Jetzt hat auch Johannes, Träger des Goldenen Ersatzalligators am Band, sein Linktütchen ausgeschüttet – und, angenehme Überraschung, sogar Krimifreund Menke einen Hinweis beigesteuert. Beginnen wir unsere Ernte – in Kanada. Hallo, Barb!
Der →„Toronto Star“ widmet sich dem Phänomen des Schwedenkrimis. „He opened the door. We’re riding the waves of Henning Mankell,“ behauptet Herr Nesser, und jetzt warten wir eigentlich nur noch darauf, dass die Autorin des Beitrags, Vit Wagner (oder ist sie ein Er?), korrigierend „Ja, und dem Mankell haben diese beiden Altschweden die Tür geöffnet!“ in die Runde ruft, tut sie aber nicht. Schade. Dafür hat wieder Herr Nesser eine Erkenntnis parat:
Germany is the door-opener to the rest of Europe (…) Between Germany, Switzerland and Austria, you have potentially 100 million readers in German. And, also, if you want to get published in Spain, the first thing they ask is, `Is he out in German?‘ That’s when things can start rolling.“
Bei diesem ganzen Türenöffnen gibts aber reichlich Zug im Krimihaus.
„In Kassel ist die Hölle los.“ Mit diesem unglaublichen Satz beginnt Barbara Kellers Rezension des Krimis →„Nervenflattern“ von Matthias P. Gibert bei „Berlin kriminell“. Kassel? Richtig, da gibts die DOCUMENTA. Und da der Gmeiner Verlag „Themenkrimis“ veröffentlicht, ist dem Gibert seiner halt ein „Themenkrimi“. Zu dem Frau Keller indes ernüchtert feststellt: „Fazit: Der Plot zu diesem Krimi kommt leider nicht ganz schlüssig daher.“ Vielleicht, weil er moderne Kunst ist?
Vor ein paar Tagen hat Kolja „Ich darf jetzt auch bestenlisten“ Mensing im „Tagesspiegel“ Reiner Gross‘ „Grafeneck“ und Anke Geberts „Das Treiben“ besprochen. Jetzt findet sich der Artikel auch auf seinem →Blog. Beide Romane gefallen ihm, seine Einschätzung von „Grafeneck“ gefällt UNS dafür umso weniger:
„Ähnlich wie Andrea Schenkel in „Tannöd“ beschwört Rainer Gross in seinem melancholischen Debüt das Bild einer Landschaft, in der die Gespenster der Vergangenheit aus unterirdischen Höhlen heraus ihre hageren Finger nach den Lebenden ausstrecken.“
Ach was. Muss sich in Zukunft jeder Krimi, der in Ortschaften unter 2000 Einwohnern spielt, und sich nicht wie frisch aus dem Fremdenverkehrsbüro liest, als „Tannöd“-like verschubladen lassen? Muss wohl. Für Gross‘ wirklich lesenswertes Debüt tuts einem leid. Die hageren Finger der Krimikritik greifen bisweilen reichlich unterirdisch.
So, das wärs – nein! Zwei neue Links entern das Mailprogramm. Und, schau an, schau an, →„Welt online“ in Gestalt von Willi Keinhorst lobt gleich zwei Produkte des fabelhaften NordPark Verlags: das „Krimijahrbuch 2007“ und „Die Zeichen der Vier“, die Paprotta-Exegese eines momentan sehr schüchternen Jungautors.
„Das beste Beispiel für gelungene kritische Auseinandersetzung mit Krimis ist das vor kurzem erschienene „Krimijahrbuch 2007″ (NordPark, 20 Euro). Hier werden Maßstäbe gesetzt für den kritisch-respektvollen Umgang mit moderner Kriminalliteratur.“
Es sei nicht verschwiegen, dass „einige mehr einordnende Texte über diese anspruchsvolle Schriftstellerin“ – gemeint ist Pieke „Schwerpunkt“ Biermann – vermisst werden! Ja! Aber der Platz, lieber Herr Keinhorst! Wir hätten ja gerne! Beim nächstenmal dann…
Zu „Die Zeichen der Vier“ sage ich selbstverständlich kein Wort und verkneife mir auch folgendes Zitat:
„Rudolph schreibt als ein Begeisterter, der sehr gründlich und differenziert die vier grandiosen Romane um die Kriminalbeamtin Ina Henkel unter die Lupe nimmt.“
Bitte überlesen. Nicht überlesen aber den kleinen Appendix zu Reiner Gross‘ „Grafeneck“, wo der Verfasser bündig und richtig feststellt:
„Ein spannender Heimatroman über Schuld und Vergebung.“
Chef Walter, schon wieder auf dubiosen Pfaden und ohne Wissen seiner arglosen Ehefrau im Netz unterwegs, hat die „Berliner Morgenpost“ um eine hübsche →dpa-Meldung erleichtert:
„Der Leiter der Polizeiwache Rathenow (Havelland), Jean Wiersch, hat einen Kriminalroman verfasst. «Havelwasser» erzählt nach Angaben des Autors am Mittwoch die Geschichte des sympathischen, von seinen pubertierenden Töchtern eigentlich hinreichend beschäftigten Kommissars Manzetti.“
Tja, mit pubertierenden Töchtern war man früher selber mal hinreichend beschäftigt. Gottlob nicht mit den eigenen…