Spannung! Spannung?

Ohne Spannung ist der Krimi kein Krimi. Was aber ist das, Spannung? In den nächsten Wochen wollen wir uns in der Crime School diesem zentralen Thema zwanglos nähern, morgen geht es los. Für alle aufmerksamen Schülerinnen und Schüler hier schon einmal die Mitmachfrage: Was ist für DICH beim Lesen eines Krimis spannend? Das Sujet kann frei bearbeitet werden, es gibt keinerlei Vorgaben. Wer mitmacht, erhält ein Fleißkärtchen, wer sich verweigert, muss zwei Stunden lang in der Ecke stehen.

30 Gedanken zu „Spannung! Spannung?“

  1. Ich glaube Spannung entsteht durch Andeutungen auf den Verlauf eines Geschehens,die mehrere Möglichkeiten offenlassen.

  2. die größte spannung entsteht bei mir durch hass. ich hasse eine figur und will, dass sie stirbt, , getötet, überfahren wird. scheitert. erwischt wird. ihre strafe bekommt.

  3. @Johannes und Ralf: sehr schön! Interessante Aspekte, kommen wir noch drauf zurück.
    @Anobella: Hab ich doch glatt gelesen: „Die größte Spannung entsteht bei mir durch HAAS“. Hähä, kann ja gar nicht sein, das ist ja gar kein Krimiautor…
    @Schülerschaft: Haltet euch nicht zurück! Schreibt! Oder wollt ihr in der Ecke stehen?

    bye
    dpr

  4. Ich (eifrig die linke Hand streberhaft streckend) habe ein Zitat. Von Larry Beinhart. Er nennt „Spannung“ „Erzählerische Dynamik“ und sagt: „Erzählerische Dynamik ist die Ankündigung – oder Drohung, Verlockung oder Andeutung -, dass etwas geschehen wird.“
    Mit anderen Worten: anfangs wird eine Frage/Rätsel/Bedrohung (äh, die Genres: Schnulze, Krimi, Thriller) aufgebaut, und wir wollen wissen, wie unser Held die Frage/Rätsel/Bedrohung löst. Das Ende sollte dann befriedigend sein. Wenn es im Rahmen der vorher festgelegten Regeln auch noch überrascht ist, ist es noch besser.
    Ich sage befriedigend, weil bei einem Liebesfilm wir von Anfang an wissen, dass das Paar zusammenkommt. Wir wissen nur nicht wie, aber wir sind zufrieden, wenn sie am Ende zusammen sind. Überraschend wäre, wenn am Ende ein Alien auftaucht, den Bräutigam pulverisiert und mit der Braut abhaut. Aber fänden wir die Geschichte dann auch gut?
    Bei einem Krimi ist das verpönte überraschende Ende der aus dem Hut gezauberte, für tot gehaltene Schwager, der alle umbrachte (remember Edgar Wallace).

  5. Sehr schön, Axel, setzen!
    @Anobella: Das musst du verstehen. Als Muster- und Meisterschülerin kann ich dich nicht immer loben, sondern muss auch mal die ja von Natur aus nicht ganz so fähigen Jungs in den Mittelpunkt rücken. Das nennt man Motivation! Wenn ich das nicht mache, landen die noch beim Klippschulmeister von krimiblog.de!

    bye
    dpr

  6. du lobst mich n i e. ich schreibe mir die finger wunder mit kommentaren auf diesem blog (so fleißig wie kein anderer (that includes georg)kommentiere mich wund auf diesem blog, und immer lese ich „großartiger beitrag, astridbarbpiekeaxeljohannesjochenberndherrlinderthomaswörtchetobiasgohlis
    larsjohannesralfgeorgludger. aber nicht anobella.

    a n o b e l l a lackiert sich die nägel! rennt nackt durch die wohnung! kaspert rum!

    🙁

  7. Das stimmt. Das kann ich aber erklären. Es ist einfach…wie soll ich das sagen…mir fehlen jetzt die Worte…es ist einfach…DU GEHÖRST DU DIESEM BLOG! So wie der Mörder zum Krimi, die Jury zum Bachmannpreis. Ohne dich wäre dieser Blog ÜBERHAUPT NICHT EXISTENZFÄHIG! Das ist jetzt sehr psychologisch…wenn ich dich loben würde, du ja aber zu diesem Blog gehörst, der wiederum mir gehört (naja, irgendwie halt), dann würde ich mich ja SELBER LOBEN! Und das tut man nicht. Aber ich tue es trotzdem: Ich lobe dich jetzt rückwirkend für die gemeinsam verbrachte Zeit, die vergangene und die noch vor uns liegende. Ich schreibe nie mehr: Lackiert sich die Fußnägel und rennt nackt durch Wohnung. Stimmt ja auch gar nicht. Das machst du nicht. Jedenfalls nicht gleichzeitig.

    bye
    dpr
    *tauft „watching the detectives“ für heute in „Anobellablog“ um. Bitte beachten.

  8. Nein, Liebste, SEHEN kannst du das nicht mit dem Anobellablog. Es ist virtuell, im Herzen, verstehst du?
    @Kevin Kuhn: SEHR WITZIG! Ich vermarkte die Tante Anobella überhaupt nicht, du nerviger Pubi, ich gebe ihr eine CHANCE, als Romanfigur bei mir anzuheuern. Das ist ein Unterschied!

    bye
    dpr

  9. Spannung? Spannung kommt auch auf (ich ergänze mal anobellas Punkt) wenn ich möchte, daß jemand (wie z.B. Edmund, falls er noch so heißt oder ein sympatisches Opfer) NICHT erwischt, überfahren, gefoltert, getötet wird. Und mehr zu wissen (oder zu ahnen) als die Figuren schafft natürlich auch Spannung, aber auch ein angenehmes Gefühl der Überlegenheit. Ansonsten schliesse ich mich mal Axel B. Beitrag an.
    LG
    barb
    *immer noch Rückenschmerzen, kann nirgends lange stehen

  10. Spannung scheint mir aus drei Elementen zu bestehen: Meinem Unwissen über das Ergebnis einer Episode, meiner emotionalen Bindung (positiver oder negativer Art) an dieses Ereignis und an eine handelnde Personen und meine, vom Autor genährte Sorge darüber, dass es anders kommt als von mir, letztlich gewünscht.

    Je stärker ich emotional an das Ergebnis und an die Person gebunden bin [und je stärker meine Sorge ist], desto stärker ist die Spannung. Ohne diese emotionale Bindung ist Spannung nur schwer vorstellbar. Ist mir eine Person egal, interessiert es mich auch nur wenig, ob sie zu Tode kommt; kann eine geliebte (gehasste) Person allenfalls ein Milky-Way gewinnen, lässt sich auch nur wenig bei mir bewegen. Sind meine emotionalen Reaktionen zu Ergebnis und Person gegenläufig, dürften die stärksten Spannungsmomente zu erzielen sein – ich vermute, dass mich der Tod eines gehassten Protagonisten meisten auch deshalb bewegt, weil von diesem ein von mir geliebter Antagonist profitiert.

    Spannung besteht aus drei Phasen. Ersten dem Anfang. Ohne, dass ich erkenne, dass da ein „spannendes“ Geschehen abläuft, ist Spannung unmöglich. Dieser Anfang kann angekündigt sein, wie z.B. bei Cliffhangern, er kann aber auch schleichend sein, bis ich dann eben erkenne, dass die (eigentlich triviale Szene) nicht so unproblematisch ist, wie zuerst gedacht. Zweitens die Durchführung und drittens das Ende.

    Schriftsteller haben mehrere Stellschrauben an denen sie drehen und ihr Können unter Beweis stellen können. Neben dem Anfang ist die interessanteste die Durchführung. Ein guter Autor kann die Anspannung einer einzelnen Szene über eine lange Zeit halten (und/oder steigern).

    Ein Spannungselement kann sich über eine einzelne Szene, einen Abschnitt oder das ganze Buch erstrecken. Aber `mal ehrlich: Die Tatsache, dass da eine Leiche liegt, und ich am Ende weiß, wer´s war schafft (bei mir) noch keine Spannung. Meistens bildet sich die Spannung erst im Verlauf des Buches, wenn wir die verschiedenen Personen kennen gelehrt haben. Nur wenige schaffen es wie Jefferson T. Parker in seinem Buch California Girl im ersten Satz “Everything we thought about Janelle Vonn was wrong“ etwas zu schaffen, das sich tatsächlich erst auf den letzten Seiten aufgelöst.

    Beste Grüße

    bernd

  11. Hi Bernd,
    volle Zustimmung (ach sind wir uns hier einig). Außerdem ist mir noch die schöne Hitchcock-Definition von Suspense eingefallen. Suspense ist Spannung.
    Bei den Anfängen sind die Amis aber sehr gut. Die wissen halt, dass sie ihr Buch mit den ersten Sätzen verkaufen.
    Ist mir bereits öfters passiert, dass ich ein Buch wegen des guten Anfangs gekauft habe und dann vom Ende enttäuscht war. Umgekehrt (schlechter Anfang, aber letztendlich gutes Buch) ist es mir noch nie passiert.
    Ein guter Anfang baut halt eine Erwartungshaltung (anderers Wort für Spannung) auf, die im folgenden befriedigt werden soll.
    Mörderische Grüße aus dem verregneten Berlin
    Axel

  12. Zustimmung, Bernd, Zustimmung Axel – aber ist „Erwartungshaltung“ ein anderes Wort für „Spannung“? Eher ein Oberbegriff, hm. Na, das klären wir noch. Frau Anobella sieht es aber bestimmt genauso und sei dafür schon mal vorab gelobt!

    bye
    dpr

  13. Möchte Axel ausdrücklich in Bezug auf den ersten Satz eines Romans und die möglichen Rückschlüsse auf dessen Qualität zustimmen.
    Für den, den es interessiert, hier ein Link, in dem der jeweils erste Satz aus den Parker-Romanen aufgelistet wird:

    http://www.miskatonic.org/parker-first-lines.html

    Pure Spannung verspricht der Eingangssatz zu „The Mourner“ oder zu „Firebreak“, am geheimnisvollsten (und damit auch Spannung erzeugend) erscheint mir der Eingangssatz zu „The Green Eagle Score“.

  14. aber nummer 19 ist merkwürdig, oder:

    Flashfire (2000): „When the dashboard clock read 2:40, Parker drove out of the drugstore parking lot and across the sunlit road to the convenience store/gas station.“

  15. Hm, ich gebe ja zu, dass ein erster Satz mich schon positiv auf einen Text einzustimmen vermag. Ich misstraue dem aber, weil an solchen ersten Sätzen gemeinhin ziemlich getüftelt wird, sind ja schließlich die „Visitenkarte“. Später lässt die Sorgfalt dann nach. Außerdem sagt mir ein erster Satz (oder: eine erste Seite) nichts über die Gesamtkomposition aus, die Dramaturgie, die Dialogführung etc. Na, ich behalte das mal im Auge…

    bye
    dpr

  16. v i e l weiter als die erste seite lese ich ein buch im laden nicht an … wenns mich dann weiter zieht, kaufe ich es. kann dann aber jederzeit floppen, ist dann sehr ärgerlich.

  17. Eine sehr interessante Notiz, Liebste, denn genau deshalb wird ja an der ersten Seite so hart gearbeitet. Die erste Seite soll uns in die Geschichte ziehen, sie ist der Aufreißer, der vor der Bar steht und „tolle Weiber, tolle Show“ verspricht. Und wenn man dann drin ist, ist es zu spät. Dann hat man schon die erste Flasche Schaumwein für 200 Euro bestellt. Sehr ärgerlich.

    bye
    dpr

  18. Eigentlich nicht. Diese erste Zeile leitet direkt die Eingangsszene ein, in der Parker mit drei Komplizen eine Nebraska Bank überfällt. Parker betankt in dieser Eingangssequenz sein Auto und eine Flasche. Mit letzterer plant er, durch eine Explosion vom Banküberfall abzulenken.

    Unter dem folgenden Link kannst Du das erste Kapitel anlesen:

    http://www.amazon.com/gp/reader/0446677906/ref=sib_dp_pt/002-4505705-6995233#reader-link

    Charakteristisch für Westlake: eine äußerst, ökonomische Schreibe, Beschränkung auf die wesentlichen Details und eine eindringliche vorwärtstreibende Erzählweise. Westlake ist einer meiner absoluten Favoriten, neben Parker, aber davon an anderer Stelle.

  19. eine interessante notiz von anobella?

    *streicht den tag rot im kalender an

    super auch, wenn die bücher irre literarisch anfangen, riesenerzählerisch, mordsstimunng, und ab kapitel 3 wird nur noch ein dialog an den anderen geklatscht. aber das sieht man beim durchflippen ja im SCHRIFTBILD.

    lieber claus, mich irritierte das convenience store / gas station. das ginge hier n i e durch ein lektorat.
    finde es aber auch schon wieder gut … 🙂

  20. Also, ich lese die Anfänge von Büchern immer nachdem (!) ich sie gekauft habe. Wenn ich einen Autor und/ oder ein Buch lesen will, dann lasse ich mich von einem Anfang nicht beeindrucken, denn abgerechnet wird zum Schluss.

    Und logisch, die Amerikaner mache ’ne Hype um den Anfang, deshalb die große Sorgfalt und deshalb sind zahlreiche Bücher auch ein wenig enttäuschend, denn bei ihnen bleibt das ganze Buch über ein Sehnen nach diesem ersten Satz und seine Aura.

    Ein erster Satz kann ja eigendlich nur im sprachlichem Bereich überraschen/ begeistern (?); ich wage ‚mal die Vermutung, dass Bücher die durch Plot, Komplexität, Struktur, … überzeugen, kaum Probleme haben aus dem Schatten dieses Satzes zu treten.

    Beste Grüße

    bernd

  21. Klar ist der erste Satz, Absatz, Seite nicht alles, aber wenn ich das Buch nicht in jedem Fall lesen will, sondern es mir im Geschäft ansehe, dann nehme ich das Buch in die Hand, lese den Klappentext (Spricht er mich an?), sehe wie dick das Buch ist (800 Seiten? Nee, ist mir zu lang.), wie das Schriftbild aussieht (Nur Dialoge? Nur beschreibende Texte? Eine mich ansprechende Mischung?) und lese dann – meistens im Stehen – die ersten Zeilen (vielleicht auch noch etwas in der Mitte). Wenn mir das alles gefällt, kaufe ich es.
    Die Strukur und alles andere finde ich erst später heraus.

  22. Spannung ist auch, wenn ein Autor zwischen Sprache und beschriebener Wirklichkeit (innerer oder äußerer) eine Verbindung herstellen kann: als Reibung oder als neue, bisher ungeahnte Möglichkeit.

    * wieder da

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