Obwohl die Bücher des amerikanischen Autors Joseph Finder regelmäßig in Deutsche übersetzt werden (demnach wohl ihre Leser haben), finden sie kaum die Aufmerksamkeit der hochvermögenden Krimikritik. Mit „Company Man“, im Jahre 2006 immerhin Gewinner des „Barry Award“, hat der Autor auch qualitativ einen Schritt nach vorne gemacht. Dieses als Wirtschaftsthriller zu bezeichnende Buch gewinnt seinen besonderen Reiz aus dem Wechselspiel zwischen den spannenden Verwicklungen, in welche die eine Hauptperson des Buches gerät, und der gewissenhaften detektivischen Arbeit der anderen Hauptperson, die sich zunehmend auf die erste Person richtet.
Nick Conover ist Vorstandvorsitzender eines größeren Unternehmens, welches vor wenigen Jahren noch 10.000 Mitarbeiter hatte. Mittlerweile musste er die Hälfte der Mitarbeiter entlassen. In dem kleinen Ort, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat, gibt es kaum eine Familie, bei der nicht ein Mitglied Opfer dieser Entlassungen wurde. Kein Wunder also, dass Conover die meistgehasste Person im Ort ist. Kaum ein Restaurantbesuch oder Einkauf bei dem er nicht zu spüren bekommt, wie unbeliebt er ist.
Seit Monaten ist ein Stalker auf seinen Fersen und eines Tages wird der Hund der Familie getötet. Auch sonst entwickelt sich Conovers Leben definitiv zum Albtraum. Seine Frau ist vor einem Jahr bei einem Autounfall zu Tode kommen und nicht nur er selber, sondern auch die beiden Kinder kommen mit dem Verlust nicht zurecht. Und im Unternehmen scheinen sich Vorgänge abzuspielen, von denen er keine Ahnung hat, die aber möglicherweise dessen Fortbestand gefährden.
Eines Nachts erschießt er einen Mann, den er für den Stalker hält. Der Sicherheitschef des Unternehmens hilft ihm beim Beseitigen der Spuren. Als die Leiche des Mannes aufgefunden wird, scheinen die Umstände eine Tat im Drogenmilieu nahe zulegen. Die Polizistin Audrey Rhimes wird beauftragt den Fall aufzuklaren. Anfangs sind es nur kleine Ungereimtheiten, aber Stück für Stück lassen Sie die gefundenen Hinweise zunehmend an der Milieuthese zweifeln und dann rückt plötzlich Conover in ihr Blickfeld.
Joseph Finder arbeitet mit glaubwürdigen Personen, kaum eine der Thrillerstereotypen, die entweder vor Kraft kaum Lächeln können oder mit boshafter Lust die Welt in die Luft sprengen wollen, findet sich in diesem Buch. Exemplarisch sei die kleine Tochter Conovers genannt, die normaler wirkt, als die meisten der „Superkids“, welche die Bücher dieser Welt bevölkern.
Bis das packende Ende den Leser mit sich fortreißt, führt ihn Finder immer wieder in Szenen, die zum Verweilen einladen. Sowohl Conover als auch Rhimes führen Leben, die realistisch scheinen. Familie und Beruf schaffen für beide Konflikte, die der Geschichte Komplexität und Würze geben; dabei greifen die verschiedenen Stränge der Erzählung gut ineinander. Schmuckstück das Buches ist aber ohne Zweifel die Konfrontation zwischen den beiden Hauptpersonen. Rhimes ist eine Polizistin die unaufgeregt ihrer Arbeit nachgeht und – soweit ihr alkoholkranker und (da er auch entlassen wurde) arbeitsloser Mann es ihr erlaubt – die auch den kleineren Spuren die nötige Aufmerksamkeit schenkt; solide Detektivarbeit also. Bei Conover selber taucht hingegen die Frage auf, wie er denn überhaupt in den Position gelangt ist, die er inne hat. Die Aura eines knallharten Sanierers zumindest verströmt er nicht. Konsequent wechselt die Perspektive zwischen Beiden. Während Conover mit den Dämonen kämpft, die sein gewohntes Leben bedrohen, rückt Rhimes ihm immer näher auf den Leib.
Joseph Finder: Company Man.
Holzbrinck Publishers 2006, 592 Seiten. 6,58 €
(deutsch: “Jobkiller”, Goldmann Verlag 2006. 624 Seiten. 12 €)