.
dieser plot, mit verlaub, könnte eins zu eins meinem krimi entlehnt sein.
*wirft die arme hoch
alle werden mir plagiierung der „mailinglistenaffäre“ vorwerfen und ich werde VOR GERICHT landen.
**wirft ihr manuskript aus dem fenster
Sie haben Recht. Nur: Warum sollten seriöse AutorInnen eine Seite wie krimicouch.de lesen? Auf das dort gepflegte Halbalphabetentum muss man nicht reagieren.
Ob seriös oder nicht, halbalphabetisiert oder noch weniger: gelesen wirds schon. Man will ja wissen, ob die potentiellen KäuferInnen sich lobend / tadelnd äußern. Man mag das Ganze kopfschüttelnd übergehen, aber dann fallen einem wieder diese dämlichen Sprüche wie „Kein Rauch ohne Feuer“ ein und man weiß, dass selbst aus halbgaren Köpfchen manch Langlebiges entkommt. Frau Schenkel hat abgekupfert. Stand doch irgendwo, ja? Wird schon stimmen, gelt? DA als AutorIn mal die Stimme zu heben und zu sagen: Nee, Freunde, so gehts nicht, das ist mein Berufsstand, den ihr da in den Dreck zieht – wär mal was ganz Neues.
@Anobella: Manuskript aus dem Fenster? Dann steh doch einfach auf und hols wieder rein. Ach so, du hast schon…
bye
dpr
Ach so: Weil ichs gerade in einer Mail (privat; wird nicht veröffentlicht; sie stammt aber weder von L.M. noch A.C.)gefragt wurde: NEIN, dieser Eintrag ist weder ein Schlag gegen L.M. noch gegen A.C. Ersteren liebe ich, die andere schätze ich als eine der handwerklich versiertesten Schriftstellerinnen hierzulande, wenn auch nicht als Krimiautorin. Das könnte MEIN Irrtum sein, aber meine Literaturphilosophie sieht die Möglichkeit solcher Irrtümer vor. Ich freue mich jedenfalls, dass A.C. meiner Einladung zum virtuellen Befreundetsein (wenigstens im englischsprachigen Ausland) gefolgt ist. Damit das nur mal klar ist.
bye
dpr
Bevor hier etwas stehen bleibt und manche denken, wird schon stimmen, möchte ich betonen, dass besagte Äußerungen im Forum der Krimi-Couch, also von Dritten, die nichts mit den Betreibern und Verantwortlichen der Site zu tun haben, getätigt worden sind.
Lars
Das hat auch niemand behauptet, Lars. Ich möchte auch dem Eindruck entgegentreten, ich hätte etwas gegen die Krimicouch. Ganz im Gegenteil. Informiere mich selber sehr gerne und durchaus mit Gewinn dort. Und Forum ist eben Forum, die Freiheit, die man gerufen hat und manchmal nicht mehr los wird.
bye
dpr
Jaja, lieber Lars, das hätte aber auch wieder nur jemand denken können, der nicht lesen kann. Ist doch eh klar, oder?
Schrecklich, wie vorsichtig jetzt alle plötzlich werden, wie schnell mit dem Rechtsanwalt gewunken wird. dprs Vergleich mit dem anderen Verein wird wohl nicht so weit hergeholt sein.
an Anobella: ich hab dir doch gesagt, dass das DLA Marbach schon eine Kopie deines Romans hat: die Beweislast ist damit erdrückend einfach.
Hoffentlich hast du nicht Agamemmnon getroffen!
Mein Kommentar richtete sich auch eher an Ralf, der unsere Couch mir persönlich etwas zu pauschal verteufelte.
@dpr Nett, dass Du von „Freiheit“ statt von „Geistern“ sprichst 😉 Danke für die Blumen. Finde es im Gegenzug auch sehr unterhaltsam, wie Rezensionen bei uns von Besprechungen von Dir – wie aktuell beim Larsson – divergieren. Das schärft die eigene Lesart.
@Gregor Ja, ja. Mit rechtliche Schritten zu drohen, halte ich gerade im Netz in den meisten Fällen für ein Armutszeugnis. Ob´s von L.M. in Ordnung war, eine nicht an ihn gerichtete Mail zu veröffentlichen, möchte ich nicht kommentieren. Die Reaktion darauf verdient es aber genau so wenig.
Lars
zu Tannöd hab‘ ich nix zu sagen, auch nicht zu den Qualitäten und Reichweiten von Internetpublikationen, nur die Auszubildende, die dpr apostrophiert, möchte ich in Schutz nehmen — auch wenn sie damit den Nimbus verliert, den ganzen Bohai ausgelöst zu haben: Sie beruft sich in ihren Forumsbeiträgen explizit auf die Hinterkaifeck-Serie einer Münchner Tageszeitung. Ob dort auch der Ausdruck ‚abkupfern‘ fällt, weiß ich nicht. Was ich gesehen habe, war die örtliche Werbung, in der insinuiert wurde, daß hier die wahre ‚wahre Geschichte‘ erzählt würde. Die Leut‘, die 1922 umgebracht wurden, haben ihr Leiden hinter sich, auch wenn wir den Fall noch so oft medial nachstellen.
Beste Grüße!
an Lars: Gregor? Was für’n Gregor?
Gruß
Georg
Einspruch, Euer Ehren. „Andrea Maria Schenkel hat von Peter Lauschers Buch Der Mordfall Hinterkaifeck abgekupfert.“ So steht es da geschrieben (dass Lauscher eigentlich Leuschner heißt, korrigiert die Angeklagte selbst im nächsten Posting). Wenn das keine Tatsachenbehauptung ist, dann gibt es überhaupt nie nirgends eine. Ich plädiere selbstredend für milderne Umstände, da das Recht bekanntlich die Armen im Geiste immer besonders hart rannimmt. Muss in diesem Fall nicht sein.Die Beschuldigte scheint mit sich selbst schon gestraft genug zu sein.
bye
dpr
Ich bin etwas erstaunt ob der Schnellig- und Heftigkeit, mit der hier andere Netznutzer der Armut im Geiste bezichtigt werden. Aber zur Sache, und im Sinne der Ausgewogenheit: Man könnte ja auch einmal auf die Widersprüche hinweisen, in die sich Frau Schenkel immer wieder verstrickt hat in letzter Zeit. Da behauptet sie mit viel Schaum vor dem Mund in der „SZ“, sie habe alle Quellen vor dem Schreiben in Augsburg (im dortigen Staatsarchiv) studiert. Noch Ende März hat sie dagegen in einem Interview mit dem „Donaukurier“ darauf bestanden, nie selbst Akten eingesehen zu haben. Und wenn sie sich doch angeblich so prima mit Leuschner verstanden hat, als sie ihn im April 2006 aus völlig rätselhaften Gründen mit Kindern und Hund besucht hat – warum spricht sie ihm erst jetzt, in der 10. Auflage von „Tannöd“, einen „besonderen Dank“ aus? Und wofür, wenn sie doch alles selbst recherchiert und aus den Originalquellen abgeleitet hat? Usw, usf. Nach einem absolut reinen Gewissen riecht das alles für meinen Geschmack nicht. — Ich will mir wirklich kein Urteil darüber erlauben, ob und wenn überhaupt in welchem Umfang Frau Schenkel sich des Plagiats schuldig gemacht hat; dazu ist die Materie nun wirklich zu komplex. Aber wer mit so hohem moralischem Anspruch anderen über den Mund fährt wie „dpr“ und die Solidarität der Krimi-Szene einfordert – der könnte sich vielleicht auch ein bißchen um Perspektiven-Vielfalt bemühen, oder nicht?
Nichts für ungut – ich bin wieder weg!
Nervousboy.
mir ist es, lieber dpr, ziemlich wurscht, wie Sie ‚abkupfern‘ definieren und wo da die Tatsachenbehauptungen sind: Hinterkaifeck ist nicht divinatorisch über Frau Schenkel gekommen, sondern in den vergangenen 35 Jahren, in denen ich sie mehr oder minder aufmerksam verfolge, immer wieder durch die bay. resp. Münchner Medien gegangen. Das Material lag rum — und streiten kann man sich allenfalls darüber, was Schenkel daraus gemacht hat. Und wenn man will, kann man jetzt die PR-Gags auch einer Buchhändlerin, die zuvor tz gelesen hat, in die Schuhe schieben.
Beste Grüße!
Schnell und heftig, genau, das haben wir uns auf die Fahnen geschrieben. Aber, mein(e) Liebe(r), es geht hier doch überhaupt nicht um die Frage, ob Frau Schenkel nun doch oder ob Frau Schenkel nun nicht. Sondern einzig darum, dass bevor diese Frage geklärt ist (wenn man sie überhaupt wird klären können; ich bezweifle das), Frau Schenkel bereits verurteilt wird. Nein, noch nicht mal darum geht es wirklich. Aber darum, dass AutorInnen solche Vorverurteilungen von KollegInnen einfach hinnehmen, auch sonst vornehm schweigen, in einem anderen Fall aber lauthals nach Recht und Gesetz blöken und psychologische Begutachtungen des Bloggers vornehmen. Um sich hernach wieder in ihre Dichterklausen zurückzuziehen. Sollen sie. Aber sie sollen sich dann auch nicht wundern, wenn ihre partiellen Entrüstungen nicht mehr ernstgenommen werden.
bye
dpr
Ohne jetzt in alberne Elli-Exegese zu verfallen, lieber JL: Aber nicht besagte junge Dame erwähnt den TZ-Artikel, sondern eine gewisse Margitta. Hier übrigens →der Link zum Quellenstudium.
touché (was das Quellenstudium angeht), lieber dpr. Aber ‚verurteilt‘ wird Frau Schenkel nicht, wenn auf dem Markt der Meinungen Meinungen geäußert werden. Da wird, für ein Mal, die Unschuldsvermutung a bissel arg hoch gehängt. Und daß der Roman — inhaltlich, formal, sprachlich, wie Sie wollen — im Sinne einer Innovationsästhetik ‚originell‘ ist: das kann ich beim besten Willen nicht sehen.
Nochmals beste Grüße!
Das, worum es angeblich geht, und das, worum es angeblich nicht geht: Alles dieses hängt aber eben möglicherweise doch ein bisserl zusammen. Wenn Frau Schenkel in ihrer Selbstverteidigung etwas glaubwürdiger wirken würde — könnte es den hier geschmähten AutorInnen möglicherweise leichter fallen, ihre sogenannte „Vorverurteilung“ zu geißeln. Stell‘ ich mir vor. Aber ich bin kein Krimiautor, und ich kenne auch keinen, den ich fragen könnte. Insofern: Nichts für ungut! Nb.
PS. Im übrigen entnehme ich den verlinkten „Quellen“, daß „dpr“ von „Ellie“ durchaus erwartet, zB auf die merkwürdige Verspätung von Leuschners Plagiatsvorwürfen hinzuweisen. Aber sich umgekehrt auch eine Vergößerung des Bildausschnitts zu wünschen, paßt nicht zum Thema?
@Georg
Sorry. Unfreiwillig direkt das vorgeworfene Halbalphabetentum bestätigt. Bin zu viel in immer den gleichen Foren unterwegs, da habe ich jetzt ohne viel Drüberlesens Gregor und Georg durcheinandergehauen. Soll nicht wieder vorkommen.
@georg
agamemmon gibt seinen beiden kleinen hektor und pallas athene gerade gesangsunterricht im holunderbaum. das ganze klappt aber noch nicht so richtig, es ist eine ziemliche kakophonie …
*hält sich die ohren zu
@nb: Ich erwarte Relativierendes durchaus, wenn solche Behauptungen einfach in den Raum gestellt werden. Noch einmal: Ich bin hier wie dort nicht angetreten, Frau Schenkel „zu verteidigen“, sehe mich aber genauso wenig in der Pflicht, Contraindizien aufzuhäufen. Wenn jemand in Bausch und Bogen verurteilt wird, sollte es aber erlaubt sein, wenigstens darauf hinzuweisen, dass die Sache wohl nicht ganz so einfach gestrickt ist.Auch die Qualität von Frau Schenkels Buch steht hier nicht zu Diskussion. Etwas merkwürdig finde ich Ihren Einwand, Frau Schenkel hätte ihre Selbstverteidigung „glaubwürdiger“ gestalten sollen, um KollegInnen zu aktivieren. Bevor ich also offenkundigen Unfug anprangere, muss mir die Benachteiligte glaubhaft machen, dass sie unschuldig ist? Überlegen Sie mal, was für putzige Situationen da entstehen könnten.
bye
dpr
Auch wenn es schwer fällt, in diesem Fall muss ich die Syndikatler ein wenig in Schutz nehmen, lieber dpr. Du setzt im konkreten Fall voraus, dass jemand von den Autoren diese Einträge über Schenkel und „Tannöd“ gelesen hat. Das kannst Du allerdings nicht wissen und außerdem haben die „ehrenwerten“ Mitglieder gerade ganz andere Sorgen.
Was den eigentlichen Streit und die Plagiatsvorwürfe betrifft, können die Syndikatler, so wie jeder andere auch, eigentlich sich nicht dazu äußern und müssen wie wir alle abwarten, was die Juristen sagen.
Liebe Grüße
Ludger
Weißt du, Ludger, ein paar werden das schon gelesen haben, da bin ich mir sehr sicher…und hätte nur eine/r mal ein Wörtchen dazu gesagt, wärs auch ja gut gewesen. Dass sich (nicht nur) die Syndikatsleute zu diesem Fall nicht konkret äußern können, ist natürlich klar. Sie sollten ihn aber aufmerksam verfolgen. Je nach dem wie er endet, könnte das nämlich bedeuten, dass kein/e AutorIn sich mehr fiktiv an einem Tatsachenfall versuchen kann, zu dem es schon ein Sachbuch gibt.
Ach ja, zu deinem anderen Posting: Eine Blutgrätsche ist, wenn du z.B. deinem Gegenspieler von hinten in die Beine haust, indem du das Spielbein gaaaanz lang machst und mit einigem Tempo voll auf die Wade krachst. Haben wir schon in der D-Jugend probiert, kam immer wieder gut. Man darf nur nicht aus Versehen den Ball treffen.
bye
dpr